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Sehr gerne hätte die DDR Homosexualität als politisches Thema vernachlässigt. Solange sie im Privaten ausgelebt wurde, gab es auch keinen Aktionsbedarf. Doch Rosa von Praunheims Nicht der Homosexuelle ist pervers… initiierte auch im Osten erste Versuche einer Schwulenbewegung. Offizielle Verbote und inoffizielle Überwachung des nunmehr politisch gewordenen Begehrens waren die Folge. Out in Ost-Berlin rekonstruiert in Interviews mit dreizehn Zeitzeugen die oft bittere, manchmal absurde Emanzipations-Reaktions-Geschichte eines Staates, der sich nach außen in Progressionsrhetorik übte, nach innen aber auf die altbewährte bürgerliche Kleinfamilie setzte. Vor allem die Aktionen, Erzählungen und Dokumente der „homosexuellen Interessensgemeinschaft Berlin“ (HIB) und des Arbeitskreises „Homosexuelle Selbsthilfe – Lesben in der Kirche“ liefern Material zum Bild einer zaghaften Selbstorganisation. Anekdoten über die Homosexualität des ersten „Maueropfers“ Günter Liftin und den britischen OutRage-Mitbegründer Peter Tatchell, der 1973 bei den Weltjugendfestspielen die erste öffentliche schwule Protestaktion in einem kommunistischen Land unternahm, tragen zur Vielstimmigkeit dieser effizient montierten Annäherung an einen DDR-Alltag bei, mit dem sich Lesben und Schwule konfrontiert sahen. (jak)