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2012 unterrichtete die ausgebildete Fotografin Shengze Zhu einen Workshop für Kinder von Wanderarbeitern in Wuhan, im Rahmen dessen sie Kameras an die Schülerinnen und Schüler verteilte und sie zur Selbstrepräsentation anleitete. Die bei dem Projekt entstandenen Bilder finden immer wieder ihren Weg in Zhus Debüt-Film, der zunächst verschiedene Teilnehmer der Fotografie-Klasse in ihrem Alltag im Umfeld einer baufälligen Hochhaus-Grundschule begleitet. Schnell konzentriert sich Out of Focus aber auf eine Akteurin und einen konkreten Raum: Das zugestellte Ein-Zimmer-Apartment, in dem die 12-jährige Qin mit ihren Eltern, Großeltern und zwei Geschwistern wohnt, wird zum zentralen Handlungsort, den der Film nur noch selten verlässt.

Shengze Zhus stilistische Signatur aus starren, langen Nah-Einstellungen und behutsamen Schwenks übersetzt dabei die Ausweglosigkeit und Enge, die sich in den konfliktbehafteten Unterhaltungen der Familie artikulieren, in ein ästhetisches Register. Jenseits aller auferlegter Melodramatik gelingt Out of Focus so ein bedrückend direkter Einblick in Lebensrealitäten am unteren Ende der chinesischen Sozialskala. (chl)