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Eröffnung der Retrospektive

Ein Film vom Ende: vom Ende des Krieges, vom Ende aller Illusionen, vom Sterben. Doch eigentlich will Westfront 1918 auch ein Film von einem Anfang sein, wenn ein Deutscher und ein Franzose sterbend nebeneinander im Lazarett liegen und sich an der Hand fassen. Hinter dem Schlusstitel „Ende“ erscheint ein Fragezeichen. Georg Wilhelm Pabsts Verfilmung von Ernst Johannsens Antikriegsroman Vier von der Infanterie (1929) erzählt von vier deutschen Soldaten, vier Typen, die in Frankreich 1918 verdreckt und müde und ohne jede Aussicht auf Besserung weiterkämpfen müssen und für das Leben verloren sind. Pabst erspart uns nichts: Nicht das Töten und Krepieren, nicht den Lärm, die innerliche Leere und den Wahnsinn. Dazwischen Episoden aus der Etappe, überschwänglich im Angesicht des Todes. Zu einem Zeitpunkt, als in Deutschland der Streit um die „richtige“ Erinnerung an den Krieg die Gesellschaft polarisiert, dient der Realismus der Kriegsbilder in Westfront 1918 dem Ziel, die wieder aufkeimenden Vorstellungen von nationaler Ehre, von Heldentum und Gloria ad absurdum zu führen und den Kampf der einfachen Leute gegen den Krieg zu unterstützen.

„Dieser Film ist (...) im Kampfe gegen den Krieg mehr wert als tausende von Büchern, Druckschriften und Artikeln“, stellt das Berliner Tageblatt am 25. Mai 1930 fest, und der sozialdemokratische Vorwärts empfiehlt: „Der Film sollte all denen zwangsweise vorgeführt werden, die vom Stahlbad des Krieges faseln und zu neuem Völkermord hetzen. Der Regisseur Pabst hat (...) den dokumentarischen Kriegsfilm geschaffen, die stärkste Waffe für alle, die nie wieder Krieg wollen.“ (24.5.1930) (ps)