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Tausend Takte Übermut

Tausend Takte Übermut BRD 1965, R: Ernst Hofbauer, B: Hans Billian, K: Dieter Wedekind, M: Gert Wilden, D: Hannelore Auer, Thomas Alder, Rex Gildo, Vivi Bach, Margitta Scherr, Gunther Philipp, 97' · 35 mm SA 03.09. um 19 Uhr Vielleicht keine Neuerfindung, aber doch eine Modernisierung und Verjüngung des Schlagerfilms strebte die kurzlebige Produktionsfirma Musichouse an. Zwischen 1963 und 1966 entstanden unter der Ägide des Produzenten Karl Heinz Busse und des Dramaturgen und Drehbuchautors Hans Billian eine Reihe musikalischer Komödien, die der allmählich unzeitgemäßen Gediegenheit des Genres offensiv mit italienischem Tempo und französischer Frivolität entgegentraten. Aus der Verlegenheit, eine Vielzahl peppiger Nummern ins Drehbuch einarbeiten zu müssen, windet man sich in Tausend Takte Übermut geschickt mithilfe eines komplex angelegten Geflechts amouröser und professioneller Verwicklungen vor der Kulisse eines italienischen Urlaubsressorts. Billians Lust an erzählerischen Pirouetten visueller wie körperlicher Ausprägung findet in dem Österreicher Ernst Hofbauer einen enthusiastischen Erfüllungsgehilfen. Zwischen akrobatischen Slapstick-Choreografien und absurder Situationskomik erzählt der Film von einer weltfremden Bundesrepublik, für die Reisen noch etwas Mondänes waren, selbst dann, wenn sie nur in eine Plattenbau-Hotelanlage an der Adria führten. In der Fremde liegt offen, was zuhause verborgen bleiben muss: Kühn lässt der Film den Eiskunstlauf-Olympiasieger Manfred Schnelldorfer dem amerikanischen Sänger Gus Backus eine schwule Liebeserklärung singen, und furchtlos übertritt die Kamera immer wieder die übliche, konfektionelle Distanz zu den Darstellern. „Hofbauer zeigt mit Tausend Takte Übermut, was der deutsche Schlagerfilm ursprünglich einmal war und weiterhin hätte sein können, hätte man mehr Mühe, Können, Inspiration und Kreativität hineingesteckt, anstatt die Kuh mit möglichst wenig Aufwand zu melken." (Oliver Nöding, Remember it for later, 09.11.2014). (chd)