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Als im Herbst 2021 die Amtszeit von Bundeskanzlerin Angela Merkel endete, endete auch für Herlinde Koelbl ein weltweit einzigartiges Projekt. Drei Jahrzehnte hat die Künstlerin und Fotografin eine der mächtigsten Politikerinnen der Welt regelmäßig mit der Kamera portraitiert. Die erste Aufnahme entstand 1991: Damals war Merkel gerade Bundesministerin für Frauen und Jugend im Kabinett von Helmut Kohl geworden. Das letzte Portrait stammt von 2021: In diesem Jahr endete Merkels sechszehnjährige Amtszeit als Bundeskanzlerin.

In ungewöhnlich ruhigen und intimen Großaufnahmen hat Herlinde Koelbl das Bild einer Politikerin eingefangen, die zunehmend in den Medien präsent ist. Keine Machtsymbole verstellen den Blick oder lenken von der Portraitierten ab. Vorauszusehen war Merkels Aufstieg nicht. In der Bundesrepublik besetzten bis dahin nur Männer die Ämter des Kanzlers, Bundespräsidenten oder Außen-ministers. Auch vor 1949 waren sämtliche staatlichen Führungspositionen in männlicher Hand gewesen. In der deutschen Geschichte war sie die erste Regierungschefin.

Mit der Ausstellung „Herlinde Koelbl. Angela Merkel Portraits 1991-2021” lädt das Deutsche Historische Museum vom 29. April bis zum 4. September 2022 dazu ein, die Stationen von Merkels politischer Karriere bis zum Ende ihrer Zeit als erste deutsche Bundeskanzlerin fotografisch nachzuverfolgen. Von keinem anderen Politiker und keiner anderen Politikerin existiert eine ähnlich umfassende Langzeitserie, die einen vergleichbaren internationalen Aufstieg begleitet. Es handelt sich daher um Nahaufnahmen einer physischen und psychischen Verwandlung und zugleich um das Protokoll einer ungewöhnlichen Begegnung.

Raphael Gross, Präsident der Stiftung Deutsches Historisches Museum: „Als historisches Museum interessiert uns an dieser erstaunlichen Langzeitserie ganz besonders, dass es keine vergleichbare weibliche Führungspersönlichkeit in der deutschen Geschichte und Politik gegeben hat. Mit Angela Merkel treffen unsere Besucherinnen und Besucher auf eine deutsche Politikerin, deren Weg beispiellos ist. Herlinde Koelbl ist es gelungen, dies in ihren Aufnahmen auf einzigartige Weise einzufangen.”

Herlinde Koelbl, Fotokünstlerin und Kuratorin der Ausstellung: „Angela Merkels Kraft und ihre Eigenwilligkeit fielen mir auf, deshalb habe ich sie 1991 für meine fotografische Langzeitstudie ausgewählt. Ich habe sie immer nach einem klaren Konzept fotografiert: Kopf, sitzend, stehend. Es gab auch keine Anweisungen meinerseits, außer: Schauen Sie mich mit einem offenen Blick an. Diese Begegnungen waren immer etwas Besonderes. Auch bei großem Stress hat sie die Termine immer gehalten. Vielleicht hat sie als Wissenschaftlerin die Dokumentation ihrer eigenen Veränderung auch als Experiment gesehen.”
Die rund 60 Portraitaufnahmen werden ergänzt um prägnante Zitate Merkels, Audiostationen und eine Videocollage mit Ausschnitten aus Interviews, die Herlinde Koelbl von 1991 bis 1998 mit Angela Merkel geführt hat. Die Antworten auf die jährliche Frage „Was haben Sie gelernt?” zeugen von Merkels Entwicklungsprozess im männlich dominierten Politikbetrieb der neunziger Jahre.

Bereits 1999 zeigte das DHM die Fotoausstellung „Spuren der Macht“, für die Herlinde Koelbl von 1991 bis 1998 fünfzehn Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft und Medien wiederholt portraitiert hatte. Mit Angela Merkel führte Koelbl die Zusammenarbeit fort. Das Ergebnis setzt sich zu einer dreißigjährigen Chronik der „Epoche Angela Merkel” zusammen.

Die Ausstellung bietet einen barrierefreien Zugang. Der gleichnamige Bildband „Herlinde Koelbl. Angela Merkel. Portraits 1991–2021” ist im Taschen Verlag erschienen.

Herlinde Koelbl ist eine der renommiertesten deutschen Fotokünstlerinnen. Ihr umfassendes Werk zeichnet sich vor allem durch fotografische Langzeitprojekte aus, oft ergänzt von tiefergehenden Gesprächen und Videoaufnahmen.