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In den 1920er- und 1930er-Jahren dokumentierte die Tochter einer jüdischen Bankiersfamilie und leidenschaftliche Kinoamateurin Ella Arnhold Lewenz ihren Alltag in Deutschland über Filmtagebücher. Das dabei entstandene Material liefert interessante Einblicke in das Leben einer großbürgerlichen Familie zwischen den Kriegen und zeigt Treffen mit berühmten Persönlichkeiten wie Albert Einstein und der Schauspielerin Brigitte Helm. Später entstandene Aufnahmen dokumentieren aber auch die sukzessive Faschisierung der deutschen Gesellschaft: marschierende SS-Truppen, Straßen mit Hakenkreuzfahnen und antisemitische Gängelungen. Mit einer seltenen Farbschmalfilm-Apparatur, die klandestine Beobachtungen ermöglichte, drehte Lewenz diese Bilder zu einer Zeit, als unabhängiges Filmschaffen in Deutschland strikt untersagt war.

Rund 50 Jahre später entdeckte ihre Enkelin Lisa Lewenz die Filmaufnahmen und verdichtete sie zu einer imaginierten Korrespondenz mit der Großmutter, die sie nie persönlich kennenlernen konnte. Der so entstandene experimentelle Essayfilm A Letter Without Words ist eine spannungsgeladene Auseinandersetzung um Erinnerung und historische Zeugenschaft. (chl)