Lachende Erben: Komödianten der Stummfilmzeit
Donnerstag, 02. Februar 2017, 20.00 - 00.00 Uhr
Stummfilmkomödien mit Karl Valentin
Stummfilmkomödien mit Karl Valentin
Stummfilmkomödien mit Karl Valentin
Karl Valentins Hochzeit D 1913, R: Karl Valentin, 9‘ · 35 mm
Die lustigen Vagabunden D 1913, 5‘ · 16 mm
Der neue Schreibtisch D 1914, R: Karl Valentin, 10‘ · 35 mm
Mit Karl Valentin und Liesl Karlstadt auf der Oktoberwiese D 1921, 17‘ · 35 mm
Karl Valentin als Musikal-Clown D 1929, 7‘ · 35 mm
Mysterien eines Frisiersalons D 1923, R: Erich Engel, Bertolt Brecht, Karl Valentin, 25‘ · 35 mm
DO 02.02. um 20 Uhr · Am Flügel: Eunice Martins
Karl Valentin spielte sein Leben lang in einer eigenen Liga. Das Münchner Original, das als Humorist, Sänger und Stückeschreiber in Erscheinung trat, lässt sich keiner bestehenden Gruppe und keinem Genre wirklich zuordnen. Obwohl die Sketche von Valentin (1882-1948) vielfach auf Sprachwitz basierten, gelang es ihm, das Wesen seiner anarchisch-dadaistischen Komik und die darin wirksame existenzielle Verzweiflung auch in zahlreichen, meist mit geringen Mitteln selbstproduzierten Stummfilmen auszudrücken: in grotesken Verrenkungen und Chiffren der Hilflosigkeit und Zerstörung. So spielt er etwa, lang und dürr, in Karl Valentins Hochzeit (1913) einen Bräutigam, der schließlich von seiner dicken Frau (dargestellt vom Volksschauspieler Georg Rückert) totgedrückt wird. Und wenn sein frühes Meisterwerk Der neue Schreibtisch mit der systematischen Zertrümmerung des bürgerlichen Hauses endet, so nimmt Valentin hier wichtige Momente der amerikanischen Slapstick-Komödie vorweg. Siegfried Kracauer fühlt sich deshalb viele Jahre später an Charlie Chaplin erinnert, wendet aber ein: „Valentin ist nicht ein Vagabund wie Chaplin, sondern ein Kleinbürger, der freilich durch die Melancholie sein Kleinbürgertum aufhebt. Literarisch verwandt ist ihm allein die schwarze Komik Wilhelm Buschs.“ (Frankfurter Zeitung, 30.4.1929).
In Zusammenarbeit mit Bertolt Brecht und Erich Engel entsteht 1923 die Geschichte eines seltsamen Frisiersalons, in dem nicht nur Haare, sondern auch Köpfe abgeschnitten werden. Ein Delirium, eine Farce, ein absurdes Theater. An der Seite von Valentin steht wie gewohnt seine Partnerin Liesl Karlstadt (1892-1960) – gemeinsam bildeten sie ein Paar wie Pat und Patachon. Über einen Auftritt von Valentin, der in den 20er Jahren nur selten auf der Leinwand zu sehen ist, schreibt Hans Sahl am 16. Januar 1928 im Montag-Morgen: „Ein genialer Clown (...), auch ein großer Artist und Musiker. Ein bayerischer Buster Keaton. Mit diesem verbindet ihn die Art seiner Groteske, jene unlogische, überlogische Kunst, Dinge überraschend aus dem Zusammenhang herauszugreifen (...). Aber das ist nur die eine Seite. Man wird das Geheimnis seiner Komik niemals ganz begreifen. Und das ist vielleicht ihr tiefstes Geheimnis.“ (ps)