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Seit Mitte der 2000er-Jahre produziert die ehemalige Universitätsprofessorin Ai Xiaoming abseits der chinesischen Filmindustrie, aber auch fern der internationalen Festivalökonomie bedingungslos kritische Dokumentarfilme, die in aktivistischem Gestus gegen die staatsoffizielle Informationsvergabe der Volksrepublik opponieren.

Ihre zweite Regiearbeit wendet sich erzwungenen Umsiedlungen und staatlichen Landnahmen im Zuge der anhaltenden Expansion chinesischer Metropolen zu. Die Bewohner des titelgebenden Dorfs Taishi, das zunehmend von der angrenzenden Großstadt Gungzhou geschluckt wird, beklagen, dass ihre Agrarflächen sukzessive und ohne Kompensationszahlungen an urbane Investoren überstellt werden, gleichzeitig gefährden die Ausflüsse neuer Fabriken in unmittelbarer Umgebung die Wasserversorgung des Ortes. Nachdem jemand versucht, Dokumente über Landverkäufe aus dem örtlichen Finanzbüro zu stehlen, besetzen die Dorfbewohner lokale Behörden.

Taishi Cun registriert Widerstandsbemühungen in Taishi und ihr mediales Echo zunächst in nüchtern-journalistischem Stil. Mit zunehmender Dauer erodieren jedoch klare Grenzen zwischen Gegenstand und Filmemacherin. Zusammen mit Menschenrechtsanwälten aus der Stadt unterstützt Ai Demonstranten, konfrontiert die massenmediale Verarbeitung der Proteste mit der Erlebnisperspektive vor Ort – und wird im bitteren Schlussakt des Films selbst Zeugin eines brutalen Angriffes. (chl)