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Erich Kästners Das doppelte Lottchen steht mit weltweit mehr als einem Dutzend Verfilmungen an der Spitze der adaptierten Jugendbücher des Autors. Die zweite deutschsprachige Version kam 1994 in der Regie von Joseph Vilsmaier in die Kinos.

Ehescheidung hatte über die Jahre zwar das gesellschaftliche Stigma aus der Entstehungszeit von Roman und Erstverfilmung verloren, Kinder aus Scheidungshaushalten stellten hingegen ein allgegenwärtiges Phänomen dar. Demgemäß beginnt Vilsmaiers Charlie & Louise – Das doppelte Lottchen mit der gerichtlichen Trennung der Eltern und somit der Zwillinge Charlie (Charlotte) und Louise. Zehn Jahre später begegnen sich die Mädchen per Zufall auf einer (mit viel Lokalkolorit inszenierten) Sprachreise nach Schottland. Sie planen den Rollentausch, der die schüchterne Louise nach Berlin zu ihrem Vater, einem Musicalkomponisten ohne Geld, und die vorlaute Charlie nach Hamburg zu ihrer in wohlsituierten Verhältnissen lebenden Mutter führen wird.

Innerhalb der bekannten Verwechslungsgeschichte aktualisieren Vilsmaier und seine Drehbuchautoren die Elternfiguren und präsentieren eine veränderte soziale Stellung der Frau: Während in Kästners Drehbuch von 1950 nur der Vater beruflich reüssiert und eine neue eheliche Verbindung eingehen will, ist es jetzt zuvorderst die Mutter, die mit Erfolg in einer Werbeagentur arbeitet und sich wieder verheiraten möchte. Dennoch schließt auch Vilsmaiers Film mit der idealisierten Wiedervereinigung des geschiedenen Paares, das sich nach einer dramatischen Rettungsaktion in einer schottischen Gewitternacht näherkommt. (mw)