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Uwe Johnson sieht fern

Uwe Johnson sieht fern D 2006, R/B: Saskia Walker, K: Frederik Walker, 78‘ · BetaSP MI 11.05. um 20 Uhr · Filmgespräch mit Saskia Walker Nachdem Uwe Johnson 1959 die DDR in Richtung West-Berlin verlassen hatte, ließ er sich 1964 auf ein Wagnis ein: Im Auftrag des Berliner Tagesspiegel verfasste er 99 Kritiken über Sendungen des DDR-Fernsehens (sie erschienen später in dem Sammelband Der 5. Kanal). Als einzige westdeutsche Zeitung erlaubte es sich Der Tagesspiegel, das Programm des Adlershofer Feindsenders abzudrucken – ein Affront, den die Bild-Zeitung mit Boykottaufrufen beantwortete. Dieser erhitzten Atmosphäre trotzte Johnson, der sich als präziser Beobachter der Strategien des noch jungen Mediums erweist, mit ironischer Detailversessenheit. So entlarvt er das Lächeln des Nachrichtensprechers als durchsichtiges Manöver einer vermeintlichen Komplizenschaft mit dem Zuschauer und weist nach, wie selbst die Wetternachrichten noch für den Sieg des Sozialismus herhalten müssen. Es gelingt ihm, anhand eines Satzes oder Blicks mit politischem Furor die deutsch-deutsche Situation vorzuführen. Regisseurin Saskia Walker gibt in ihrem Film Uwe Johnson sieht fern solchen Preziosen viel Raum, so dass wir – selbst noch mit historischem Abstand – lustvoll Johnsons scharfer Analyse folgen. (ck)