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Ausgerechnet Veit Harlan inszeniert mit seinem achten Nachkriegsfilm ein Plädoyer gegen den (von den Nazis verschärften) §175, nach dem im Uraufführungsjahr 1957 noch 3.403 Männer verhaftet wurden. Anders als Du und ich (§ 175) verlagert das Drama eines beinahe von „homosexuellen Kreisen“ verführten Jugendlichen auf den Konflikt der Eltern, die ihren Sohn durch Kuppelei mit ihrer Haustochter auf den „rechten Weg“ bringen und sich dadurch strafbar machen. In der Rahmenhandlung befindet ein um die Stabilität der deutschen Familien besorgter Richter, hier sei Unordnung durch Unordnung bekämpft worden. Scheint das Thema der Verführbarkeit zur Homosexualität direkt aus der fluiden Sexualitätskonzeption des Nationalsozialismus abgeleitet, spart Harlans Inszenierung andererseits nicht an deutlicher Kritik an der faschistoiden Männlichkeit der kleinbürgerlichen Väter.

Der FSK war der Film zu uneindeutig. Sie zwang Harlan zu Nachdreh und ?synchronisation, um deutlicher vor der Gefahr, die von Homosexuellen ausgehe, zu warnen. In der Rezeption wurde vor allem die im Film angelegte Verbindung der künstlerischen Moderne zum homosexuellen Milieu kritisiert. Dabei ist der Salon des Dr. Winkler, in dem halbstarke Jugendliche „Elektronenmusik“ spielen, Ringkämpfe veranstalten und Gedichte vorlesen, der Ort im Film, an dem er besonders in Schwingung gerät und zu Bildern findet. Außerdem ist – als Visualisierung der „Schatten“, die gleichwohl zur Natur gehören – ein historisches Szenelokal zu sehen, in dem ein Damenimitator von der Liebe als rätselhafter Zauberkraft singt. (jak)