„Filmbildner der Natur“

Kurze Filme, die als Kulturfilme im Kinobeiprogramm, als Lehrfilme in Bildungseinrichtungen oder in eigenständigen Kurzfilmprogrammen liefen, waren ein wichtiges facettenreiches Experimentierfeld in der Weimarer Republik. Walter Ruttmanns In der Nacht geht vermutlich auf eine Anregung der im Film zu erlebenden Pianistin Nina Hamson zurück: Zu den Klängen von Robert Schumanns Fantasiestück In der Nacht werden Aufnahmen von Bächen, Seen und Lichtspiele in Bäumen gezeigt, gleichsam eine Evokation von Naturbildern. Die Vielgestaltigkeit von Wasser führt Albrecht Viktor Blum in seinem Montagefilm Wasser und Wogen vor. Mit einer 16mm-Handkamera und einem immer schneller werdenden Rhythmus dokumentiert Oskar Fischinger seine Wanderung von München nach Berlin. Heinrich Hauser brach die Produktion seines Films über die nordirische Küste ab, übriggeblieben sind faszinierende Fragmente vom Leben am Meer. Das wiedergefundene Paradies ist eine farbenfrohe Animation, die an Blumen als „Spender des Trosts, Bringer der Freude“ erinnern soll. Für Das Wolkenphänomen von Maloja machte Arnold Fanck, von Béla Balász als „Filmbildner der Natur“ bezeichnet, Gebrauch von verschiedenen Trickverfahren des Wissenschaftsfilm, um die sich über den Schweizer Malojapass schlängelnden Wolken sichtbar zu machen. Ein ganzes Arsenal an Tricks fahren Hertha Jülich und Ulrich K. T. Schulz auf, mit dem Anspruch, noch das letzte Geheimnis der Natur zu lüften. Als die Suche nach einem apolitischen Rückzugsort kurz vor der Machtübergabe an die Nationalsozialisten erscheint Ella Bergmann-Michels Ausflug an die Rhön. (sa)

Eunice Martins ist Pianistin und komponiert Musik für Ton- und Stummfilm. Stephan Ahrens hat die Retrospektive Naturschauspiele kuratiert und arbeitet als Akademischer Dozent an der Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf.