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Als der 17-jährige Jude Herschel Grynszpan, dessen Familie zusammen mit 17.000 als „polnischstämmig“ bezeichneten Juden nach Polen abgeschoben worden war, am 7. November 1938 in Paris einen Mordanschlag auf den deutschen Diplomaten Ernst von Rath verübt, findet Joseph Goebbels den Vorwand für einen „spontanen Sühneakt“. In der Nacht vom 9. auf den 10. November ermorden Mitglieder der NSDAP etwa 100 Juden, stecken Hunderte von Synagogen in Brand und zerstören Tausende jüdischer Geschäfte und Wohnungen. Schaulustige stehen daneben, während Polizei und Feuerwehr vor allem darauf achten, dass das Feuer nicht auf andere Gebäude überspringt.

Im Oktober und November 1938, als sich die antijüdische Politik der Nationalsozialisten auf dramatische Weise verschärft, strömen täglich viele Tausende Menschen in die Berliner Kinos. Sie erleben mit Zarah Leander eine Heimkehr nach Deutschland (Heimat) oder tanzen mit Marika Rökk und Viktor Staal in einer Nacht im Mai. Im Beiprogramm vermittelt ihnen eine Ufa-Tonwoche was es heißt, eine Woche des deutschen Buches zu begehen. Ein Zeichentrickfilm fordert die Kinobesucher auf, Gartenzäune zu demontieren und als Metallabgabe dem Staat zur Verfügung zu stellen.

Die Retrospektive ALS DIE SYNAGOGEN BRANNTEN…, die im Rahmen des Berliner Themenjahrs „Zerstörte Vielfalt. Berlin 1933–1938-1945 “ und begleitend zur gleichnamigen Ausstellung im Deutschen Historischen Museum stattfindet, rekonstruiert ausgewählte historische Programme, die in den ersten Novemberwochen des Jahres 1938 in den Berliner Kinos zu sehen waren. Die Vorstellungen bestehen aus einem Hauptfilm und einem Beiprogramm. Sie versammeln diejenigen Reklame-, Wochenschau-, Kultur- und Spielfilme, aus denen ein Berliner Kinoabend im November 1938, etwa in der Pogromnacht, bestand.

Der Besuch von Kinos war wenig später allen Juden untersagt. Wir bedanken uns bei der Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung für die freundliche Unterstützung sowie bei Hans-Michael Bock, Swenja Schiemann und Philipp Stiasny.

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