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In E. T. A. Hoffmanns Erzählung Das Fräulein von Scuderi aus dem Jahr 1819, die im Paris des Sonnenkönigs Ludwig XIV. spielt, überfällt der wahnsinnige Goldschmied Cardillac die Käufer seiner Schmuckstücke. – Ende der 1960er Jahre verlegte Edgar Reitz die Handlung ins West-Berlin seiner Gegenwart und inszenierte Cardillac (Hans Christian Blech) als exzentrischen Künstler, der so besessen von seinen Werken ist, dass er sich nicht von ihnen trennen kann. Am Ende begeht er Suizid in einem bizarren, selbst konstruierten elektrischen Stuhl. Der Film führte gleich mehrfach zum Eklat: Reitz plante Cardillac als Gemeinschaftswerk, bei dem die Darsteller ihre Rollen selbst entwickeln. Er zeichnete Diskussionen mit ihnen auf, die Teil des Films werden sollten. Doch das Experiment scheiterte grandios. Es kam zu Streit und Trennung zwischen Regisseur und Team, schließlich stellte Reitz den Film mit dem vorhandenen Material alleine fertig. Der Uraufführung beim Filmfestival in Venedig blieb er fern, um gegen die Kommerzialisierung der Filmindustrie zu protestieren. (obr)