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Bereits 1953 formulierte der documenta-Initiator Arnold Bode in seinem Masterplan für die Weltausstellung der zeitgenössischen Kunst in Kassel den Anspruch, dass die „entscheidenden in- und ausländischen Filme“ des jeweiligen Jahrgangs integraler Bestandteil der Programmauswahl sein sollen. In seitdem 14 documenta-Ausgaben wurde dieser Forderung bemerkenswerterweise kaum nachgekommen. Unter Ausschluss des zeitgenössischen Spielfilms der 1950er Jahre war schon das Kinoprogramm im Rahmen der ersten Ausstellung 1955 in weiten Teilen retrospektiv orientiert und präsentierte zum Beispiel sozialkritische Klassiker aus den Vorkriegsjahren; der Fokus vieler folgender Reihen blieb ebenfalls auf Vergangenem.

Die documenta-Retrospektiven, oft mehrere pro Jahrgang, fanden meist im Kasseler Gloria-Kino statt und präsentierten thematische Auswahlen, die aus dem ganzen Spektrum der Kinogeschichte schöpften. Neben Kunstfilmen im engeren Sinne, wurden im Kontext der Weltausstellung auch Genreware, Pornographie und Animationsarbeiten zur Aufführung gebracht, kanonisierte Standards genauso wie Randständiges und mittlerweile völlig Vergessenes.

Auf ein übergreifendes Konzept, wie es Bode initial für die Kunstausstellung formuliert hatte, lassen sich diese Programme nicht reduzieren. Abseits verstetigter kuratorischer Ansprüche und organisatorischer Abläufe, wurde den jahrgangsweise wechselnden Programmverantwortlichen weitestgehende Freiheit eingeräumt, ihre eigene Sicht auf die Kinohistorie zu präsentieren.

Trotz der überwiegend sehr ambitionierten Zusammenstellungen spielte der Film jenseits von Installationskunst in fast 60 Jahren documenta-Geschichte eine eher marginale Rolle, was sich auch in einer prekären Archivsituation niederschlägt. Für einige Jahrgänge ist nicht mehr zweifelsfrei zu rekonstruieren, welche Werke tatsächlich liefen, oft beschränkt sich das verfügbare Material auf karge Faltblätter und selbst in neueren Ausgaben wurden Kinoprogramme nicht im offiziellen Ausstellungskatalog geführt.

Die in Zusammenarbeit mit Christian Lenz kuratierte ausstellungsbegleitende Reihe die documenta und der film folgt entlang ausgewählter Programme einer Passage durch die vergessene filmkuratorische Arbeit unter dem documenta-Banner und lädt dazu ein, die spannende Vielfalt der Konzepte und Filme im Kontext der Weltausstellung wiederzuentdecken.

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