Klaus Mann 1906-1949

Schriftsteller

Das Jahr 1933 ist für den Sohn Thomas Manns ein Wendepunkt. Der bis dahin unpolitische Autor – gleichwohl verteidigt er 1925 in „Der fromme Tanz“ die Homosexualität gegen die Kriminalisierung in der Gesellschaft – ist nun ein engagierter Gegner des Nationalsozialismus. Im Pariser Exil setzt er sich für eine Deutsche Volksfront ein und ist Herausgeber der im Querido Verlag erscheinenden Zeitschrift Die Sammlung. 1938 emigriert er in die USA, ein Jahr darauf erscheint „Der Vulkan. Roman unter Emigranten“. Mann wird 1943 Soldat der US-Armee und geht mit der Propagandaabteilung nach Italien. Als Korrespondent der Armeezeitung The Stars and Stripes kehrt er 1945 nach Deutschland zurück. Nach dem Militärdienst lebt er in Europa und den USA. Er stirbt an einer Überdosis Schlaftabletten.

  • 1906
    18. November: Klaus Mann wird als Sohn des Schriftstellers Thomas Mann und dessen Frau Katia (geb. Pringsheim) in München geboren.
  • 1922
    Nach dem Besuch des Münchner Wilhelmsgymnasiums wechselt er auf das Internat Odenwaldschule. Die Odenwaldschule wird nach den Prinzipien der Reformpädagogik geführt.
  • 1923
    Nach eigenen Angaben verlässt er die Odenwaldschule, als er sich in einen Mitschüler verliebt.
  • 1924
    Juni: Mann verlobt sich mit Pamela Wedekind, der Tochter des Schriftstellers Frank Wedekind. Er hatte sie im Jahr zuvor bei seinem Onkel Heinrich Mann kennengelernt.
    September: Das Paar zieht nach Berlin, wo Klaus Mann als Theaterkritiker arbeitet.
    Er beginnt mit der Publikation von Kurzgeschichten in Zeitungen und Zeitschriften.
  • 1925
    Sein Buch "Der fromme Tanz" ist einer der ersten Homosexuellen-Romane in der deutschen Literatur. Mann bekennt sich zu seiner Homosexualität, obgleich sie in der Weimarer Republik laut §175 des Reichsstrafgesetzbuchs unter Strafe steht.
    Sein Vater veröffentlicht nach Erscheinen von "Der fromme Tanz" einen Essay "Über die Ehe", in dem er die Homoerotik als "Widersinn" und "Fluch" bezeichnet.
    Klaus Manns Drama "Anja und Esther" erscheint.
    Zusammen mit seiner Verlobten, seiner Schwester Erika Mann und deren Verlobtem Gustaf Gründgens tritt er in der Hamburger Uraufführung von "Anja und Esther" auf. Das Stück erhält vor allem durch den Auftritt der "Dichterkinder" Bekanntheit.
    Mann unternimmt seine erste größere Auslandsreise. Sie führt ihn nach England, Paris, Marseille, Tunesien, Palermo, Neapel und Rom.
  • 1927
    Bei Emil Jannings verbringt das Geschwisterpaar Weihnachten. Sie lernen dort u.a. Friedrich Wilhelm Murnau kennen.
  • 1927/28
    Mit seiner Schwester unternimmt er eine achtmonatige Weltreise. Unter dem Titel "Rundherum. Das Abenteuer einer Weltreise" veröffentlichen sie einen humoristischen Bericht.
  • ab 1928
    Mann reist viel. Er hält sich des öfteren in Paris auf, wo er mit Jean Cocteau (1889-1963) und André Gide (1869-1951) Bekanntschaft macht.
  • 1932
    Mit "Kind dieser Zeit" legt er seine erste Autobiografie vor.
    In seinem Roman "Treffpunkt im Unendlichen" verfolgt er drei Hauptstränge, die seinen Erfahrungsdimensionen entstammen: Drogen, Suizid und Liebe.
  • 1933
    Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten emigriert er über Amsterdam, Zürich und Prag nach Paris. Er gerät in das Zentrum der bedeutendsten Autoren des Exils und wird einer ihrer Repräsentanten.
  • ab 1933
    Fast die gesamte Familie Mann lebt im Exil. Für Klaus Mann wie für seine Geschwister ist der elterliche Wohnsitz in Sanary-sur-Mer (Südfrankreich) Bezugspunkt.
  • 1933-1935
    Im Querido-Verlag in Amsterdam gibt er die Exilzeitschrift "Die Sammlung" heraus. Die Monatsschrift erscheint unter dem Patronat von Gide, Heinrich Mann und Aldous Huxley (1894-1963). Klaus Mann versucht eine einheitliche "antifaschistische Front" herbeizuführen, um das NS-Regime wirkungsvoll zu bekämpfen. Er kann Autoren der unterschiedlichsten politischen Richtungen gewinnen: Johannes R. Becher, Ernst Bloch, Bertolt Brecht, Albert Einstein, Leo Trotzki, Ernest Hemingway, Boris Pasternak (1890-1960), Joseph Roth, Walter Mehring (1896-1985). Die Herausgabe der Zeitschrift muss schließlich wegen zu geringer Abnahme eingestellt werden.
  • 1934
    Klaus Mann wird die deutsche Staatsbürgerschaft aberkannt.
    August: Als geladener Gast nimmt er am "1. Allunionskongreß der Sowjetschriftsteller" teil. Er entwickelt einen "sozialistischen Humanismus", der in einer übernationalen Ordnung die Entfaltung des Individuums sichere.
  • 1935
    In seinem Roman über Peter Iljitsch Tschaikowsky (1840-1893) "Symphonie Pathétique" setzt er sich mit der Einsamkeit des Künstlers auseinander. Auch in diesen Roman fließen eigene Erfahrungen wie Homosexualität und Todessehnsucht ein.
  • 1936
    Er unternimmt eine viermonatige USA-Reise, auf der er Vorträge hält.
    Mann unterstützt die Bildung der "Deutschen Volksfront", die zur Einigung der Exilopposition führen soll.
    Sein Roman "Mephisto" erscheint im Querido-Verlag in Amsterdam. Anhand einer Künstlerkarriere zeigt Mann die Verstrickung der Intellektuellen und Künstler mit dem NS-Regime auf. Die Hauptfigur ähnelt stark dem in Deutschland erfolgreichen Gründgens.
  • 1937
    Mann nimmt die tschechoslowakische Staatsbürgerschaft an.
    Mai/Juni: Heroin-Entziehungskur in Budapest.
    ab September: Erneute Vortragsreise durch die USA.
  • 1938
    April: Er macht eine zweite Entziehungskur in Zürich.
    Juni/Juli: Zusammen mit seiner Schwester ist er Presseberichterstatter im Spanischen Bürgerkrieg. Trotz seiner grundsätzlich pazifistischen Haltung befürwortet er den bewaffneten Kampf der Republikaner.
    Nach dem Münchner Abkommen wandert er in die USA aus. Er hält sich dort häufig bei seinen ebenfalls emigrierten Eltern in Princeton auf.
  • 1939
    Sein Roman "Der Vulkan. Roman unter Emigranten" zeichnet ein facettenreiches Bild der Exil-Schicksale. Mann entwirft hier episch seine Utopie des sozialistischen Humanismus als einer Ordnung, in der alle Platz hätten, auch "Drogensüchtige, Homosexuelle, Anarchisten".
    Gemeinsam mit seiner Schwester verfasst er "Escape to Life". Neben der eigenen Famile beschreiben sie Albert Einstein, Bertolt Brecht, Carl Zuckmayer, Ernst Toller, Max Reinhardt und George Grosz. Das Buch wird ein großer publizistischer Erfolg .
  • 1941/42
    Er redigiert die avantgardistische Zeitschrift "Decision. A Review of Free Culture". Es ist eine internationale Revue, in der politische und kulturelle Aufsätze und literarische Arbeiten erscheinen. Die Zeitschrift soll Beziehungen zwischen der europäischen und amerikanischen Geisteswelt intensivieren.
  • 1942
    Unter dem Titel "The Turning Point" erscheint die Fortsetzung seiner Autobiografie in englischer Sprache.
    April: Seine Meldung zur US-Army ist ein politischer Entschluss. Mann will nun als Soldat gegen das NS-Regime kämpfen.
    Dezember: Seine Einberufung erfolgt erst nach mehrmaligem Drängen, da er noch nicht die amerikanische Staatsbürgerschaft hat.
  • 1943
    4. Januar: Dienstbeginn in der Armee. Er erhält seine Grundausbildung und macht Dienst in verschiedenen Lagern in den USA. Seine Homosexualität muss er verbergen, da Homosexuelle grundsätzlich nicht in die US-Army aufgenommen werden. Auch befremden ihn die Trennung der weißen und schwarzen Soldaten und die Unkenntnis der GIs über das NS-Regime.
    Seine Einbürgerung und sein militärischer Einsatz im Zweiten Weltkrieg verzögern sich, da "besondere Erkenntnisse" gegen ihn vorliegen. Er war im Frühjahr 1940 beim Federal Bureau of Investigation (FBI) als Homosexueller und Kommunist denuziert und seither bespitzelt worden.
    25. September: Er erhält die amerikanische Staatsbürgerschaft.
    Er verlässt mit einem Truppentransport die USA.
  • 1944/45
    Mann wird in Casablanca und in Italien in der psychologischen Kriegführung eingesetzt: Er schreibt Flugblätter und verfasst Texte für Radiosender und Grabenlautsprecher, mit denen die gegnerischen Soldaten zur Aufgabe und zum Überlaufen aufgefordert werden.
  • 1945
    Mai/Juni: Als Korrespondent der Armeezeitung "The Stars and Stripes" kehrt er nach Deutschland zurück.
    Er besucht die ehemalige elterliche Villa, die zwischenzeitlich für den Verein "Lebensborn" genutzt wurde.
    Als US-Korrespondent wird Mann das Konzentrationslager (KZ) Dachau gezeigt. Er ist als Reporter bei der Befragung Hermann Görings anwesend.
    September: Entlassung aus dem Armeedienst.
  • ab 1946
    Mann wechselt häufig seinen Wohnsitz. Er lebt in Rom, Amsterdam, New York und Kalifornien.
  • 1948
    Nicht zuletzt wegen seiner schriftstellerischen Misserfolge und finanziellen Schwierigkeiten begeht Mann einen Selbstmordversuch.
    August: Er ist Lektor im Bermann-Fischer / Querido-Verlag in Amsterdam.
  • 1949
    21. Mai: Klaus Mann stirbt in Cannes an einer Überdosis Schlaftabletten.
  • 1956
    Sein Roman "Mephisto" wird in der DDR veröffentlicht.
  • 1965-1968
    In mehreren Verhandlungen, die bis vor das Bundesverfassungsgericht gehen, wird die Veröffentlichung des Romans verboten. Eine Herausgabe dürfe erst erfolgen, wenn die Erinnerung an den Verstorbenen verblasst sei.
  • 1981
    Der Rowohlt Taschenbuch Verlag bringt den Roman "Mephisto" heraus.
Kai-Britt Albrecht, Stefan Kuhn, Antonia Meiners
19. März 2021

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