Zeughauskino

 

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Oktober
Doku Arts | S wie Sonderprogramm | Wiederentdeckt | Berlin.Dokument | Verführung Freiheit | Unter Vorbehalt
Hands on Fassbinder | 25 Jahre Deutsches Historisches Museum

 

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  DOKU.ARTS

 

DOKU.ARTS: PROZESS UND GEDÄCHTNIS DER KÜNSTE
EINE WERKSCHAU

Als zeitbasiertes Medium ist der Dokumentarfilm prädestiniert dafür, Momente des künstlerischen Schaffens festzuhalten und zu rekonstruieren. Wie arbeiten Künstlerinnen und Künstler im 20. und 21. Jahrhundert? Wie lässt sich ihr künstlerisches Schaffen darstellen, evozieren, rekonstruieren? Unter dem Titel PROZESS UND GEDÄCHTNIS DER KÜNSTE präsentiert DOKU.ARTS, das 2006 vom Künstlerischen Leiter und Dokumentarfilmregisseur Andreas Lewin in der Berliner Akademie der Künste gegründet wurde und das in den vergangenen drei Jahren im Nederlands Filmmuseum in Amsterdam zu Gast war, vom 19. September bis 14. Oktober eine in Europa einmalige Werkschau. In 30 Dokumentarfilmen werden die Schaffensprozesse von Musikern, Schriftstellern, Tänzern, Architekten, Filmregisseuren und Bildenden Künstlern lebendig. DOKU.ARTS zeigt dabei auch die Vielfalt der dokumentarischen Genres und die Experimentierfreudigkeit der zeitgenössischen Filmemacherinnen und Filmemacher. Von der Langzeitbeobachtung über den Essay- und Kompilationsfilm bis hin zur Hommage ist der Reichtum des zeitgenössischen Dokumentarfilms zu erleben. Einen besonderen Höhepunkt stellen in diesem Jahr die Programme mit brasilianischen Filmen zur Kunst dar, die DOKU.ARTS in Zusammenarbeit mit dem Instituto Moreira Salles in Rio de Janeiro zeigt und die – wie zahlreiche andere Filme – erstmals in Deutschland zu sehen sind.
Begleitend zur Werkschau erscheint ein ausführliches, zweisprachiges Programmheft. Zum Preis von 30,- Euro kann an der Kinokasse ein Festivalpass erworben werden. Fortlaufend aktualisierte Informationen finden sich auf: www.doku-arts.de.

DOKU.ARTS wird gefördert vom Hauptstadtkulturfonds und unterstützt von ARTE, dem Goethe-Institut Brasilien und der Botschaft des Königreichs der Niederlande. Wir danken unseren Hauptsponsoren REGENT und Subtext Berlin, unseren Partnern Kunstwerke, World Cinema Foundation und Cineteca di Bologna sowie José Carlos Avellar und Mark Le Fanu.

 

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Boris Ryzhy
NL 2008, R: Aliona van der Horst, K/S: Maasja Ooms, Aliona van der Horst, M: Harry de Wit, Neil Young, Sally, Parker Mimi u.a., Mitwirkende: Boris Ryzhy, Artjom Ryzhy, Irina Knyazyeva, Olga Sosnovskaya, Margarita Ryzhaya u.a., 60’    DigiBeta, OmeU

Boris Ryzhy war ein vielversprechender russischer Dichter, der sich 2000 im Alter von nur 26 Jahren das Leben nahm. Wieso beging er Selbstmord? Die Schwester und die Witwe des Dichters führen die niederländische Filmemacherin Aliona van der Horst durch die gefährlichen Untiefen der russischen Provinz, die sich auf der Reise vom Kommunismus zum Kapitalismus verloren zu haben scheint. Geduldig und einfühlsam stöbert die Regisseurin Freunde und Klassenkameraden des Dichters auf und fügt aus ihren Aussagen die Geschichte einer verlorenen Generation zusammen: „Jeder bekam die Freiheit und hatte doch keine Ahnung, was er mit ihr anfangen sollte“, meint einer der Wegbegleiter. Anstatt einer legalen, rechtschaffenen Arbeit nachzugehen, wurden Ryzhys Mitschüler zu „Bodyguards der Gangster“. Im Wald verweilt die Kamera vor den zahlreichen Gräbern der jungen Männer, die, wie Ryzhy, diese Epoche nicht überlebten. Die Bilder der schneebedeckten Straßen des Altmetall-Bezirks von Jekaterinburg werden zu einem subtilen, poetischen Symbol der festgefrorenen Hoffnungen der Kameraden. Für den Soundtrack übernimmt van der Horst Passagen aus den Gedichten von Ryzhy, während überlieferte Amateurvideos einen Blick auf fesselnde Bilder aus dem Leben des Dichters gewähren. Van der Horst verfügt über eine außergewöhnliche Begabung des Zuhörens und Beobachtens. Während sie zuhört, beobachtet sie. Selten wurden in Dokumentarfilmen Gesichter so eloquent beobachtet. (da)

am 19.9. in Anwesenheit von Hans Helmut Prinzler
am 22.9. in Anwesenheit von Aliona van der Horst
am 19.9.2012 um 20.00 Uhr
am 22.9.2012 um 17.00 Uhr

 

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A Música Segundo Tom Jobim
The Music According to Antônio Carlos Jobim
BR 2011, R: Nelson Pereira dos Santos, Dora Jobim, Recherche: Antônio Venancio, S: Luelane Corrêa, 88’   35 mm, OmeU

Wie kein anderes brasilianisches Lied steht The Girl von Ipanema von Antônio Carlos Jobim (1927-1994) für den in den 50er Jahren kreierten Sound des Bossa Nova, der in den folgenden Jahrzehnten einen Siegeszug durch die Konzerthallen, Fernseher und Radios der Welt antrat. Von den unzähligen internationalen Interpretationen des legendären Songs erzählt der Film A Música Segundo Tom Jobim auf die denkbar einfachste Weise: Er kreiert den ultimativen Kompilationsfilm. Ein Altmeister des brasilianischen Kinos, Nelson Pereira dos Santos, hat sich dieser Aufgabe gemeinsam mit Dora Jobim, der Enkelin des Musikers, liebevoll und bravourös angenommen, auch um den ein wenig in Vergessenheit geratenen Bossa Nova wieder aufleben zu lassen. Ohne Interviews und Kommentare, nur mit wenigen Fotografien ausgestattet, speist der Film seine Energien vor allem aus den Konzertmitschnitten und Archivjuwelen. Der rauschhafte und witzige Wechsel zwischen den unterschiedlichsten Interpreten und Zeitmoden steigert sich am Ende zu einem großen karnevalesken Finale. Die Liste der Mitwirkenden kann sich sehen lassen: Dizzy Gillespie, Ella Fitzgerald, Sarah Vaughan, Judy Garland, Sammy Davis, Jr., Oscar Peterson, Chico Buarque, Lisa Ono, Diana Krall, Caetano Veloso, Frank Sinatra und viele andere... (da)

am 19.9. Eintritt frei
am 19.9.2012 um 22.00 Uhr
am 28.9.2012 um 21.00 Uhr

 

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Patience (After Sebald)
GB 2011, R/K: Grant Gee, S: Grant Gee, Jerry Chater, M: The Caretaker, Mitwirkende: Tacita Dean, Katie Mitchell, Jonathan Pryce u.a., 82’          HD, OmU

Der in England lebende deutsche Schriftsteller W.G. (Max) Sebald war in den 1990er Jahren eine der bedeutendsten literarischen Persönlichkeiten Europas. Seine auf Deutsch verfassten und glänzend von Michael Hulse und Anthea Bell ins Englische übertragenen Romane erkunden die tragische jüngere Geschichte des Kontinents in einem völlig neuartigen Tonfall – elegant, meditativ und voller fremdartiger Anspielungen. Sebalds Buch Die Ringe des Saturn (1995, Untertitel Eine englische Wallfahrt) beschreibt in halbfiktionaler Form einen langen einsamen Spaziergang entlang der englischen Ostküste in der Grafschaft Suffolk, von hier aus starteten im Zweiten Weltkrieg Flotten von Kampfflugzeugen zum Angriff auf Deutschland.
Grant Gees faszinierender, vorwiegend in Schwarzweiß gedrehter Film folgt Sebalds Wanderroute: Er hält an den Orten inne, an denen Sebald pausierte, und begegnet den Menschen, auf die auch Sebald traf. Die Kamera fängt die karge Schönheit der öden Landschaft Suffolks ein und lässt mehrere wortgewandte Kollegen – Dichter, Schriftsteller, Künstler, Akademiker – auf eine unaufdringliche Weise zu Wort kommen. Sebalds tragischer Tod bei einem Autounfall 2001 verleiht dem Film einen elegischen und geradezu gespenstischen Ton, die Aufnahmen seiner Stimme spielen eine wichtige Rolle. Der poetische Film Patience (After Sebald) ist eine faszinierende Hommage an Sebalds Werk. (da)

am 20.9. in Anwesenheit von Grant Gee
am 20.9.2012 um 20.00 Uhr
am 3.10.2012 um 20.00 Uhr

 

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Water Children
NL 2011, R: Aliona van der Horst, K/S: Maasja Ooms, Aliona van der Horst, M: Tokomo Mukaiyama, J.S. Bach, 75’          HD, OmeU

„Manche Aspekte des Lebens sind schwer in Worte zu fassen. Um die tiefen Ebenen der Gefühle zu berühren, die mit Themen der Mutterschaft und des Verlusts verbunden sind, die Erfahrungen der Fortpflanzung und Gefühle des Versagens berühren, musst du etwas Musikalisches, ein Labyrinth oder ein Ritual kreieren. Etwas, das mehr wiegt, als das Sagbare: Du musst andere Wege erkunden, um einen Ausdruck für diese tiefen und intensiven Erfahrungen zu finden. In diesem Dokumentarfilm lädt die Künstlerin und Pianistin Tomoko Mukaiyama eine Gruppe von japanischen Frauen ein, an ihrem Kunstprojekt zu partizipieren und über die Bedeutung ihrer monatlichen Blutung und den Rhythmus ihres Körpers zu meditieren. (...) Allmählich und unerwartet entwickelte sich die Filmarbeit zu einer Auseinandersetzung zwischen der Künstlerin und mir. Wieso entschied ich mich dafür, einen Film über dieses sensible und schwer greifbare Thema der ‚weiblichen Fruchtbarkeit‘ zu machen? Ich wurde von Tomoko herausgefordert, die mich um meine Teilnahme an ihrem Projekt bat. (...) Unsere Konversation findet in Musik und Bildern statt. Der Film handelt davon, wie tiefgreifend Kunst an das Leben gebunden sein kann und wie notwendig es ist, eine Sprache zu finden für das, was wir nicht ansprechen können.“ (Aliona van der Horst). (da)

am 21.9.2012 um 19.00 Uhr
am 25.9.2012 um 20.00 Uhr

 

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Limite
Limit
BR 1931, R/B/P: Mário Peixoto, K: Edgar Brazil, M: Brutus Pereira, D: Olga Breno, Mario Peixoto, Brutus Pedreira, Edgar Brazil, 120‘      35 mm

Die Geschichte des experimentellen Stummfilms Limite ist zwar mit wenigen Worten erzählt – drei Schiffbrüchige treiben in einem kleinen Boot auf dem Meer und erzählen sich ihre Lebens- und Fluchtgeschichten -, doch hat kein anderer brasilianischer Film die nachfolgenden Künstlergenerationen stärker inspiriert. „Dann kam die Offenbarung von Limite, des ersten und einzigen Films des 21 Jahre alten Regisseurs Mário Peixoto. Dies war ein Film von transzendentaler Poesie und unendlicher Einbildungskraft. Und wieder war ich geschockt, nicht nur wegen des Films, der 1931 entstand und für viele Jahre vergessen war, mehr noch von der Evidenz, die er in sich trug, von unserer kreativen Vielfalt.“ (Walter Salles). „Am Ende der Stummfilmära glaubten wir daran mehr und besser sehen zu können. Wie Dziga Vertov in seinem Film Kino-Eye von 1924 sagte: Das Kino eröffnet die Möglichkeit, das Unsichtbare sichtbar zu machen oder Licht ins Dunkel zu bringen, ohne Grenzen und Distanzen zu sehen. Aber dann zeigte uns Mário Peixoto, dass uns das Kino in Wahrheit weniger sehen lässt und unklarer, und dass seine Stärke genau in dieser unvollständigen Sehweise liegt. (...) Die Erzählung verdeckt mehr als sie aufzeigt. Was wir sehen ist nur dazu da, eine Spannung zu dem, was außerhalb des Blickfeldes liegt, zu etablieren.“ (aus „ImagiNation“ von José Carlos Avellar in The New Brazilian Cinema, 2003).
Wir zeigen Limite erstmalsin der neu rekonstruierten Fassung, die im Auftrag der World Cinema Foundation in der Cineteca di Bologna entstand. Besonderer Dank an Doug Laible und Andrea Meneghelli. (da)

am 21.9.2012 um 21.00 Uhr
am 26.9.2012 um 20.00 Uhr

 

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Mark Lewis – Nowhere Land
D 2011, R: Reinhard Wulf, K: Jürgen Behrens, 83‘ HD, OF

Die Kurzfilme von Mark Lewis befragen zeitgenössische Landschaften und erkunden dabei zugleich Grundelemente der filmischen Sprache. So verwenden sie zum Beispiel häufig langsame Zooms oder veraltete Techniken wie Rückprojektionen oder „Tag-für-Nacht“-Aufnahmen, um ebenso unheimliche wie erhellende Verbindungen zwischen kompositorischen Verfahren herzustellen. Reinhard Wulf folgt Lewis an die unterschiedlichsten Orte, die der Künstler in seinen Filmen festgehalten hat und die ihn noch immer faszinieren. Wir sehen Lewis auf eigentümlichen Plätzen, auf die er mit dem Fahrrad gestoßen ist, und beobachten, wie er eine chaotische Kreuzung im Zentrum von Toronto filmt. In Reaktion auf diese ‚Nowhere Lands’, diese Nirgendwos, kommt es zu einem anhaltenden Dialog zwischen Lewis und Wulf. Großzügig teilt Lewis seine künstlerischen Überzeugungen mit und gewährt zugleich einzigartige Einblicke in alltägliche Orte. Er beschreibt seine Beweggründe und Entdeckungen ebenso eloquent wie ungezwungen, egal ob es sich um den Parkplatz eines Einkaufszentrums, einen majestätischen See im kanadischen Algonquin Park oder andere urbane Orte handelt (etwa die, die in Lewis’ Filmen auf der Biennale 2009 in Venedig zu sehen waren). Wulf lässt Lewis die Zeit, seine Gedanken in situ zu entwickeln. Sein Film ist ein fesselndes und intimes Porträt der unorthodoxen Methoden des Künstlers, gefilmt mit derselben Achtung vor und dem Vertrauen zu Bildern, welche auch die Arbeiten von Lewis kennzeichnet. (da)

am 22.9. in Anwesenheit von Reinhard Wulf
am 22.9.2012 um 19.00 Uhr
am 30.9.2012 um 21.00 Uhr

 

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Backstory
CDN/GB/D 2009, R: Mark Lewis, K: Brian Pearson, 39’     HD, OmU

Backstory erzählt in mündlicher Form die Geschichte der Rückprojektion. Zu Wort kommen drei Generationen der Hansard Familie, die entscheidend zur Entwicklung dieser Filmtechnik für Hollywood-Studios beigetragen haben. Die Familienmitglieder berichten vom Aufstieg der Firma Hansard Projection und von der Blütezeit des Verfahrens, als Rückprojektionen in Hollywood sehr gefragt waren, sowie von deren Niedergang und Verschwinden, als neue Technologien in den Vordergrund traten. Freimütig und humorvoll blickt die Familie auf ihre langjährigen Erfahrungen zurück. Ihr häufig wiederholtes Credo lautet zwar „Wir sind nur so gut wie die Hintergrundplatten“, doch der Zuschauer gerät in diesem bezaubernden Dokumentarfilm, der die Kamera auf die Kehrseite der Illusion richtet, rasch in den Bann ihrer nicht enden wollenden Erzählkunst. (da)
am 22.9.2012 um 21.00 Uhr

im Anschluss Vortrag von Mark Lewis

 

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„things which have passed, but still have impact“
Vortrag von Mark Lewis (in englischer Sprache)

„Lewis’ Interesse an Ausgedientem und Verwaistem betrifft Gebäude und Orte, die in seinen Arbeiten wiederkehren; vor allem erinnert sein Gebrauch der Rückprojektion jedoch an Walter Benjamins Gedanken, dass scheinbar Veraltetes neues Leben bergen kann.“ (Laura Mulvey). Ausgangspunkt des Vortrags von Mark Lewis ist ein Zitat von Louis Lumière: „Das Kino ist eine Erfindung ohne Zukunft.” Lewis wird in diesem Zusammenhang Filme zeigen und kommentieren, die sich damit beschäftigen, wie Film insbesondere unter Verwendung klassischer filmischer Techniken und Verfahren das alltägliche Leben darstellen kann. Es geht darum, „wie Film außergewöhnlich und zugleich gewöhnlich ist. Wie sein Versprechen das Versprechen der Moderne ist und damit auch das Versagen der Moderne teilt; wie der Film es bei seiner ‚Erfindung’ nicht geschafft hat, wirklich modern zu sein, weil er sich zugleich außerhalb des Experimentierfelds und des Ikonoklasmus der Avantgarde befand (weil er an Repräsentation ‚glaubte’); wie seine Modernität schließlich auf anderen Wegen zustande kam.“ (Mark Lewis). (da)

am 22.9.2012 im Anschluss an die Vorführung von Backstory

 

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L'Ouragan Kalatozov
Hurricane Kalatozov
F/GE 2010, R: Patrick Cazals, K: Jaques Malnou, Cyrille Renaux, M: Jesùs Ortega, 74’     DigiBeta, OmeU

Das sowjetische Kino verfügte über eine reichhaltige Tradition an Regisseuren, deren Filme – obwohl nicht unbekannt im Westen – erst seit kurzem genauer untersucht werden. Unter diesen „unsichtbaren“ Regisseuren stechen die wenigsten so auffällig heraus wie der georgische Meister Mikhail Kalatozov, den Patrick Cazals in seinem Dokumentarfilm L'Ouragan Kalatozov porträtiert. Obwohl Kalatozov, oberflächlich betrachtet, wie ein loyaler Diener des Staates wirkte, unterwanderten seine Filme bei genauerer Betrachtung die Lehren des Sozialrealismus. Ob man Vorkriegsklassiker wie Das Salz Swanetiens (1930) und Der Nagel im Boot (1932) oder später entstandene, international gefeierte Filme wie Die Kraniche ziehen (1957, Gewinner der Goldenen Palme in Cannes) und Ich bin Kuba (1963) studiert, Kalatozovs Lebenswerk verfügt über eine nicht enden wollende Energie, einen Ideenreichtum und eine Virtuosität, die ihm auch Vorwürfe des Formalismus einbrachte. Anhand von Filmausschnitten und der Analysen von Filmkritikern erforscht L'Ouragan Kalatozov sowohl Kalatozovs Filme als auch die Lebensgeschichte eines außergewöhnlich begabten Cineasten, dessen verworrene Beziehung zum Stalinismus aufzudröseln ein besonderes Anliegen von Cazals‘ Film ist. (da)

am 23.9. in Anwesenheit von Patrick Cazals u.a.
am 23.9.2012 um 17.00 Uhr
am 4.10.2012 um 20.00 Uhr

 

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The Dreams of William Golding
GB 2011, R: Adam Low, K: Martin Rosenbaum, M: George Taylor, 90’, DigiBeta, OmU

Die Londoner Unruhen des letzten Sommers erinnerten uns an die Zerbrechlichkeit jeder noch so fortschrittlichen westlichen Gesellschaft. Kein Schriftsteller verstand diesen „Abgrund der Primitivität” besser als der herausragende britische Autor William Golding. Die Kriegserfahrungen des Schriftstellers, die dieser zunächst im Seegefecht und später als Zeuge der Befreiung der Konzentrationslager sammelte, flößten ihm einen profunden Sinn für die moralische Spannbreite menschlichen Handelns ein. Sein erster und bekanntester Roman Der Herr der Fliegen (1954), der bis zum heutigen Tag 40 Millionen Mal verkauft wurde, beschreibt eine Gruppe britischer Schuljungen, die auf einer menschenleeren Insel gestrandet sind, und deren Abstieg zur Grausamkeit. Aber Golding war kein ideologischer Nihilist: Die Welt hielt für ihn immer auch eine nicht hintergehbare Schönheit und Merkwürdigkeit bereit, die er in mehreren Romanen versuchte zu erkunden. Als Einzelgänger scheute Golding die Öffentlichkeit, mit seiner Frau und Familie lebte er zurückgezogen auf dem englischen Land. Doch – von Golding und seiner Familie sind private Filmaufnahmen überliefert. The Dreams of William Golding nutzt sie und gestaltet das Portrait eines rührenden, vielseitigen Menschen. (da)

am 23.9. in Anwesenheit von Adam Low und Martin Rosenbaum
am 23.9.2012 um 19.00 Uhr
am 30.9.2012 um 19.00 Uhr

 

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Dickens on Film
GB 2011, R: Anthony Wall, K: Rebecca Savage, 59’ DigiBeta, OmU

Die Werke von Charles Dickens (1812-1870) wurden so oft wie keine anderen für das Kino adaptiert. Filmemacher wie Griffith, Eisenstein und Chaplin erkannten früh, dass die Art und Weise, wie der viktorianische Schriftsteller seine Werke verfasst hatte, diese für eine filmische Bearbeitung prädestinierte, von den lebendigen Illustrationen durch zeitgenössische Künstler wie Phiz ganz zu schweigen. 2012 ist das 200. Geburtstagsjubiläum von Charles Dickens: eine ideale Gelegenheit, um den cross media-Verbindungen nachzugehen. Die BBC-Filmemacher Anthony Wall (Regie) sowie Michael Eaton und Adrian Wootton (Drehbuch) haben weltweit in Archiven recherchiert, haben teils weitgehend unbekannte Filme mit Bezug zu Dickens Werk gefunden und für ihren Film Dickens on Film aussagekräftige Sequenzen ausgewählt: Beispiele aus ganz frühen Stummfilmen, aber natürlich auch aus den berühmten Verfilmungen der Nachkriegszeit, etwa David Leans Great Expectations und Oliver Twist. (da)

am 23.9. in Anwesenheit von Anthony Wall
am 23.9.2012 um 21.00 Uhr
am 30.9.2012 um 17.30 Uhr

 

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Onde a Terra Acaba
At the Edge of the Earth
BR 2002, R: Sérgio Machado, K: Antônio Luiz Mendez, S: Isabelle Rathery, 75‘ 35mm, OmeU

Von vielen Brasilianern als der beste brasilianische Film aller Zeiten bezeichnet, fasziniert der poetische, experimentelle Stummfilm Limite von Mário Peixoto (1908-1992) von 1931 bis heute. Allerdings scheinen die meisten Menschen nur den Filmtitel zu kennen, nur wenige haben ihn tatsächlich gesehen. Die Entstehungs-, Wirkungs- und Restaurationsgeschichte dieses Filmjuwels und „unknown masterpiece“ (Georges Sadoul) sind einzigartig. Im Mittelpunkt der Filmproduktion wie auch einiger Legenden, die sich um den Film ranken, steht Mário Peixoto, der nach Limite keinen weiteren Film fertigstellen konnte. Seine zweite Filmproduktion Onde a Terra Acaba (Wo das Land endet) von 1933 endete in einem Fiasko und Peixoto konzentrierte sich fortan auf das Schreiben und die Literatur. Der Titel seines unvollendeten Films ist auch der Titel des Dokumentarfilms von Sergio Machado, der wiedergefundenes Drehmaterial präsentiert und sich auf die Spuren des Lebens und Werks von Mário Peixoto begibt. Machado gelingt eine eindringliche Hommage an eine der faszinierendsten Figuren des brasilianischen Kinos. Mitwirkende sind unter anderem die Regisseure Walter Salles und Nelson Pereira dos Santos sowie die Hauptdarstellerin aus Limite Olga Breno. Onde a Terra Acaba wird anlässlich der Premiere der neuen rekonstruierten Fassung von Limite gezeigt. (da)

am 27.9.2012 um 20.00 Uhr

 

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Cildo
BR 2009, R: Gustavo Rosa de Moura, K: Alberto Bellezia, 80’    HD, OmeU

Cildo Meireles gilt als ein wichtiger Vertreter der brasilianischen Neo-Avantgarde der 60er Jahre, die Kunst von ihrer Musealität befreite und ihre Wirkung auf den Betrachter in den Mittelpunkt stellte; doch entzieht sich sein Werk bis heute jeglicher einfacher Kategorisierung. Meireles komponiert aus Fundstücken des kollektiven Gedächtnisses seine Arbeiten, in denen alltägliche Gegenstände, Raumkonstruktionen und Geräusche subtil zusammenwirken. Geprägt durch die Zeit der Militärdiktatur nach 1964, stellt er seine Arbeit in den Kontext des Widerstands gegen Militarismus und Konsumismus.
Der Regisseur Gustavo Rosa de Moura nähert sich behutsam der Arbeit des als verschlossen geltenden Künstlers. Im Dialog mit De Moura springt Cildo mühelos zwischen Popkultur, Kunst- und Philosophiereferenzen. Der Regisseur begleitet Cildo bei den Vorbereitungen zu seinen Ausstellungen, etwa zu seiner Retrospektive in der Tate Modern, wobei die Kamera seine phantastischen Installationen wie ein zweiter Protagonist erforscht. Ein mit Leichtigkeit und Präzision komponiertes Porträt, das sich Zeit nimmt und ohne jeglichen Kommentar die spannenden Arbeiten von Cildo erkundet. (da)

am 28.9.2012 um 19.00 Uhr
am 12.10.2012 um 19.00 Uhr

 

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Gin Chen Xiao Ze
Hometown Boy
TW 2011, R/K: Yao Hung-I, P: Hou Hsiao-Hsien, 72’          HD, OmeU

Mit 17 Jahren verließ der heute in China berühmte Maler Liu Xiao-Dong, unter anderem bekannt aus Filmen von Wang Xiaoshuai und Jia Zhangke, seinen Heimatort Jincheng in der Provinz Liaoning. 30 Jahre später kehrt er dorthin zurück, um seine ehemaligen Bekannten und Freunde zu porträtieren. In seinem ersten langen Dokumentarfilm begleitet ihn der junge Regisseur Yao Hung-I, der zu seinem Film bemerkt: „Nach Hause zu gehen, ist sehr wichtig für einen Künstler. Das Schwierigste bei diesem Dokumentarfilm war, den Moment einzufangen, wenn seine Bilder etwas Wesentliches bekommen. Weil ich aus Taiwan stamme und das Leben und den Dialekt in China nicht kenne, war ich wie ein Kind, aber von diesem Blickwinkel aus, wurde alles lebendig.“ Der schweifende Blick des Filmemachers, der aufmerksam Alltagsbeobachtungen und Aufnahmen der Arbeitsweise von Liu Xiao-Dong verknüpft, macht Hometown Boy zu einem der interessantesten Filme des diesjährigen Doku.Arts-Programms. „Yao wird zum dritten Auge des Malers. Er liefert einen direkten Blickwinkel, der eine Leichtigkeit besitzt. Der Film versucht, den Arbeitsprozess aus der Perspektive des Künstlers festzuhalten und dessen Kunstpraxis aus dieser intimen Distanz heraus zu verstehen.” (Hou Hsiao-Hsien). Hometown Boy gewann 2011 den Golden Horse Award. (da)

am 29.9.2012 um 19.00 Uhr

 

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Mandala
D 2012, R: Christoph Hübner, Gabriele Voss, K: Christoph Hübner, 72’         HD, OmU

„Sechs Mönche aus Bhutan. Die meisten von ihnen sind zum ersten Mal im Ausland. Sie sind gekommen, um in der Bochumer Jahrhunderthalle etwas Außergewöhnliches zu schaffen: ein traditionelles Sandmandala, fünf mal fünf Meter groß. Es gilt als das bisher größte der Welt. Zehn Tage lang werden sie von morgens bis abends in der Jahrhunderthalle in Bochum in größter Konzentration ein Chakrasamvara-Mandala streuen. Es entstehen Bilder von Gottheiten, Palästen, Mauern, Geistern und vielfachen Symbolen, die in ihrer Ausdifferenzierung, Vielfalt und Farbigkeit erstaunen. Und dann fast wie ein Schock – unmittelbar nach der Fertigstellung des Mandalas wird es in einer rituellen Zeremonie wieder zerstört. Der zusammengekehrte Sand wird noch in der folgenden Nacht in einen Fluss in der Nähe geschüttet, um so wieder in die Kreisläufe der Natur zurückzukehren.
Wir schauen zu und versuchen, die Konzentration, die Ruhe und Genauigkeit der Arbeit der Mönche unseren Bildern mitzugeben. Auch die Fremdheit. Ab und zu erklärt einer der Mönche, was wir gerade sehen, was vor sich geht und was es für eine Bewandtnis mit dem Sand und den Motiven des Mandala hat. Auf weitere Erklärungen und Kommentare von Dritten verzichtet der Film. So hat der Film selbst etwas von einer Bild-Meditation, nicht esoterisch und nicht vordergründig, aber doch in der Ruhe, der Stille, der Konzentration.“ (Christoph Hübner und Gabriele Voss).

am 29.9. in Anwesenheit von Gabriele Voss und Christoph Hübner
am 29.9.2012 um 21.00 Uhr
am 14.10.2012 um 20.30 Uhr

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Det är en dag imorgon också
Tomorrow's Another Day
S 2011, R/S: Johan Carlsson, K: Pehr Arte, Johan Carlsson, 90’           HD, OmeU

Roy Andersson gehört zu den eigenwilligsten zeitgenössischen Filmregisseuren des schwedischen Kinos, unter anderem bekannt durch seine Filme Songs from the Second Floor (2000) und You – The Living (2007). Vier Jahre dauerten die Dreharbeiten seines letzten Films, der teilweise im eigenen „Familienfilmstudio“ in Stockholm entstand. Roy Anderssons Arbeitsprozess ist einzigartig. Das Konstruktionsprinzip seiner Filmsets beruht auf der Methode des Trompe-l’œil, eine spezielle Technik zur Herstellung von optischen Illusionen. Der ehemalige Werbefilmer verzichtet auf jegliche Spezialeffekte, alles wird von seinem eingeschworenen Studio 24 Team selbst gezimmert und ausprobiert.
Die Filmemacher Johan Carlsson und Pehr Arte, beide langjährige Teammitglieder von Andersson, begleiteten die Entstehungsgeschichte des Spielfilms, der 2007 seine Premiere in Cannes erlebte. Nach weiteren drei Jahren ist nun auch der Dokumentarfilm zu sehen, den DOKU.ARTS bereits 2008 als Work-in-progress in Amsterdam präsentierte. Carlsson und Arte erzählen vom Teamgeist, der Liebe zum Kino und dem künstlerischen Arbeitsprozess von Roy Andersson aus nächster Nähe. Ein seltenes Dokument, welches das Ausmaß der Herausforderung, die Komik und Humanität von Kino als Kunst und Arbeit gekonnt vor Augen führt. (da)

am 2.10. in Anwesenheit von Johan Carlsson
am 2.10.2012 um 20.00 Uhr
am 7.10.2012 um 18.00 Uhr

 

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Without Gorky
GB 2011, R: Cosima Spender, K: Benjamin Kracun, Urszula Pontikos, Cosima Spender, S: Valerio Bonelli, P: Peacock Pictures & Arshile Gorky Foundation, HD, 79’ OF

Selbstmordtaten sind oft nicht nachvollziehbar. Als sich der abstrakte Expressionist Arshile Gorky 1948 im Alter von 46 Jahren erhängte, taten sich Kluften auf, die bis heute den engen Familienkreis prägen. Wer könnte es seiner viel jüngeren, amerikanischen Frau Mougouch vorwerfen, dass sie sich möglichst rasch von der Tragödie distanzieren wollte? Und dennoch können ihr die beiden mittlerweile erwachsenen Töchter Maro und Natasha nicht ohne weiteres vergeben. 60 Jahre nach dem Selbstmord setzte sich die Tochter einer der Schwestern – also eine Enkelin des Malers – wieder mit dem Trauma auseinander, in der Absicht, es endgültig bearbeiten zu können.
Cosima Spenders melancholisch schöner Film Without Gorky begleitet Mutter und Tante auf eine Entdeckungsreise, die vom eleganten Reihenhaus in Manhattan bis zur Küste des Van Sees unweit der armenischen Grenze der Türkei führt. Während auf dem Weg Seelengeheimnisse offenbart werden, demonstriert Without Gorky beinahe beiläufig, dass Dokumentarfilme auf eine einzigartige Art und Weise künstlerische Arbeiten interpretieren können. (da)

am 5.10. in Anwesenheit von Cosima Spender und Valerio Bonelli
am 5.10.2012 um 20.30 Uhr
am 7.10.2012 um 21.00 Uhr

 

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Agnes Martin: With My Back to the World
USA 2002, R: Mary Lance, K: Dyanna Taylor, 57‘    DigiBeta, OF

2012 hätte Agnes Martin (1912-2004), eine der größten Malerinnen des 20. Jahrhunderts, ihren 100. Geburtstag gefeiert. Die gebürtige Kanadierin gehörte im New York der 1950er und 1960er Jahre zu den Abstrakten Expressionisten und zog sich später für 45 Jahre auf das Land nach New Mexico zurück. Hier arbeitete sie im Rahmen eines streng definierten formalen Vokabulars, das aus Rastern und waagerechten Linien besteht, und schuf Arbeiten von größter Subtilität und Schönheit.
Mary Lances Dokumentarfilm, zwischen 1998 und 2002 gedreht, zeigt die Künstlerin in ihrem Atelier. Martin hat in zahlreichen Texten ihre Theorien zur Kunst dargelegt. Allerdings sind viele dieser Texte sibyllinisch oder kryptisch („Demut, die schöne Tochter, sie kann weder richtig noch falsch handeln …”) und stellen einen Gegenpol zu ihrer scheinbar schlichten Malerei dar. Im Film liest Martin ihre Texte aus dem Off vor, während Bilder ihrer Arbeiten, Fotografien, Archivaufnahmen, ein Ausschnitt aus ihrem Film Gabriel mit Interviews mit der Künstlerin abwechseln. Ganz in Einklang mit Martins selbstgewählter Zurückgezogenheit ist der Film ohne Narration konzipiert, weitere Personen kommen nicht zu Wort. Die Künstlerin schildert, wie sie nach 20 Jahren Malerei ihre eigene künstlerische Vision entwickelte. „Ich male mit dem Rücken zur Welt. Denn wenn du morgens aufwachst und einfach nur glücklich bist, über nichts, völlig grundlos, genau darüber male ich, über die subtilen Gefühle, die wir ohne äußeren Anlass verspüren. Und meine Hoffnung ist, dass Menschen, die darauf reagieren, erkennen, dass ihre Reaktionen völlig abstrakt sind und dass ihr Leben vielschichtiger ist, als sie meinen.“ (da)

am 6.10.2012 um 18.00 Uhr
am 7.10.2012 um 19.30 Uhr

 

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Life in Movement
AUS 2011, R/K/S: Bryan Mason, Sophie Hyde, 79‘ HD, OmeU

2007 ernannte die Sydney Dance Company die 29-jährige Choreographin Tanja Liedtke zu ihrer ersten neuen künstlerischen Leiterin nach 30 Jahren. Bevor sie sich dieser großen Herausforderung jedoch stellen konnte, wurde sie mitten in der Nacht von einem Lastwagen angefahren und verstarb. International als eine frische choreographische Stimme gefeiert, wurde die Tänzerin als eine leidenschaftliche Künstlerin bekannt – intelligent, verrückt, lustig und großmütig. 18 Monate nach ihrem Tod begeben sich ihre Mitarbeiter mit Liedtkes Werken auf Welttournee. Sie müssen sich mit ihrer Trauer auseinandersetzen und die Gründe ihres Todes erkunden. Dank bisher unveröffentlichter Interviews, privater Aufnahmen sowie beeindruckender Videomitschnitte und Filmausschnitte, die Liedtkes künstlerischen Arbeitsprozess dokumentieren, ist Life in Movement ein besonderer Film über die Kraft und Zerbrechlichkeit der kreativen Bewegung durchs Leben. Unsere eigene Vergänglichkeit mit einschließend, geben uns die beiden jungen Filmemacher Byran Mason und Sophie Hyde eine vitale Einschätzung der Arbeit der Künstlerin und ihres großartigen tänzerischen Talents und Könnens. Ein bewegender Film, der bereits mehrfach mit wichtigen Preisen ausgezeichnet wurde und der am 6. Oktober, dem Geburtstag von Tanja Liedtke, in Berlin seine Deutschlandpremiere feiert. (da)

am 6.10.2012 um 19.30 Uhr

 

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The Escape to Hollywood
DK 2011, R/K: Trine Dam Ottosen, 53’            HD, OmeU

In Dänemark ist der junge Storyboardzeichner Lars Munck ein anerkannter Künstler, aber seine Sehnsucht gilt Hollywood, einer Welt, die er eigentlich nur aus dem Fernsehen kennt. Sein Ziel ist es, das Storyboard für einen US-Blockbuster zu gestalten. Sein Traum vom kreativen Paradies Hollywood endet auf dem ultraharten Pflaster der Stadt des Glitzers, die äußerst unromantisch, zynisch, ehrgeizig und mitleidlos mit den Träumern umspringt. Lars wird mit Selbstzweifeln konfrontiert. Die Reise, die er auf der Suche nach dem großen Erfolg angetreten hatte, mündet in eine überraschend introspektive Erfahrung, die ihn zwingt, den Blick auf sich selbst zu richten und darauf, warum er keinen Platz in dieser Welt zu finden scheint.
Lars Muncks Zeichnungen und Animationen sind ein wichtiger Bestandteil des Dokumentarfilms The Escape to Hollywood. Die Filmemacherin Trine Dam Ottosen folgt ihrem Freund Lars Munck auf seiner existenziellen Reise. Sie zeichnet ein fesselndes persönliches Porträt, das eine Geschichte von Träumen und Wünschen erzählt, von der Suche nach Identität, der Sehnsucht nach einem einfacheren Leben und nicht zuletzt von Liebe. Trine Dam Ottosen hat am Edinburgh College of Arts Regie und Kamera studiert. Escape to Hollywood ist ihr erster längerer Film. (da)

In Anwesenheit von Trine Dam Ottosen und Lars Munck
am 6.10.2012 um 21.30 Uhr

 

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Nainsukh
IND/CH 2011, R: Amit Dutta, K: Pramod Shetty, Subhash Utekar, Dinesh Ghadigaonkar, S: Amit Dutta, Eberhard Fischer, M: Dishari Chakraborty, 82‘       HD, OmeU

Der 1977 geborene Regisseur Amit Dutta gilt als einer der wichtigsten Experimentalfilmemacher Indiens, dessen Filme unter anderem regelmäßig bei den Filmfestspielen in Venedig zu sehen sind. Duttas neuer Film Nainsukh rekonstruiert an Originalschauplätzen mit Laiendarstellern und einem professionellen Miniaturenmaler in der Hauptrolle ausgehend von 42 Miniaturzeichnungen lebendige Szenen aus dem Leben des nordindischen Malers Nainsukh (1710-1778). In grandiosen filmischen Bildkompositionen erkundet der Film die Motive, Arbeitsprozesse, Landschaften und Lebenssituationen, aus denen die Bilder des Malers entstanden sind. Ein erstaunlicher, in sich ruhender, meditativer Film, dessen poetischer Bildrhythmus eine soghafte Wirkung entfaltet. Fernab von modischen Reenactments, jenseits abgestandener Tableau Vivants, auf folkloristische Elemente verzichtend und fein ausbalanciert zwischen dokumentarischer Herangehensweise und spielerischer Handlung, entwickelt der Film Nainsukh seine eigene Bildsprache in Auseinandersetzung und Interpretation der indischen Kunstgeschichte und den Werken eines seiner größten Maler. Bilder von Nainsukh sind unter anderem im Berliner Museum für Asiatische Kunst in Dahlem ausgestellt. (da)

am 9.10. in Anwesenheit von Eberhard Fischer
am 9.10.2012 um 20.00 Uhr
am 13.10.2012 um 17.00 Uhr

 

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Jardín en el Mar
Garden in the Sea
D/MEX 2012, R/K/S: Thomas Riedelsheimer, 68’     HD, OmeU

Thomas Riedelsheimer, der durch seinen international erfolgreichen Film über den Land-Art Künstler Andy Goldsworthy bekannt wurde, begleitet in seinem neuen Film die 2012 in Berlin mit dem Großen Kunstpreis ausgezeichnete, spanische Bildhauerin Cristina Iglesias bei der Vorbereitung, Durchführung und maritimen Vernissage einer Unterwasserskulptur auf die mexikanische Halbinsel Espíritu Santo, die seit 2005 zum UNESCO Weltnaturerbe gehört. Am Anfang konzentriert sich Riedelsheimers Blick noch auf die Künstlerin, aber schon bald wird klar, dass auch Gedanken über die grandiose Natur und die Zukunft der Menschheit eine tragende Rolle spielen müssen, um Ort und Projekt gerecht zu werden. Die Beziehung der Menschen zu der sie umgebenden Landschaft wird zum Leitmotiv für den Film. „Ich kann nichts dafür, aber ich habe mich wirklich in diesen Ort verliebt: eine kleine Insel im Golf von Kalifornien in Mexiko. Für mich ist sie trocken, mysteriös, alt und rein. Die Landschaft einer Seele. Ich habe es genossen vier Jahre lang immer wieder zu den Dreharbeiten auf die Insel zurückzukehren. Ich habe viel von dem Land, der Kunst und über die Leute gelernt, die sich so sehr um diese Landschaft kümmern. Wunderbare Menschen mit großen und offenen Herzen. Ich hoffe, dass der Film etwas von meiner Faszination enthält und bin dankbar Teil dieses Projektes gewesen zu sein.“ (Thomas Riedelsheimer). (da)

am 10.10. in Anwesenheit von Thomas Riedelsheimer
am 10.10.2012 um 20.00 Uhr
am 14.10.2012 um 17.00 Uhr

 

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Alles Moet Nieuw – Piet Zwart
Everything Must Change – Piet Zwart
NL 2012, R: Sherman de Jesus, K: Marc Felperlaan, Gregor Meerman, S: Sander Kuipers, M: Bastiaan Egberts, 75’       Blu-ray, OmeU

Piet Zwart (1885-1977) war ein eigensinniger Designer, der sein Leben der Erneuerung und Innovation widmete, heute international bekannt und geschätzt als Dutch Design. Er arbeitete sowohl als Innenarchitekt, Industriedesigner, Typograph, Fotograf, Kritiker und Lehrender und spielte dabei eine Schlüsselrolle in der Entwicklung des holländischen Designs im 20. Jahrhundert. Seine Vielseitigkeit und sein Einfluss brachten ihm im Jahr 2000 den Titel „Designer des Jahrhunderts” des niederländischen Designer Verbandes ein.
Alles Moet Nieuw – Piet Zwart zeichnet sich durch einen großen Reichtum an einzigartigem Archivmaterial aus: Super8-Aufnahmen von 1969, ein Ausschnitt aus einem Reklamefilm von 1928, in dem Piet Zwart mitwirkte, graphische Animationen. Zwart war ein Freund von Piet Mondrian und knüpfte Beziehungen zum Bauhaus. Design sollte für jedermann erschwinglich sein. Der Krieg und Zwarts Internierung durch die Nationalsozialisten beendeten viel zu früh seine Karriere. „Ich wollte diese komplexe und schwierige Zeit, von der wir nur wenig wissen, die 20er und 30er Jahre, als Piet Zwart sehr produktiv als Designer und Künstler war, für unsere Zeit übersetzen, eine Zeit, in der der Faschismus Fuß fasste und die Freiheit der Kunst einschränkte. Und in der Kunst passierte sehr viel in diesen Jahren. Es gibt auch heute noch viel zu entdecken.” (Sherman de Jesus). (da)

am 11.10. in Anwesenheit von Sherman de Jesus
am 11.10.2012 um 20.00 Uhr
am 12.10.2012 um 17.00 Uhr

 

DOKU ARTS: FOKUS BRASILIEN
BESONDERER GAST: ARTHUR OMAR

Arthur Omar ist einer der vielseitigsten Künstler und Experimentalfilmemacher Brasiliens. Seit den 1970er Jahren entwickelt er in seinen Dokumentarfilmen, Fotografien, Texten und Videoinstallationen neue Methoden der Visuellen Anthropologie. Das New Yorker Museum of Modern Art widmete ihm 1999 eine umfassende Retrospektive seiner Filme und Videos. Arthur Omar nahm zweimal an der Biennale in São Paulo teil. Sein Film Triste Trópico (1974) gilt als Klassiker des brasilianischen Kinos. Omar veröffentlichte mehrere Bücher über Fotografie und Theorie, unter anderem Antropologia da Face gloriosa (1997), O Esplendor dos Contrários (2002) und Viagem ao Afeganistão (2010, mit einem Vorwort von Antonio Negri). Arthur Omar wird als besonderer Gast von DOKU.ARTS anwesend sein und drei Programme vorstellen.

 

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Erstes Arthur-Omar-Programm

Combat Choir
BR/AFG 2011, R/K/S: Arthur Omar, 8’           MiniDV, OmeU

Os Cavalos de Goethe
Goethe’s Horses
BR/AFG 2011, R/K/S: Arthur Omar, 60’           MiniDV, OmeU

Im Auftrag der Biennale von São Paulo reiste Arthur Omar im Januar 2002 nach den Bombardements nach Afghanistan und filmte unter anderem für Combat Choir eine Chorprobe.
Cavalos de Goethe ist ein experimenteller Dokumentarfilm, gedreht 2002 mit einer kleinen Videokamera in Afghanistan während eines Buzkashi-Spiels – einem Wettstreit, bei dem zwei Gruppen von Reitern um den verstümmelten Kadaver eines Ziegenbocks streiten. Bilder von Pferden und von Männern, die mittels Spezialeffekten wie in der Zeit schwebend ins Bild kommen, Bilder, in denen sich der ewige Kampf zwischen Licht und Finsternis, Geschichte und Vergessen, Horror und Ekstase verkörpert. Die Manipulation der Geschwindigkeit der Originalbilder (ihre Alchemie) offenbart uns eine neue Bedeutung des alten Kriegs. Das Gedicht Four Quartets von T. S. Eliot, das 2. Streichquartett von Morton Feldman, die Goethe'sche Farbenlehre und ein rätselhaftes Gedicht auf Dari, der in Afghanistan gesprochenen Sprache, fließen ein in eine Meditation über die Zeit und die politische Natur der Wahrnehmung. (da)

am 12.10.2012 um 21.00 Uhr

 

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Zweites Arthur-Omar-Programm

O Nervo de Prata
Silver Nerve
BR 1987, Künstler: Tunga, 20‘                         Beta SP, OmeU

As Férias do Investigador
The Private-Eye’s Holiday
BR 1994, Künstler: Milton Machado, 17‘        Beta SP, OmeU

Derrapagem no Éden
Skidding in Eden
BR 1997, Künstler: Cildo Meireles, 14‘           Beta SP, OmeU

Um Olhar em Segredo
A Gaze in Secrecy
BR 2012, 30‘                                                       Beta SP, OmeU

Das ungewöhnliche und paradoxale Universum des Künstlers Tunga wird in O Nervo de Prata durch dessen Skulpturen vorgestellt, einem Mix aus archaischen Emotionen und einer leichten Ahnung von „high-tech“. Der Zuschauer wird in einen Tunnel ohne Anfang und Ende geworfen, wo ihn extreme Begegnungen mit siamesischen Zwillingen und verflochtenen Schlangen erwarten.
Wenn ein Kommissar in den Urlaub fährt, kann alles passieren. In As Férias do Investigador wird die Welt zu einem rätselhaften Reich. Das Video fliegt durch die Wolken, besucht Fabriken und bedrängt einen merkwürdigen Schlagzeuger, der zwischen griechischen Statuen spielt.
In Derrapagem no Éden werden verschiedene Installationen von Cildo Meireles auseinandergebaut. Fragen in Bezug auf Kunst, Fotografie, Geld und Schnelligkeit tauchen auf und verschwinden wieder, ohne Spuren oder Erklärungen zu hinterlassen. Kunst wird als ein Schleudern gezeigt, als Unfall, der zu schnell abläuft, um damit zurechtkommen zu können.
In dem Film-Essay Um Olhar em Segredo wird dem Zuschauer in jeder Sequenz ein anderer Aspekt der fotografischen Wahrnehmung als einer aufsteigenden Erfahrung präsentiert. Komponiert aus kleinen Fragmenten, die „der Fotografie, der Kamera, dem Augenblick und der Ekstase“ gewidmet sind, stellt der Autor einige persönliche Ideen über Fotografie und Gedächtnis vor. Gedreht in Afghanistan, Kuba und Brasilien. (da)

am 13.10.2012 um 19.00 Uhr

 

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Drittes Arthur-Omar-Programm

O Castelo Resiste
The Fortress Resists
BR 1995, 14’                                               Beta SP, OmeU

O Livro de Raul
The Book of Raul
BR 1999/2012, 40’                                      Beta SP, OmeU

O Castelo Resiste dokumentiert ein Gespräch mit dem chilenischen Filmemacher Raul Ruiz (1941-2011) über Manipulation, Hyperthyreose, Giordano Bruno, Opfer, Träume, Simulatoren, Tunnel und Seelen und die Transformation eines Massakers in eine Landschaft. Gedreht in Rio de Janeiro in der Wohnung von Arthur Omar, während beide fernsehen.
Dokumentarische Allegorie O Livro de Raul. Eine Reise nach Chile mit Raul Ruiz. Gespräche und Abenteuer ausgehend von Filmen, als Startpunkt, Passage und Ziel. Gedreht wurde u.a. in Free City in Chile, einer utopistischen Kommune von Architekten und Künstlern, die als notwendige Grundlage jeglicher Konstruktion den „poetischen Akt“ ansehen. Sie sagen: „Traditionelle Architektur beginnt mit einem reinen Plan, der sofort die Grenzen festlegt. Wir hingegen beginnen immer vom Zentrum aus, von der inneren Leere eines Raums und arbeiten uns dann in Richtung der Grenzen, aber berühren diese nie. Unsere Arbeit ist niemals fertig.“ Und so ist dieser Film. Ein Film sollte so einfach sein, wie man die Fahrspur auf einer Autobahn wechseln kann“ (Arthur Omar). (da)

am 14.10.2012 um 19.00 Uhr

 

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Ex isto
Ex It
BR 2010, R: Cao Guimarães, K: Cao Guimarães, Beto Magalhães, Alexandre Baxter, Sérgio Neuenschawander, 88‘    HD, OmeU

Was wäre, wenn René Descartes Moritz von Nassau, den Kolonisator und Förderer der Naturwissenschaften, nach Brasilien begleitet hätte, fragt sich der brasilianische Filmemacher und Künstler Cao Guimarães in seinem neusten Film. Frei nach dem in Brasilien verehrten Roman Catatau (1975) des Dichters und Übersetzers polnisch-afrikanischer Abstammung Paulo Leminski folgen wir einem der Urväter der europäischen Philosophie an den Amazonas, wo er seine Forschungen zu Fragen der Geometrie und Optik unter dem Einfluss von halluzinogenen Kräutern aufnimmt. Ex isto ist eine Meditation darüber, was Kunst, Wissenschaft und der menschliche Körper unter tropischem Einfluss bedeuten können. Eine atmosphärisch dichte und visuell beeindruckende Mischung aus Philosophie und Poesie, in langen Einstellungen und sorgfältigen Bildkompositionen gefilmt und mit dem großartigen Hauptdarsteller João Miguel in der Rolle des Philosophen. Eine außergewöhnlicher, halb fiktionaler, halb dokumentarischer Film mit einem in historische Kostüme gekleideten Schauspieler, der sich durch die Land- und Stadtlandschaften Brasiliens treiben lässt. „Das Buch Catatau stellt den Irrtum der kartesianischen Logik in der Hitze dar, ein Emblem für das Scheitern des batavischen Projektes in den Tropen.“ (Paulo Leminski).
Der 1965 geborene Cao Guimarães stammt aus Belo Horizonte und zählt zu den wichtigsten zeitgenössischen brasilianischen Künstlern, die mit Film und Video arbeiten. Seine Arbeiten wurden unter anderem in der Tate Modern, im Frankfurter Kunstverein, dem Guggenheim Museum und auf vielen internationalen Filmfestivals gezeigt. Ex isto zeigen wir als Deutschlandpremiere. (da)

am 13.10.2012 um 21.00 Uhr

 

 

 
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