
Kein anderer US-amerikanischer Filmemacher hatte so beständige Beziehungen in die DDR wie Emile de Antonio. Nicht nur bot er der Leipziger Dokumentarfilmwoche regelmäßig seine eigenen, die Mechanismen der Macht bloßlegenden Filme an, De Antonio war auch für das Festival ein wichtiger Mittler in die politische Dokumentarfilmszene der USA. Seine ersten filmischen Unternehmungen machte er Anfang der 60er Jahre im Umfeld der New Yorker Filmmakers Coop. Er produzierte Dan Drasins Sunday, ein berühmt gewordenes Direct-Cinema-Dokument über eine Konfrontation zwischen Folkmusiker*innen und der New Yorker Polizei.
De Antonios eigenen Filme folgten später häufig der Dramaturgie von Gerichtsprozessen und führten Anklage gegen zentrale Institutionen des politischen Systems. In the King of Prussia entstand mit den „Plowshares Eight“, einer Gruppe christlicher Pazifist*innen, die 1980 in eine Fabrik eindrangen, in der neben Gebrauchselektronik auch Teile einer Atomrakete produziert wurden, dort eine symbolische Schändung der Raketenbauteile vornahmen und sich dann widerstandslos festnehmen ließen. Der Film ist ein Re-Enactment, nicht jedoch der Aktion, sondern des anschließenden Prozesses. In De Antonios erster Videoproduktion, basierend auf den Gerichtsprotokollen, spielten die Angeklagten sich selbst. Die Rolle des cholerischen Richters Samuel Salus übernahm Hollywood-Star Martin Sheen. (th)
Sunday
R/K: Dan Drasin, P: Emile de Antonio, Dan Drasin, T: Howard Milkin, M: Dave Cohen, Jan Dorfman, 17‘
In the King of Prussia
R/P: Emile de Antonio, K: Judy Irola, Julian Abbio, S: Mark Pines, D: Martin Sheen, The Plowshares Eight (Daniel Berrigan, Philip Berrigan, Dean Hammer, Carl Kabat, Elmer Maas, Anne Montgomery, Molly Rush, John Schuchardt), 90‘