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Viele Dokumentarfilme, die unter der Regie von Róża Berger-Fiedler in der DDR entstanden, nehmen eine Sonderstellung ein. Damit sind zunächst die Themen, Personen und Ereignisse angesprochen, die die 1940 als Tochter polnischer Juden in Frankreich geborene Filmemacherin in den Mittelpunkt ihrer Arbeiten gerückt hat. Sei es die Biografie des ehemaligen Leiters des „Judenreferats“ der Dresdener Gestapo, der jahrzehntelang unbemerkt in der DDR gelebt hatte – jenem Land, das sich den Antifaschismus auf die Fahnen geschrieben und stets angeprangert hatte, dass ehemalige Nazis in der Bundesrepublik Karriere machten. Oder sei es Berger-Fiedlers ausgeprägtes Interesse für jüdisches Leben in Berlin, an das sie in den Achtzigerjahren in ihrem Film über den jüdischen Friedhof in Weißensee und ihre dort beerdigte Großmutter erinnerte. Die Themen und Personen, auf die sich die Filme dieser Werkschau konzentrieren, liegen quer zum Gros der ostdeutschen Dokumentarfilme ihrer Zeit.

Ungewöhnlich sind auch die Formen und Arbeitsweisen. In Berger-Fiedlers Filmen werden unterschiedliche Materialien zueinander in Beziehung gesetzt. Fotografische Aufnahmen treten neben filmische Bilder, historische neben aktuelle, Zitate aus Briefen, Akten und anderen Dokumenten neben Kommentare, welche die Filmemacherin oft selbst einspricht. Berger-Fiedlers Stimme ist in mehreren Filmen präsent. Das ist keine bloß formale Entscheidung, sondern Ausdruck einer Nähe, die das Verhältnis Berger-Fiedlers zu historischen Themen und den von ihr portraitierten Personen auszeichnet: eine erfolgreiche Hochschullehrerin, bei der Róża Berger-Fiedler einst studiert hatte; eine leidenschaftliche Politikerin, die sich in Briefen mit ihrem Geliebten ihrer Gefühle, Lebensentwürfe und politischen Ideale vergewissert; eine unkonventionelle Bürgermeisterin, die sich im Kreis ihrer männlichen Kollegen behauptet und für einen anderen Politikstil eintritt.

Berger-Fiedlers ungewöhnliche Dokumentarfilme waren in den letzten Jahren Bestandteil von Retrospektiven, die den künstlerischen Beitrag von Frauen zur deutschen Dokumentarfilmgeschichte und zur filmischen Selbstbestimmung und Gleichberechtigung neu in den Blick genommen haben. Im Zeughauskino laden wir dazu ein, sich auf das Filmschaffen von Róża Berger-Fiedler zu konzentrieren und sechs bemerkenswerte Arbeiten (wieder) zu sehen. Wir freuen uns, dass die Filmemacherin bei allen Veranstaltungen unser Gast sein wird, um gemeinsam mit uns über ihr Werk zu sprechen.

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