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Produktion: David Kurland Productions, Rome, for ECA Italy
Regie: David Kurland
Land/Jahr: IT 1950
Länge : 12'
Sprache: Englisch
Format: 35mm, 1:1.37, mono, s/w

Wenn es einen idealtypischen Marshall-Plan-Film gäbe, dann käme Village without Words dem sehr nahe. Überraschender Weise nimmt in Kurlands Film das Ideal dabei die Form eines Hymnus an, einer Feier der Hilfeleistungen und des Aufschwungs. Viele der so gern für die ERP-Propaganda genutzten Mittel und Techniken fehlen in Village without Words. Stattdessen löst sich der Film von allem Dokumentarischen. Seine Bilder fügen sich zu einer Konstruktion zusammen, in dem jede einzelne Aufnahme ein Baustein für die Steigerung des Ganzen ist. Kurland verzichtet auch auf Individualisierung in einer Story, es gibt keine identifizierbaren individuellen Figuren. Er zielt nicht auf konkrete Projekte (die filmisch zu dokumentieren wären) und auch nicht auf die gut erfundene exemplarische Geschichte (die entsprechend zu inszenieren wäre). Vielmehr zielt er auf einen Film, als Symbol – nicht für dieses oder jenes Projekt, sondern für die Idee des Marshall-Plans.

Village without Words ist eine “Erfolgsgeschichte” par excellence. All die Versatzstücke, die in so vielen Marshall-Plan-Filmen auftauchen, um anhand eines möglichst genau verorteten und datierten, an identifizierbare Personen gebundenen Projektes vom Erfolg des ERP zu berichten, sind hier vorhanden. Aber in reiner Form: irgendeine Fabrik, Arbeiter, die an vielen Orten leben könnten, die Straßen und Schaufenster einer namenlosen Stadt, ein stillstehendes Karussell – das ist das Material des Films. Der erste Teil könnte den Titel “Bestandsaufnahme” tragen. Sie fällt trist aus. Eine Fabrik, heruntergekommen zur Ruine, Straßen, in denen keine Menschen mehr unterwegs sind, Schaufenster ohne Waren. Alle Räder stehen still, nur der Zerfall schreitet fort. Eine Abblende beendet diesen Teil – und die Misere. Ein Schiff läuft in den Hafen ein, ab hier herrscht ein einziges Vorwärtsschreiten. Das ERP-Logo prangt auf den entladenen Kisten und auf dem Zug, der sie transportiert. Arbeiter kehren in die verfallene Fabrik die zurück, setzen Maschinen instand, nehmen die Produktion wieder auf. Die Straßen beleben, die Auslagen füllen sich. Wo im ersten Teil ein Schwenk über einen verlassenen Platz auf einem Jungen endete, der dort am Brunnen ein Spielzeug-Kriegsschiff fahren ließ, dreht hier das Karussell wieder seine Runden. War anfangs nichts in Ordnung, am Ende ist alles wohl gerichtet. Village without Words ist einerseits idealtypisches, andererseits auftrumpfendes Exempel.

© Rainer Rother