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Betrogen bis zum jüngsten Tag

Betrogen bis zum jüngsten Tag DDR 1957, R: Kurt Jung-Alsen, B: Kurt Bortfeldt, K: Walter Fehdmer, D: Rudolf Ulrich, Wolfgang Kieling, Hans-Joachim Martens, Walther Suessenguth, Renate Küster, 74‘ · 35mm FR 06.04. um 19 Uhr · Einführung: Günter Agde Eine „unerhörte Begebenheit“ (Goethe) strengsten Zuschnitts: Buchstäblich am Tag vor dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion 1941 töten drei Wehrmachtssoldaten an der deutsch-litauischen Grenze die Tochter ihres Hauptmanns – versehentlich, ein Jagdunfall. Alle wollen das Unglück verschleiern und vertuschen, auch um sich selbst zu retten. Alle wollen Kameraden sein. Die Verquickung von Gewissensnöten, Karrieredruck, Offiziersdünkel, gesundem Menschenverstand und NS-Ideologie im Zweiten Weltkrieg zeichnete Franz Fühmann (1922–1984) in seiner Novelle Kameraden (1955) nach. Kameraden war eines der frühesten Prosawerke der DDR-Literatur, das sich mit Wahrhaftigkeit und psychologischem Einfühlungsvermögen dem seinerzeit schwierigsten Thema zuwandte – dem Krieg, der nur 10 Jahre zurücklag. Betrogen bis zum jüngsten Tag folgt konsequent den Intentionen Fühmanns, vermeidet Pathos und Heroisierung ebenso wie Landser-Romantik und Sentimentalität. Er setzt auf die innere Folgerichtigkeit der Story und bleibt ein nuanciertes Kammerspiel voller Spannung. Die herb-faszinierende Poesie des Films, unterstützt von strengem Schwarz-Weiß, ergibt sich aus der Nüchternheit der Erzählweise und aus der darstellerischen Kraft der Schauspieler. Die DEFA-Produktion war für die Filmfestspiele in Cannes 1957 nominiert, konnte aber infolge einer Intervention der Bundesrepublik nur außerhalb des Wettbewerbs gezeigt werden. (ga)