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Berlin JWD

Nachdem er mit seinen vier Fontane-Filmen seine Wahlheimat eher weiträumig umkreist hatte, schnürt Bernhard Sallmann in Berlin JWD den Kreis enger und filmt in den Außenbezirken der Hauptstadt, zwischen S-Bahn-Ring und Stadtgrenze. Manchmal ist sogar, als Anker im Bild, im Hintergrund der Fernsehturm zu sehen. Aber Bernhard Sallmann lässt sich von ihm nicht locken und entdeckt „janz weit draußen” ein Berlin, das selbst vielen langjährigen Bewohner*innen der Stadt fremd sein dürfte: ein kaum geordnetes Nebeneinander von Baustellen, Gewerbegebieten, vor sich hin dümpelnden Kanälen und trostlosen Brachen, wenig Menschen, viel leerer Raum, eine Gegend, die zwar bereits rettungslos Stadt ist, aber die die Erinnerung an die Natur, die sich hier einst ausbreitete, noch nicht ganz verdrängen konnte.

Im Verzicht auf einen Voice-Over-Kommentar und in der oft lakonisch pointierten Bildgestaltung schließt Berlin JWD wieder an die James-Benning-Linie im Werk an. Mit einfachsten Mitteln gelingt Erstaunliches: Eine Stadtsymphonie nach dem Ende der Utopien der Moderne, eine posturbane Kartografie, die nicht einfach nur von den Rändern her entworfen wird; sondern die auf die Idee eines Zentrums schlichtweg nicht mehr angewiesen ist.

Davor Menschen am Kanal: Der Teltow-Kanal zwischen Neukölln und Treptow trennte einst zwei Deutschlands voneinander. Heute, und auch schon im Entstehungsjahr des Films 1999, hat die Wasserstraße an politischer Relevanz verloren. Dennoch scheinen die Menschen sich diesen Ort, das vermitteln Sallmanns von kurzen Interviewpassagen aus dem Off begleiteten, grob texturierte Schwarz-weiß-Bilder, nur zögerlich neu anzueignen. Noch hat die Geschichte ihn, so scheint es, nicht ganz freigegeben. (lf)

Menschen am Kanal