DER LUTHEREFFEKT IM ÖSTLICHEN EUROPA
GESCHICHTE, KULTUR, ERINNERUNG
Internationale wissenschaftliche Tagung vom 8. bis 10 März 2016
Der "Luthereffekt" erfasste im 16. Jahrhundert Polen, Böhmen oder Ungarn mit ähnlicher Heftigkeit wie die Zentren der Reformation im heutigen Deutschland. Die Konferenz richtet den Fokus auf Auswirkungen und Wechselwirkungen der lutherischen Lehre im östlichen Europa und steuert damit einen zentralen Beitrag zum Themenjahr 2016 des Reformationsjubiläums "Reformation und die eine Welt" bei.
Die Formierungsphase der reformatorischen Konfessionskirchen dauerte im östlichen Europa länger als im Reich. Die Ausbreitung der lutherischen Lehre erfolgte nicht selten in Konkurrenz zu anderen protestantischen Strömungen; dabei spielte der Zusammenhang zwischen Religion und Nation eine besondere Rolle. Der zeitliche Bogen der Tagung setzt im 16. Jahrhundert an und reicht bis in die Gegenwart; um die heute noch manifesten Folgen der Reformation beispielsweise in Polen oder auf dem Gebiet des heutigen Rumänien zu verdeutlichen. Neben der Ereignisgeschichte stehen die mediale Vermittlung reformatorischen Gedankenguts in Wort und Schrift, Kunst und Architektur sowie der Umgang mit diesem kulturellen Erbe im Zentrum des Interesses. Berücksichtigt werden dabei unterschiedliche konfessionelle, ethnische und kulturelle Kontexte.
Die Konferenz weist damit über die "Wittenberger Reformation" im engeren Sinn hinaus und rückt die Spezifika der Reformationsbewegungen im östlichen Europa in den Blick.
Eine internationale Tagung des Deutschen Historischen Museums und des Bundesinstituts für Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa, Oldenburg, in Verbindung mit der Universtät Wroclaw, der Universität Stuttgart und der Technischen Universität Berlin.
Termin
8.–10. März 2016
Ort
Zeughauskino, Deutsches Historisches Museum, Berlin
Anmeldung und Information
Die Teilnahme ist kostenfrei. Um Anmeldung bis zum 4. März 2016 wird gebeten unter tagungsbuero@dhm.de.
PROGRAMM
8. März 2016
18.00 Uhr
Eröffnung der Konferenz
Alexander Koch, Deutsches Historisches Museum
Matthias Weber, Bundesinstitut für Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa, Oldenburg
18.15 Uhr
Eröffnungsvortrag
Die Rezeption der lutherischen Reformation in Ostmitteleuropa
Winfried Eberhard (Leipzig)
Moderation: Joachim Bahlcke (Stuttgart)
9. März 2016
9.00–11.45 Uhr
Sektion 1
Der reformatorische Aufbruch im östlichen Europa – Konkurrenz und Toleranz
Sektionsleitung: Thomas Wünsch (Passau)
Koexistenz und Religionsfrieden in Ostmitteleuropa
Matthias Weber (Oldenburg)
Luther als Bezugsgröße der siebenbürgischen Reformierten und Unitarier im 16. und 17. Jahrhundert
Edit Szegedi (Klausenburg/Cluj-Napoca)
Wider Luthers "Satanismus". Katholische Reform und lutherische Reformation in Ostmitteleuropa
Kolja Lichy (Gießen)
11.15–11.45 Uhr
Kaffeepause
11.45–13.15
Sektion 2
"Die deutsche Religion"? Zum Verhältnis von Nation und Konfession
Sektionsleitung: Detlef Haberland (Oldenburg)
Die Lutheraner in Polen-Litauen im 17. und 18. Jahrhundert. Nationale Zuschreibungen und kulturelle Positionierung
Hans-Jürgen Bömelburg (Gießen)
Konkurrenten und/oder Verbündete: Die wechselseitigen Rollen der Lutheraner und Reformierten im Königreich Ungarn im 17.–18. Jahrhundert
Eva Kowalska (Pressburg/Bratislava)
13.15–14.30 Uhr
Mittagspause
14.30–18.00 Uhr
Sektion 3
Vermittlung und Kommunikation I: Sprache und Literatur
Sektionsleitung: Konrad Gündisch (München)
Reformation im Hanseraum: Kaufleute, Bücher und Sanktionen
Anja Rasche (Speyer/Lübeck):
Bücherschmuggel. Die Versorgung ostmitteleuropäischer Protestanten mit Bibeln, Gesangbüchern und lutherischen Erbauungsschriften seit der Zeit der Gegenreformation
Joachim Bahlcke (Stuttgart)
16.00–16.30 Uhr
Kaffeepause
Das Ende oder der Anfang der Reformation? Reaktion auf das Augsburger Interim in Polen
Maciej Ptaszyński (Warschau/Warszawa)
Die lutherischen Exulanten aus Österreich auf ungarischem Boden, ihre Vorhaben und Integrationsversuche (Anfang des 17. Jahrhunderts)
Peter Ötvös (Szeged)
18.30-19.30 Uhr
Musikalische Soiree – Polnische, litauische und deutsche Lieder und Psalmen der Reformationszeit
Ausführende: "The Schoole of Night"
Maria Skiba, Sopran – Irene Klein, Viola da Gamba – Frank Pschichholz, Renaissancelaute und künstlerische Leitung
Veranstaltet vom Deutschen Kulturforum östliches Europa (Potsdam)
10. März 2016
9.00–12.30 Uhr
Sektion 4
Vermittlung und Kommunikation II: Architektur und visuelle Medien
Sektionsleitung: Aleksandra Lipińska (Berlin)
Illustrierte Bibeln und Katechismen im Polen des 16. Jahrhunderts: getrennte und gemeinsame Wege der christlichen Ikonographie nach der Reformation
Grażyna Jurkowlaniec (Warschau/Warszawa)
Übersetzungen – Reformatorischer Ideentransfer durch räumliche und visuelle Medien im östlichen Ostseeraum
Krista Kodres (Tallinn)
10.30-11.00 Uhr
Kaffeepause
Protestantischer Kirchenbau in Ostmitteleuropa
Jan Harasimowicz (Breslau/Wrocław):
Abgrenzung und Selbstvergewisserung. Zur Rolle vorreformatorischer Kirchenausstattungen in Siebenbürgen
Evelin Wetter (Riggisberg)
12.30–14.00 Uhr
Mittagspause
14.00–17.30 Uhr
Sektion 5
Erinnerung und Erinnerungsorte – Lutherrezeption seit dem 19. Jahrhundert
Sektionsleitung: Florian Kührer-Wielach (München)
Den Gedächtniskulturen auf der Spur: Das Lutherbild in Polen
Anna Mańko-Matysiak (Breslau/Wrocław)
Identitäten und transnationale Netzwerke. Lutheranische Gemeinden in Galizien (20. Jahrhundert)
Katrin Boeckh (München/Regensburg)
15.30–16.00 Uhr
Kaffeepause
Abgrenzung und Integration. Lutherische Traditionen und evangelisch-lutherische Kirchen in der Tschechoslowakei
Martin Zückert (München):
Die Friedenskirche in Jauer/Jawor – ein deutsch-polnischer Erinnerungsort
Małgorzata Balcer (Thorn/Toruń)
Projektpräsentation der Ausstellung "Der Luthereffekt. 500 Jahre Protestantismus in der Welt"
(Weitere Informationen zur Ausstellung)
Anne-Katrin Ziesak (DHM Berlin)
17.30–18.00 Uhr
Abschlussdiskussion