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Die Vorführung mancher Filme, die während des „Dritten Reichs“ entstanden sind, ist nur unter Vorbehalt möglich. Diese sogenannten Vorbehaltsfilme dürfen zwar gezeigt, sie müssen aber eingeführt und mit dem Publikum diskutiert werden. Ihre Vorführung soll der Aufklärung über den Nationalsozialismus dienen. Zum Korpus der Vorbehaltsfilme gehören über 40 abendfüllende Produktionen. Darunter finden sich Spielfilme wie Jud Süß oder Hitlerjunge Quex – Filme, von denen immer wieder die Rede ist, wenngleich sie kaum jemand gesehen hat. Die meisten Vorbehaltsfilme sind jedoch vollkommen unbekannt. Die Reihe UNTER VORBEHALT, die in unregelmäßiger Folge alle Vorbehaltsfilme vorstellen und diskutieren wird, möchte unter anderem dazu beitragen, das Reden über das Kino des „Dritten Reichs“ von diesen blinden Flecken der Diskussion zu befreien. Dabei wird auch die Frage eine Rolle spielen, wie wir mit dem filmischen Erbe des Nationalsozialismus umgehen möchten – und wer dieses „wir“ ist.

Mit den Vorführungen von Karl Hartls Spielfilm Ritt in die Freiheit aus dem Jahr 1937 und Felix Moellers aktueller Dokumentation Verbotene Filme endet Anfang August die Filmreihe UNTER VORBEHALT. Seit dem September 2011 präsentierte sie über vierzig Propagandafilme aus der Zeit des Nationalsozialismus, darunter raffiniert konstruierte, immer noch wirkungsvolle Hetzfilme, nicht selten aber auch plumpes Polithandwerk, eindimensionales, durchsichtiges NS-Kino, uninspiriert, misslungen, langweilig. Als historische Quellen sind diese Filme –ob handwerklich misslungen oder propagandistisch noch wirksam – von unschätzbarem Wert. Sie geben uns Auskunft über die oft mühsame, gelegentlich widersprüchliche und stets politisch-militärischen Überlegungen unterworfene Ideologieproduktion im Kino des „Dritten Reichs“. Dass nicht wenige dieser Filme mit Umkehrungen der realen Verhältnisse arbeiten und dem Gegner Absichten, Wünsche und Handlungen unterstellen, die in Wirklichkeit Absichten, Wünsche und Handlungen der Nationalsozialisten selbst sind, gehörte zu den besonders irritierenden Filmerfahrungen dieser Reihe. Aber auch schon einfache inszenatorische Entscheidungen wie die Ausstattung von Räumen mit Hitler-Porträts oder die Berücksichtigung des alltäglichen Hitlergrußes erinnerten ganz augenfällig an die Zeit, der die Vorbehaltsfilme entstammen und die im Gros des NS-Unterhaltungskinos auf den ersten, vordergründigen Blick wie ausgetilgt erscheint.

Wie mit diesem filmischen Erbe umgehen? Wir haben diese Frage, die nicht summarisch sondern nur von Fall zu Fall beantwortet werden kann, immer wieder diskutiert. In einigen Fällen scheint wenig gegen eine vollkommene Freigabe zu sprechen. Die Diskussion der komplexeren Filme mit ambivalenten Figuren, mit beliebten Stars und beeindruckenden Schauwerten verläuft jedoch nach wie vor kontroverser – nicht nur im Zeughauskino sondern auch in einer breiteren Öffentlichkeit, wo die Auseinandersetzung mit den Propagandafilmen der NS-Zeit angekommen ist und hoffentlich weiterhin stattfinden wird.

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