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In den letzten zehn Jahren ist in Polen eine Generation von Regisseurinnen ins Rampenlicht getreten, die sich mit Filmen ganz eigener Art einen Namen gemacht haben. Die Anzahl der nationalen und internationalen Auszeichnungen, die sie gewonnen haben – darunter Preise bei den Filmfestivals in Venedig und Berlin – sprechen für sich. Geboren zwischen 1973 und 1984, haben Anna Jadowska, Anna Kazejak, Elwira Niewiera, Katarzyna Rosłaniec, Jagoda Szelc, Agnieszka Smoczyńska, Małgorzata Szumowska und Anna Zamecka das polnische Kino der Gegenwart mitgeprägt und zum Teil neu erfunden: mit Spiel- und Dokumentarfilmen, mit Familiendramen, Thrillern, Kammerspielen und Grenzgängern, die sich einer Genrezuordnung bewusst entziehen. Ihre Filme sind spannend und geheimnisvoll, entschlossen, engagiert, unorthodox, witzig und hintergründig.

Sie sind nicht allein in der Geschichte des polnischen Films. Weithin berühmt ist Agnieszka Holland, im Dokumentar- und Animationsfilm haben Jolanta Dylewska oder Izabela Plucińska einen exzellenten Ruf. Neben wunderbaren Schauspielerinnen sind Frauen auch als Produzentinnen, Ausstatterinnen, Kamerafrauen und Cutterinnen im polnischen Film omnipräsent. Dazu kommen Visagistinnen, Szenenbildnerinnen und Kostümdesignerinnen. Heute arbeiten Frauen in vielen kreativen Bereichen der Filmbranche, beispielsweise Teoniki Rożynek als Filmkomponistin, Milena Fiedler und Weronika Bilska als Kamerafrauen oder Ewa Puszczyńska und Izabela Kiszka-Hoflik als Produzentinnen.

Die Gleichberechtigung ist ein wichtiges Thema in den Debatten über das Filmgeschäft. Das gilt ebenso für Missbrauch und Mobbing und die Arbeitsbedingungen im Film- und Theaterbereich im Allgemeinen. Inzwischen sind in Polen einige tausend Frauen aus allen Bereichen der Film- und TV-Branche in der informellen Initiative „Kobiety filmu“ (Filmfrauen) versammelt. 2018 forderte diese beim Polnischen Filmfestival in Gdynia in einer „Deklaration zur Geschlechtergerechtigkeit in der Filmbranche“ eine stärkere Beteiligung von Frauen im Filmbusiness.

Auch fünf Jahre später ist der Weg bis zur Geschlechterparität noch weit. Doch es geht voran: Das Festival in Gdynia bekam kürzlich mit Joanna Lapińska zum ersten Mal eine künstlerische Direktorin und das Krakauer Festival OFF CAMERA verleiht seit Mai 2023 den „Female Voice Award“ für herausragende, mutige Filmfrauen – neben Regie auch in den Sparten Produktion, Drehbuch und Kamera.

Unsere im Rahmen des Festivals filmPOLSKA stattfindende Reihe von acht Filmen aus den Jahren 2012 bis 2017, die unter der Regie von Frauen entstanden, zeigt vor allem eines: Das polnische Kino ist vielfältig, kritisch und aufregend – dank seiner von Frauen inszenierten und dokumentierten Geschichten. (Rainer Mende)

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