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Der Vormund und sein Dichter

Der Vormund und sein Dichter BRD 1978, R/B: Percy Adlon, K: Pitt Koch, Henning Stegmüller, D: Rolf Illig, Horst Raspe, 87’ · Blu-ray DI 03.11. um 20 Uhr · Einführung: Jan Gympel, Filmgespräch mit Percy Adlon Der Vormund und sein Dichter basiert lose auf dem Buch Wanderungen mit Robert Walser, welches Carl Seelig 1957 veröffentlichte. Der Schriftsteller und Mäzen schildert darin die – nicht selten zu Gewaltmärschen ausartenden – Spaziergänge, welche er ab 1936 zwei- bis dreimal im Jahr mit dem für schizophren erklärten Dichter unternahm. Ohne dessen Wissen wurde Seelig zum Vormund Walsers bestimmt, der von 1933 bis zu seinem Tod 1956 in der Heil- und Pflegeanstalt Herisau lebte. In seinem Zwei-Personen-Stück, das ausschließlich im Winter spielt, durchbricht Adlon die Fiktion immer wieder durch dokumentarische Bilder von der sterilen Tristesse der Klinik oder indem er seine Darsteller, direkt zum Zuschauer gewandt, das Geschehen kommentieren lässt. In der Süddeutschen Zeitung vom 6. April 1978 lobte Dorothea Roth auch die Arbeit des Chefkameramanns, eines Unterzeichners des Oberhausener Manifests: „Das Sichbefreien während der Begegnungen mit Seelig, die Wiedergeburt des wirklichen Walsers sozusagen, vollzieht sich für uns dank der unterschiedslosen Nähe und Aufmerksamkeit der Kamera, die Pitt Koch so sensibel wie selten führt, von Szene zu Szene.“ Sie resümierte: „Dieser Film über Robert Walser ist weniger die Wiederbegegnung mit einem Dichter, der Vorbild für viele war und ist, sondern Einsicht in das Wesen des Dichters überhaupt.“ Für diese Produktion, die im Jahr des hundertsten Geburtstags Walsers erstgesendet wurde, erhielten Adlon und der Walser-Darsteller Rolf Illig den Adolf-Grimme-Preis mit Gold. (gym)