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In den Archiven der öffentlich-rechtlichen Fernsehsender Deutschlands liegt ein Schatz, der nicht nur weitgehend ungehoben, sondern in großen Teilen unbekannt ist: Spielfilme teils prominenter Regisseure und/oder Drehbuchautoren, entstanden hauptsächlich in den sechziger und siebziger Jahren. Reine Fernsehproduktionen, die in aller Regel auch nur im Fernsehen gezeigt wurden. Und zwar einmal, vielleicht Jahre später ein weiteres Mal, womöglich in den Neunzigern noch einmal in einem Satellitenprogramm. Viele dieser Filme waren nie auf VHS verfügbar und sind es auf DVD oder Blu-ray bis heute nicht. Angaben über sie tauchen vielleicht in der einen oder anderen Filmografie oder Datenbank auf – meist ohne Aussagen über ihren Inhalt –, gesehen hat diese Arbeiten seit Jahrzehnten kaum jemand.

Dies ist umso bedauerlicher, als das Fernsehen insbesondere in den sechziger Jahren, als die Filmförderung noch in den Kinderschuhen steckte und die bundesdeutschen Filmhochschulen erst entstanden, ein Übungs- und Experimentierfeld für Nachwuchsregisseure war: Bevor sie ihren ersten Kinofilm drehen konnten (und oft auch noch danach), schufen sie fürs Fernsehen Arbeiten, die sich von Kinofilmen oft nur durch ihren Auftraggeber und ihren Distributionsweg unterschieden. Dabei garantierte Letzterer – da die Produktionen meist zur Hauptsendezeit im ersten oder zweiten Programm ausgestrahlt wurden – ein ungleich größeres Publikum als bis auf wenige Ausnahmen durch eine Kinoauswertung erzielt worden wäre.

Auf diesen weitgehend vergessenen Teil der deutschen Filmgeschichte möchte die von Jan Gympel initiierte und mitkuratierte Reihe Aus dem Fernseharchiv hinweisen. Aus dem Fernseharchiv wird monatlich einen Fernsehspielfilm präsentieren, der seit langem nicht mehr gezeigt wurde und anderweitig nicht verfügbar ist. Um die Auswahl einzugrenzen, werden keine klassischen Fernsehspiele gezeigt, also solche abendfüllenden fiktionalen Produktionen, die weitgehend oder vollständig in einer Studiokulisse gedreht wurden und eher mit dem Theater verwandt sind als mit dem Kino.

Mit dem Rundfunk Berlin-Brandenburg fand sich für den Start dieses Projekts ein engagierter Kooperationspartner. Schnell wurde bei den Recherchen deutlich: Selbst eine vergleichsweise kleine, finanzschwache Rundfunkanstalt wie der Sender Freies Berlin, der 2003 im RBB aufging, hat zahlreiche bemerkenswerte Fernsehspielfilme produziert. Sie zeigen eine Qualität und Vielfalt, die um so mehr erstaunt, als die thematisch und ästhetisch zum Teil eher „schwierigen“ Werke ihre Erstausstrahlung im Hauptabendprogramm der ARD erlebten.

Im vierten Quartal des Jahres 2015 präsentieren wir zwei Produktionen des Bayerischen Rundfunks, die unter der Regie von Percy Adlon entstanden sind, und zwei Filme des Senders Freies Berlin, der 2003 im Rundfunk Berlin-Brandenburg aufgegangen ist.

Die Veranstaltungen der Reihe Aus dem Fernseharchiv finden bei freiem Eintritt statt.

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