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Vom König Midas & Monolog für einen Taxifahrer

Vom König Midas DDR 1963, R: Günter Stahnke, B: Günter Kunert, Günter Stahnke, K: Lothar Gerber, M: Kurt Schwaen, D: Dietrich Heilmann, Günter Pudak, Manfred Hennecke, 51’ · 35 mm Monolog für einen Taxifahrer DDR 1962/90, R: Günter Stahnke, B: Günter Kunert, Günter Stahnke, K: Werner Bergmann, M: Karl-Ernst Sasse, D: Fred Düren, Helga Göring, Peter Reusse, Agnes Kraus, 37’ · DigiBeta SO 13.12. um 18 Uhr Ein Doppelprogramm mit Arbeiten von Günter Stahnke und Günter Kunert. Als Vorlage der Filmoper Vom König Midas diente Kurt Schwaens gleichnamige szenische Kantate nach der Parabel über den besessenen König, dem alles, was er berührt, zu Gold wird, und der daran fast verhungert. Der Film verhandelt in einer Aufführung des Stücks durch Junge Pioniere in einer Kleinstadt und in einer parallelen Rahmenhandlung hinter deren Kulissen moralische Fragen um Gier, Selbstsucht und Anmaßung. Die konsequente Besetzung aller Rollen mit Kindern und die hochgradige Stilisierung von Dekor und Maske bewirkten einen an Brechts Lehrstücke erinnernden Verfremdungseffekt, der die Zulassungsinstanzen nachhaltig irritierte. Zunächst zugelassen und nach der Premiere als künstlerisches Wagnis hochgelobt, wurde der Film später wegen „Formalismus“ aus dem Verkehr gezogen. Nachdem er eine hochschwangere Frau im Krankenhaus abgeliefert hat, irrt in Monolog für einen Taxifahrer ein missgelaunter Taxifahrer am Heiligabend auf der Suche nach dem nichtsahnenden Vater auf einer seltsamen Odyssee durch ein hektisches und unwirtliches Ost-Berlin. Der fortwährende Gedankenstrom seiner inneren Stimme, nervös-treibende Jazzmusik, gewagte Kameraperspektiven und kontrastreiche Schwarz-Weiß-Bilder erzeugen eine zunehmend düster-surreale Atmosphäre, die auch durch die überraschend positive Auflösung der Geschichte ihre Wirkung nicht verliert. Der TV-Film fiel in seiner experimentellen Ästhetik und Erzählweise völlig aus dem Rahmen der damaligen Fernsehstandards, wurde nach einer Parteikampagne gegen Stahnkes avantgardistische Fernsehoper Fetzers Flucht aus dem Programm genommen und war im März 1963 eines der „Schlachtopfer“ auf einer „Beratung“ des Politbüros des ZK der SED mit Schriftstellern und Künstlern: „Unter dem Vorwand, menschliche Probleme aus unserem Alltag aufzugreifen, wird der sozialistischen Gemeinschaft der Kult des Einzelgängertums, wird dem optimistischen Lebensgefühl des sozialistischen Menschen die existentialistische Philosophie der Hoffnungslosigkeit entgegengestellt“. (Kurt Hager). (jr)