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Einführung: Veronika Fuechtner

Als Stefan Zweig 1940 nach vielen Exilstationen endlich Brasilien erreicht, haben dort bereits 60.000 jüdische Emigranten Zuflucht gefunden. Begeistert und voll Bewunderung für das neue Land veröffentlicht der in Deutschland verfolgte Schriftsteller 1941 das Buch Brasilien. Land der Zukunft, in dem er eine – real nicht existierende – friedliche Koexistenz der verschiedenen Ethnien verklärt. Nicht nur wächst seine Verzweiflung angesichts des Krieges und seiner eigenen Hilflosigkeit. Vielmehr erweisen sich auch seine Hoffnungen auf Unterstützung durch den brasilianischen Diktator Getúlio Vargas, für dessen Hitler-Bewunderung er zunächst blind ist, als eine Illusion. Basierend auf der Zweig-Biographie Tod im Paradies (1981) des bedeutenden brasilianischen Journalisten und Autors Alberto Dines erzählt Lost Zweig die Geschichte dieser Enttäuschung. Unter der Regie von Sylvio Back, geboren 1937 in Blumenau als Sohn eines jüdischen Emigranten aus Ungarn und einer deutschen Mutter, wird daraus eine elektrisierende Mischung aus Kunstfilm und Thriller. Die Hauptrolle verkörpert Rüdiger Vogler, der schon für Wim Wenders immer wieder Menschen spielte, die wie aus Welt herausgefallen schienen, Fremde, nirgends zuhause. „Backs Film ist kein Thriller im herkömmlichen Sinne, keine detektivische Recherche, sondern eine Phantasmagorie – in einer längeren trancehaften Sequenz etwa, während einer Voodoo-Zeremonie, erahnt der Autor den eigenen Tod. Backs Film, oft magisch übersteigernd, handelt vom Fremdsein und von dem Ohnmachtsverhältnis, in dem die Kunst zur Politik steht.“ (Der Spiegel, 18.3.2002). (wf)