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Das im Umfeld des autonomen Pekinger Kunstkollektivs Caochangdi Workstation entstandene Hauptwerk der Regisseurin und Tänzerin Zhang Mengqi ist auf einen bestimmten geographischen Raum fokussiert: Immer wieder kehrt die Filmemacherin in den Heimatort ihres Vaters zurück, der eigentlich Diaoyutai heißt, von ihr aber nur 47km genannt wird. Die einzige Anreisemöglichkeit in die abgelegene Region besteht darin, dem Busfahrer mitzuteilen, 47 Kilometer nach der nächstgelegenen Stadt anzuhalten.

Das Provinzdorf ist größtenteils verfallen und wird vor allem von Alten und Kindern bewohnt, die Zwischengeneration ist überwiegend in die Metropolen abgewandert. Zhang Mengqis bewegende Porträts der wenigen verbliebenen Einwohner haben auf den ersten Blick den Charakter einer Langzeitstudie. Ihre Filme wollen aber auf keine klassisch ethnografische Untersuchung hinaus, sondern sprengen mit einem ungewöhnlichen Mix aus slow cinema-Kontemplation, videographierter Oral History und Performance Art-Anteilen auf überaus spannende Weise Konventionen der teilnehmenden Beobachtung und des dokumentarischen Kinos.

Self-Portrait: Birth in 47 KM widmet sich den Schwierigkeiten von Geburt und Mutterschaft im chinesischen Hinterland. Eine alte Frau erzählt, wie sie während der Hungersnot zur Zeit des Großen Sprung nach vorn mehrere Kinder verlor, ihre Enkelin arbeitet unter schwierigsten Bedingungen in einer Großfabrik, um den Nachwuchs zu versorgen. Im Dialog der beiden Lebensgeschichten entsteht der Eindruck einer seit Generationen pauperisierten Landbevölkerung, die über diverse Neujustierungen des Parteiapparats hinweg von jedem staatsoffiziell proklamierten Fortschritts- und Prosperitätsversprechen ausgenommen scheint.

Im Anschluss läuft das Kurzfilm-Debüt einer von Zhang Mengqis Protagonistinnen: In My Room stellt die zum Zeitpunkt der Dreharbeiten 14-jährigen Fang Hong ihr Kinderzimmer in Diaoyutai vor. (chl)