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Lohn und Liebe

Lohn und Liebe BRD 1974, R/B/K: Marianne Lüdcke, Ingo Kratisch, M: Peter Fischer, D: Erika Skrotzki, Evelyn Meyka, Dagmar Biener, Nicolas Brieger, Edeltraut Elsner, Hans Peter Hallwachs, 98’ · DigiBeta MI 06.04. um 20 Uhr + FR 08.04. um 21 Uhr · Einführung: Jan Gympel Dem Zeitgeist gemäß, war die Beschäftigung mit der „Arbeitswelt“ und dem Leben von Arbeitern ein wichtiges Thema in der bundesdeutschen Film- und insbesondere der Fernsehfilmproduktion der siebziger Jahre. Auch in ihrem zweiten abendfüllenden Werk widmeten sich ihm Marianne Lüdcke und Ingo Kratisch, die sich während ihres Studiums an der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin kennengelernt hatten. Anders als bei ihrem Erstling Die Wollands legten sie bei Lohn und Liebe das Hauptaugenmerk auf die besonders schwierige – und auch im damaligen Filmschaffen besonders wenig beachtete – Situation von Frauen: In einer West-Berliner Telefonbaufirma drohen Fließbandarbeiterinnen durch Rationalisierung Lohneinbußen. Während eine gestandene Frau mittleren Alters versucht, dies im Betriebsrat zu verhindern, träumt eine junge, naive Kollegin von der Verbesserung ihrer Lebenssituation durch die Liebesbeziehung mit einem Mann aus der Geschäftsführung. Lüdcke und Kratisch wollten Themen wie Arbeitskampf und die Emanzipation von Frauen, aber auch von Arbeitern generell, auf spannende, unterhaltsame Art vermitteln. Für ihren Film, für den sie über ein Jahr lang recherchiert und nicht nur mit Arbeiterinnen und Arbeitern gesprochen, sondern auch selbst eine Zeitlang in einer Fabrik gearbeitet hatten, ernteten sie fast einhellig Lob: „In keiner Dokumentation, keinem anderen Fernsehfilm wurde bisher die stumpfsinnige, nervenzerrüttende Fließbandarbeit der Leichtlohngruppen, denen ausschließlich weibliche Arbeitskräfte angehören, derart beklemmend authentisch vorgeführt, wie in diesem Spiel von Marianne Lüdcke und Ingo Kratisch.“, schrieb der Kölner Stadt-Anzeiger vom 14.2.1974. Am gleichen Tag las man in der Süddeutschen Zeitung: „Hier wurde nicht ein über der Wirklichkeit schwebender Thesenbrei verkündet, sondern an ungemein lebensecht gezeichneten Personen ein Stück bitterer Realität vor einem aufgerollt, als wäre man selber dabeigewesen. Mehr kann ein Film nicht leisten.“ Und Kurt Habernoll befand im West-Berliner Abend vom 13.2.1974: „Was den Film besonders auszeichnet, ist seine richtige Sprache, die eigentlich jeder verstehen muß. Es ist eine Lust zuzuhören. Hier werden die Probleme und Konflikte, die uns alle angehen, nicht intellektuell verkleistert. Hier gibt es keine Kunstfiguren, keine pseudorevolutionären Schnörkel. Hier haben wir es mit richtigen Menschen zu tun, mit denen wir sympathisieren sollten. ‚Lohn und Liebe’ muß ins Kino. Der Film macht im besten Sinne Spaß.“ Habernolls Wunsch wurde erfüllt: Wenige Monate nach der Erstausstrahlung im Februar 1974 (die zufällig während eines großen Streiks der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr erfolgt war) kam Lohn und Liebe auch in die Kinos. (gym)