Der gewöhnliche Faschismus
Obyknowenny faschism / Der gewöhnliche Faschismus
UdSSR 1965, R: Michail Romm, B: Michail Romm, Maja Turowskaja, Juri Chanjutin, K: German Lawrow, 118’ · 35 mm, westdeutsche Fassung
Dieser Film „argumentiert mit Bildern“, hieß es im Mai 1966 in der westdeutschen Zeitschrift Film. Dabei ist Romms legendäres Werk, in 16 Kapitel gegliedert, ebenso ein Wortkommentar. Romm, der hier „ich“ sagt, wollte auch das unscheinbare, das alltägliche Gesicht des Faschismus zeigen. Er beabsichtigte weniger eine Anklage als eine Entlarvung – auch der bundesdeutschen Gegenwart Mitte der 1960er Jahre. Dabei gehört Bildironie zu den Möglichkeiten seines psychologisierenden Porträts, das häufig auf Kontrastmontage setzt. Historische Alltagsbilder fand Romm nur wenige in den Archiven in Babelsberg (ehemaliges Reichsfilmarchiv), Polen und in der UdSSR, wo etwa 2 Millionen Meter Film gesichtet wurden. Den deutschen Spießer – ihn hatte niemand gefilmt, so der Regisseur. Später wurde klar, dass dem sehr wohl so war.
20 Millionen Menschen hatten Romms Film in der UdSSR, wo er 1966 in die Kinos kam, nach einem knappen Jahr gesehen. In der Bundesrepublik wurde er (nach einer Westberliner Einzelaufführung durch die Freunde der Deutschen Kinemathek Anfang 1966) in gekürzter Fassung 1968 im Fernsehen gezeigt – mitsamt einer Vorrede Eugen Kogons. Es hagelte Zuschauerproteste. Nach dem großen Uraufführungserfolg beim Leipziger Festival 1965 blieb er dann in der DDR von 1967 bis 1989 weitgehend unter Verschluss – wegen der Möglichkeit von ‚Fehlinterpretationen’. (ra)
SA 31.01. um 21 Uhr