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Chapeau Claque

Chapeau Claque

BRD 1974, R/B: Ulrich Schamoni, K: Igor Luther, D: Ulrich Schamoni, Anna Henkel, Ingo Insterburg, Jürgen Barz, Karl Dall, Peter Ehlebracht, Peter Schlesinger, Wolfgang Neuss, 95’ · DCP

Hollywood in Deliblatska Pescara

BRD 1965, R/B: Ulrich Schamoni, K: Jost Vacano, 12’ · DCP FR 08.11. um 20 Uhr ­+ DO 21.11. um 20 Uhr · Am 08.11.: Eröffnung der Retrospektive Hanno Giessen hat mit seinem Familienbetrieb Pleite gemacht. Die Produktion aufklappbarer Zylinderhüte – Chapeaus Claques – ist eingestellt worden. Der Mittdreißiger sitzt in seiner Villa, die vollgestopft ist mit historischen Kostbarkeiten, Sammlerschätzen, Skurrilitäten und Tinnef. Um sich zu beschäftigen, hat der ausrangierte Kapitalist einen Kameramann engagiert und erzählt, meist nur im Bademantel, einem imaginären Publikum von diesem und jenem. Neben Fremden kommen auch Freunde vorbei, und einer von ihnen bringt bei Hanno vorübergehend eine etwas spröde junge Frau unter, die fortan ebenfalls das Nichtstun zelebriert. Seine Frustration und die daraus erwachsene Schaffenskrise verarbeitete Ulrich Schamoni kreativ und selbstironisch zu diesem Film, in dem neben ihm auch seine Villa eine Hauptrolle spielt: Das Haus und der Garten bilden den einzigen Schauplatz, unauflöslich vermischt Schamoni die fiktive Figur mit seinen wirklichen Vorlieben und Eigenheiten. Zu dem Vexierspiel gehörten auch Gastauftritte von Wolfgang Neuss und der vier Mitglieder von Insterburg & Co. Von den Zeitgenossen wurde das künstlerische Potenzial dieser Low-Budget-Produktion ebenso weitgehend ignoriert wie das gesellschaftskritische und provokative. Dabei hatte sich um Chapeau Claque noch 1974, als man das „Gammler“-Trauma der kleinbürgerlichen Nachkriegsgesellschaft bereits überwunden glaubte, eine Auseinandersetzung mit der Freiwilligen Selbstkontrolle der Filmwirtschaft entsponnen, die den Streifen erst ab achtzehn freigeben wollte, da er Jugendliche zum Nichtstun verleiten könnte. Chapeau Claque war eine der ersten eigenständigen Produktionen von Regina Ziegler, die hier bereits ihr legendäres Geschick und Beharrungsvermögen einsetzte, ohne die der Film vermutlich nicht hätte produziert werden können. (gym)