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Jeanpaul Goergen

Bln. DDR & ein Schriftsteller. April – Mai '86

Hinter dem eigenartigen Filmtitel verbirgt sich ein eigensinniger Dokumentarfilm von Klaus Wildenhahn über den in Ost-Berlin lebenden Schriftsteller Christoph Hein. Die Aufnahmen entstanden im Mai 1986 mit Billigung der DDR-Behörden. Es ist kein konventionelles Autorenporträt, vielmehr eine zögernde und immer unterbrochene Annäherung an Ost-Berlin, an den Schriftsteller Hein, der keinen „Personality-Film“ wünschte, und an den Staat DDR. Wildenhahn begibt sich auf Spurensuche in die Grenadierstraße im ehemaligen jüdischen Viertel, auf den jüdischen Friedhof an der Schönhauser Allee. Dazwischen Gespräche mit Christoph Hein und Lesungen aus seinen Schriften, Aufnahmen in seinem Berliner Arbeitszimmer und in seinem zweiten Wohnsitz in einem kleinen Dorf. Am Sowjetischen Ehrenmal in Treptow wird der Tag der Befreiung begangen. Wildenhahn spaziert mit Hein über den Jüdischen Friedhof in Weißensee. Sie sprechen über dort versteckte Juden während des Nationalsozialismus, über die Nuklearkatastrophe von Tschernobyl und das Leben als Schriftsteller in der DDR. Wildenhahn dokumentiert auch seine Fremdheit als Westdeutscher, versucht sie in Kapiteln zu ordnen. Mit kleiner Kamera gedreht, durch viele Zoom-Aufnahmen zudem häufig verwackelt, weisen auch die Bilder von Wolfgang Jost diese Unsicherheit auf. Während Wildenhahn in der DDR eine „Zeitverschiebung“ konstatiert, konstatiert Hein eine „Kulturverschiebung“. (jg)