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Wer trägt eigentlich die Hauptverantwortung am Ausbruch des Weltkriegs? Kann man überhaupt von Schuld sprechen? Bis heute wird darüber unter Historikern kontrovers diskutiert. Weil der Versailler Vertrag 1919 weitreichende Konsequenzen mit der Schuldzuweisung an Deutschland begründete und die Ablehnung des Vertrags wie kein anderes Thema die ansonsten gespaltene Öffentlichkeit der Weimarer Republik einte, ließen sich mit der Frage nach der Kriegsschuld stets Emotionen und Empörung anfachen. Richard Oswald, der als Produzent und Regisseur ein außerordentliches Gespür für publikumswirksame Stoffe und Provokationen besaß, konzentriert sich in 1914. Die letzten Tage vor dem Weltbrand voll und ganz auf die Zeit nach dem Attentat in Sarajewo, auf die Juli-Krise. Die diplomatischen Entwicklungen, die Beratungen der Kabinette, die Gespräche zwischen Ministern und Staatsoberhäuptern – all das beleuchtet Oswald in Form einer historischen Reportage, die sich betont sachlich gibt und auf einen einzelnen Helden verzichtet. Stattdessen setzt Oswald auf ein herausragend besetztes Ensemble von Schauspielern wie Reinhold Schünzel als Zar Niklaus II., Albert Bassermann als Reichskanzler von Bethmann-Hollweg und Heinrich George als französischer Sozialist und Kriegsgegner Jean Jaurès. (Auffallend ist, dass die Figur Wilhelm II nicht auftritt, um juristischen Streitigkeiten aus dem Weg zu gehen.) Oswalds Ziel, die psychologische Dynamik herauszuarbeiten, die das Handeln der Akteure in Berlin, Moskau, Paris und London bestimmte, stieß weder bei der Zensurbehörde noch bei den Kritikern auf besondere Zustimmung; offenbar wünschte man sich eine deutlichere Stellungnahme zur Frage der Kriegsschuld. Das Resultat: „Führer, die nicht imstande sind, Kombinationen zu erkennen; Verantwortliche, die es hinterher nicht gewesen sein wollen. Diplomaten, mit dem ganzen Pomp der Souveränitäts-Ideologie. Kleine Spieler – deren Einsatz die Völker mit Jahrzehnten von Blut und Elend bezahlten.“ (Film-Kurier, 21.2.1931) (ps)