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Ucho

Ucho Das Ohr CS 1970, R: Karel Kachyna, B: Jan Procházka, Karel Kachyna, K: Josef Illík, D: Jirina Bohdalová, Radoslav Brzobohatý, Miloslav Holub, 94‘ · DCP, OmU DO 16.08. um 20 Uhr · Eröffnung der Retrospektive Prag in den 1950er Jahren: Nach einer Party im Präsidentenpalast kommt ein Ehepaar nach Hause. Beide angetrunken, zutiefst zerstritten. Während ihrer Abwesenheit war jemand in ihrem Haus und allmählich dämmert ihnen, dass es die Geheimpolizei war. Werden sie bald inhaftiert? Sie versuchen den Abend zu rekonstruieren: Erst im Palast hat der Mann erfahren, dass der Bauminister, dessen Stellvertreter er ist, verhaftet wurde. Steht er als Nächster auf der Liste? Hat die Geheimpolizei in ihrem Haus ein „Ohr“ installiert? Bis zur genialen Schlusspointe spielt Karel Kachyna die totalitären Mechanismen der Verängstigung, der Paranoia und Ohnmacht durch. Ucho ist eine der aufregendsten Zusammenarbeiten des Regisseurs mit dem Autor Jan Procházka, der als stellvertretender Vorsitzender des Tschechoslowakischen Schriftstellerverbandes genaue Einblicke in den Ablauf von Partei-Partys hatte. Gemeinsam schaffen sie eine atemlose, bedrückende Atmosphäre der Angst – nicht ohne Humor, führt doch der heftige Ehestreit zu einer schamlosen gegenseitigen Denunziation, die an „das Ohr“ der Staatsmacht gerichtet ist. Im flackernden Licht von Kerzen und im lodernden Feuer rasch vernichteter Akten wird das Haus zum düsteren Gefängnis. Der Film konnte trotz der beginnenden „Normalisierung“ noch fertiggestellt werden, verschwand aber sofort im Giftschrank. Während Kachyna nach 1970 weiter Filme drehen konnte, verstarb Procházka zwei Jahre später. Erst nach dem Ende des sozialistischen Regimes verfilmte der Regisseur wieder Werke dieses wichtigen Autors. (sa)