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Als ein „entscheidender Einschnitt in die Filmgeschichte der Shoah-Repräsentation“ sei Claude Lanzmanns 1985 uraufgeführter Film Shoah zu bewerten. Gertrud Kochs Einschätzung folgend lässt sich die Dokumentarfilmgeschichte in eine Zeit vor und nach Lanzmanns einflussreichem Werk einteilen. Erörterungen der Dar- bzw. Undarstellbarkeit des Massenmords, der Verwendung oder Nichtverwendung von historischem Bildmaterial, der Funktion von Augen- und Zeitzeug*innen, der Spurenlosigkeit oder Lesbarkeit von Orten des Verbrechens – kaum eine Frage nach den Bedingungen und Möglichkeiten einer filmischen Erinnerung an die Shoah bleibt von Lanzmanns Film unberührt.

Die Reihe Nach Shoah bringt Filme zusammen, die im Bewusstsein der ästhetischen, ethischen und erinnerungspolitischen Positionen, für die Claude Lanzmann und sein Film stehen, entstanden sind. Sie folgen deren Ideen nicht widerspruchslos. Manche Filme scheinen sich sogar ausdrücklich für andere Darstellungsformen entschieden zu haben. Gemeinsam ist ihnen jedoch ein reflexives Moment, das auf moderne Formen des Darstellens und Erzählens rekurriert. Aus Bildillustrationen werden Bildbefragungen, die Entstehungskontexte recherchieren, verschiedene Lesarten unterbreiten, zu Re-Lektüren einladen. Statt allwissender Kommentatoren sind die Stimmen von Zeitzeug*innen zu hören, deren Erinnerungsvermögen an Grenzen stößt, von Nachgeborenen, in denen Traumata weitergetragen werden, von Expert*innen, die um die Lücken ihrer Forschung wissen. Es sind „vorläufige Filme“, die aus Untersuchungen resultieren und einen Wissensstand festhalten, den weitere Recherchen und Filme revidieren werden.

Die von Stephan Ahrens, Chris Wahl und Lea Wohl von Haselberg kuratierte Retrospektive Nach Shoah, die die Ausstellung Gewalt ausstellen. Erste Ausstellungen zur NS-Besatzung in Europa, 1945-1948 begleitet, ist eine Kooperation des Zeughauskinos mit dem Dokumentationszentrum Zweiter Weltkrieg und deutsche Besatzung in Europa und dem DFG-Langfristvorhaben Bilder, die Folgen haben – Eine Archäologie ikonischen Filmmaterials aus der NS-Zeit.