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Die erste deutsche Demokratie fand ihr Ende durch den Zusammenbruch des parlamentarischen Systems und die Machtübertragung an die Nationalsozialisten unter Adolf Hitler. Vor diesem Hintergrund haben Historikerinnen und Historiker die Weimarer Republik oft als einen Fehlschlag der Demokratie beschrieben. Heute wird die Weimarer Republik aber auch als „Laboratorium der Moderne“ bezeichnet, in dem sowohl positive als auch negative Aspekte einer modernen demokratischen Gesellschaft zum Tragen kamen. 

  1. Revolution Schwere Anfänge Hyperinflation Parteien Antisemitismus Goldene und elende Zwanziger Präsidialkabinette Unterrichtsmaterial

Meuterei und Revolution

Im Oktober 1918 war Deutschland militärisch am Ende. Die Niederlage im Ersten Weltkrieg stand kurz bevor. Soldaten und Bevölkerung waren kriegsmüde. In dieser Situation kam es zur Revolution. Im folgenden interaktiven Video kannst du mehr über die Revolution im November 1918 erfahren, die den Kaiser zur Abdankung zwang und am Anfang der ersten Demokratie in Deutschland stand.

Schwere Anfänge

Die Jahre 1919 bis 1923 gelten heute als eine Zeit der Krise und der Bewährung für die erste deutsche Demokratie. 1919 beschloss die Nationalversammlung eine demokratische Verfassung, doch die junge Republik kam in ihren ersten Jahren nicht zur Ruhe. 1920 scheiterte der rechtsgerichtete Lüttwitz-Kapp-Putsch am Widerstand von Arbeiterschaft und Regierungsbehörden. Rechte Terroristen ermordeten prominente Politikerinnen und Politiker der Republik und schufen ein Klima der Angst. Im Krisenjahr 1923 stand die junge Demokratie vor dem Scheitern. Der französische Einmarsch ins Ruhrgebiet, Putschversuche von rechts und links und eine traumatisierende Hyperinflation lähmten das Land – mit fatalen Spätfolgen.

Wenige Wochen nach der Ausrufung der Republik wählten die Deutschen im Januar 1919 eine Nationalversammlung. Erstmals konnten auch Frauen wählen und kandidieren. Die Nationalversammlung sollte eine neue Verfassung erarbeiten. Sie tagte fernab der Hauptstadt Berlin, die von revolutionären Kämpfen erschüttert wurde. Der Tagungsort, das thüringische Weimar, gab der Republik später ihren Namen „Weimarer Republik“. 

Demokratisch verfasst

Nach 1945 sahen viele in der Verfassung der Weimarer Republik einen Hauptgrund für den Untergang der ersten deutschen Demokratie: Sie sei das Produkt einer gescheiterten Revolution gewesen. Ihr Charakter als Kompromiss zwischen Linken und Rechten habe die Bürgerinnen und Bürger nicht für die Republik begeistern können. Mängel, wie die zu starke Stellung des Reichspräsidenten, hätten zum Scheitern der Weimarer Republik beigetragen und den Aufstieg der Nationalsozialisten befördert. Heute werden auch die fortschrittlichen Elemente der Weimarer Verfassung betont, wie die Festschreibung der Meinungs- und Gewissensfreiheit, Gewaltenteilung und die Verankerung sozialer Rechte.

1949 formulierten in der Bundesrepublik die Mütter und Väter des Grundgesetzes erneut eine demokratische Verfassung. Sie nahmen sich die Verfassung von 1919 als Vorbild, zogen aber auch ihre Lehren daraus. In der folgenden Aufgabe kannst du prüfen, ob du die beiden Verfassungen unterscheiden kannst.

Ordne die Auszüge aus den Artikeln der jeweiligen Verfassung zu. 

Ungeliebter Friede

Noch während die Nationalversammlung in Weimar die Verfassung beriet, trat in Paris eine internationale Friedenskonferenz zusammen. Sie sollte eine stabile Ordnung in Europa nach dem Ersten Weltkrieg schaffen. Ergebnis war ein Friedensvertrag, der Deutschland harte Bedingungen auferlegte. Er wurde später nach dem Ort seiner Unterzeichnung „Versailler Vertrag“ genannt. In Deutschland wurde der Vertrag als zutiefst ungerecht und demütigend empfunden. Politikerinnen und Politiker aller Parteien lehnten ihn ab. Trotzdem unterzeichnete Deutschland den Vertrag am 28. Juni 1919, um eine Fortsetzung des Krieges zu verhindern. Der Versailler Vertrag belastete die Politik während des gesamten Bestehens der Weimarer Republik. Bis 1933 benutzten ihn Gegnerinnen und Gegner der Republik als politisches Kampfmittel gegen die parlamentarische Demokratie und ihre Vertreterinnen und Vertreter.

„Epidemie der Angst“

Im Sommer des Jahres 1922 fiel der Kurs der Reichsmark ins Bodenlose. Dadurch verteuerten sich Waren und Güter in atemberaubendem Tempo. 1923 stieg die Inflationsrate auf 50 %. Anfang November kostete ein Brot auf dem Schwarzmarkt über fünf Milliarden Reichsmark. Die deutsche Währung wurde im In- und Ausland nicht mehr als Zahlungsmittel akzeptiert. Am Ende der Krise, die wir heute als Hyperinflation bezeichnen, hatte die Reichsmark ihre Funktion als Tauschmedium und Wertspeicher verloren. 
Beendet wurde die Hyperinflation durch die Einführung der Rentenmark Mitte November 1923. Doch die rasende Geldentwertung hatte das Vertrauen vieler Deutscher in Wirtschaft und Politik der Weimarer Republik erschüttert. Sie machten die junge Demokratie und ihre Vertreterinnen und Vertreter für Chaos und Elend verantwortlich. Die Erfahrung der Hyperinflation wirkt in der deutschen Gesellschaft bis heute nach. 
 

Parteien als Träger und Gegner der Demokratie

Die politischen Parteien waren sowohl Trägerinnen als auch Gegnerinnen der Demokratie von Weimar. In ihnen sammelten sich die Anhängerinnen und Anhänger der verschiedenen politischen Richtungen. Durch häufig wechselnde Koalitionen stellten und stürzten sie Regierungen. Die von den Parteien im Reichstag ausgehandelten Kompromisse und Gesetze prägten bis 1929 das Gesicht der Weimarer Republik. 
 

Nachdem du die Grundausrichtung der verschiedenen Parteien kennen gelernt hast, ordne im folgenden Memory die Parteien den Ausschnitten aus ihren Wahlplakaten zu.

Streit um Farben und Flaggen


Die von den Parteien verwendete Symbolik machte nicht nur die politische Ausrichtung nach links oder rechts deutlich. Sie gab auch Auskunft über die grundsätzliche Haltung gegenüber der parlamentarischen Demokratie. Diese war unmittelbar durch die Verwendung bestimmter Farben und Flaggen erkennbar.


Antisemitismus

Die Verfassung der Weimarer Republik garantierte der jüdischen Bevölkerung die rechtliche Gleichstellung. Für alle deutschen Bürgerinnen und Bürger galt die volle Glaubens- und Gewissensfreiheit und das Recht auf ungestörte Religionsausübung. Jüdinnen und Juden waren ein fester, erfolgreicher und selbstbewusster Bestandteil der deutschen Gesellschaft. Die jüdische Religion war seit 1919 neben den zwei christlichen Konfessionen offiziell als gleichberechtigte Religionsgemeinschaft anerkannt.

Trotz des hohen Grades an Integration waren die deutschen Jüdinnen und Juden in der Weimarer Republik massiven Verleumdungen und hasserfüllter Propaganda ausgesetzt. Antisemitinnen und Antisemiten verübten immer wieder Gewalt gegen Jüdinnen und Juden und deren Einrichtungen. Rechte Terroristen ermordeten jüdische Politikerinnen und Politiker. Die Feinde der Weimarer Demokratie, die sich in ultrakonservativen, nationalistischen und militaristischen Parteien, Verbänden und Geheimbünden zusammenfanden, hatten „das Judentum“ als gemeinsames Feindbild. Sie bezeichneten die von ihnen verhasste Weimarer Republik verächtlich als „Judenrepublik“.

Nach dem Ersten Weltkrieg wurde von hochrangigen Militärs und rechtskonservativen Politikern die sogenannte Dolchstoßlegende verbreitet. Sie besagte, dass Deutschland den Krieg nicht verloren hätte, wenn die deutschen Soldaten nicht von einer Verschwörung in der deutschen Gesellschaft verraten worden wären. Die Dolchstoßlegende war sehr populär in weiten Teilen der deutschen Gesellschaft. Sie stellt eine Erklärung für die Niederlage im Krieg und die mit ihr verbunden Opfer dar. Postkarten, wie die hier abgebildete, trugen zur Verbreitung der Dolchstoßlegende bei.

Goldene und elende Zwanziger

Ab 1924 erlebte die Weimarer Republik eine Phase relativer politischer Stabilität und wirtschaftlichen Aufschwungs. Investitionen und Kredite aus dem Ausland ließen die Wirtschaft wachsen. Verkürzte Arbeitszeiten und höhere Löhne brachten eine neue Freizeit- und Jugendkultur hervor. Neue Formen der Unterhaltung wie Kino, Rundfunk und Sportveranstaltungen eroberten ein Massenpublikum. Diese kurze Blütezeit der Republik zwischen 1924 und 1929 bekam später den Namen „Goldene Zwanzigerjahre“. Sie prägt unser Bild der Weimarer Republik bis heute.

Die Zwanzigerjahre waren von einer außergewöhnlichen Kreativität und Experimentierfreude auf vielen Gebieten des gesellschaftlichen Lebens geprägt. Vor allem in Großstädten wie Berlin entfaltete sich eine fast fieberhafte Aktivität und Produktivität. Persönlichkeiten aus Kunst, Kultur, Literatur und Politik erlangten einen hohen Bekanntheitsgrad. Ihre Werke, Thesen und Leistungen fanden national und international Anerkennung.

Die Weimarer Republik wird heute in Fernsehserien, Büchern und Filmen oft als chaotische, aber aufregende Zeit voller ausschweifender Partys und spektakulärer Revuen dargestellt. Ein großer Teil der Deutschen erlebte diese Zeit jedoch anders. Für sie war die Weimarer Republik weder golden noch besonders fröhlich. Die Folgen des verlorenen Krieges, wirtschaftliche und politische Unsicherheit und zwei große Wirtschaftskrisen prägten ihren Alltag. Armut, Arbeitslosigkeit und Hunger blieben während der Weimarer Republik eine ständige Bedrohung für große Teile der deutschen Bevölkerung. 

Ende Oktober 1929 brachen die Aktienkurse an der New Yorker Börse zusammen. Der Crash der US-Börse war der Auftakt einer weltweiten Wirtschaftskrise bisher unbekannten Ausmaßes. Die deutsche Wirtschaft, die besonders vom Export und von Krediten aus den USA abhing, war direkt betroffen. Millionen Deutsche verloren in kürzester Zeit ihre Arbeit. Massenarmut und die Verelendung großer Bevölkerungsschichten waren die Folgen. Der Staat reagierte unter Reichskanzler Brüning mit immer härteren Sparmaßnahmen, die das Leid der Menschen weiter verschlimmerten.
Rechte Kräfte unter der Führung von Reichspräsident Hindenburg nutzten die Krise, um das Parlament zu entmachten und eine Präsidialdiktatur einzuführen. 
 

Unter dem Eindruck der Wirtschaftskrise und von Armut und Elend verbittert, wandten sich immer mehr Wählerinnen und Wähler extremen Parteien zu. Vor allem die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP) profitierte davon. Bei den Reichstagswahlen 1930 stieg sie von einer unbedeutenden Splitterpartei zur zweitstärksten politischen Kraft im Reichstag auf. Damit war die Grundlage für die Machtübertragung an die Nationalsozialisten und für den Untergang der Weimarer Republik geschaffen. Mit der Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler durch Reichspräsident Hindenburg begann der Weg in die nationalsozialistische Diktatur in Deutschland.