Kaiserreich und Erster Weltkrieg
1871–1918

Das Deutsche Reich entstand 1871 als konstitutionell-monarchischer Bundesstaat. Der preußische König Wilhelm I. wurde als Deutscher Kaiser Staatsoberhaupt. Bismarck versuchte als Reichskanzler, die außenpolitische Stellung des Reiches durch eine europäische Bündnispolitik zu sichern. Innenpolitisch strebte er an, das neue Reich durch eine autoritäre Staatsführung unter Wahrung des gesellschaftlichen Gleichgewichtes zu festigen.
Wilhelm II. wurde 1888 der neue Kaiser. Er förderte anfangs sozialpolitische Reformen, lehnte aber eine Demokratisierung des Kaiserreiches ab. Um die Jahrhundertwende erlaubte ein wirtschaftlicher Aufschwung Unternehmern und Bildungsbürgern den Aufstieg zu neuen Eliten, überdeckte jedoch große innenpolitische Konflikte. Versuche, die Arbeiterschaft und Sozialdemokratie in den Staat einzugliedern, scheiterten am Widerstand agrarischer, industrieller und bürgerlicher Interessen. Nationalismus, wirtschaftlicher Expansionsdrang und sozialer Unfriede erzeugten ein Klima, in dem Friede zunehmend als Einschränkung empfunden wurde.
1914 führten die machtpolitischen Gegensätze in Europa und der Rüstungswettlauf in den Ersten Weltkrieg.
Hoffnungen auf einen schnellen Sieg zerbrachen im Trommelfeuer des Stellungskriegs. 1918 kapitulierte Deutschland. Kaiser Wilhelm II. musste abdanken.

Friedrich August von Kaulbach, Germania, 1914.
Mit bloßem Schwert, wappengeschmücktem Schild, Harnisch und einer, der ottonischen Reichsinsignie nachempfundenen, Kaiserkrone verkörpert die Germania Deutschlands Kampfbereitschaft 1914. (Inv.Nr. 1988/82)

Rudolf Belling, Der Flieger, 1916.
Von 1915 bis 1918 war Belling in der Modellabteilung der Fliegertruppe Adlershof. Dort entstand diese Holzplastik, die in Eisen gegossen für besondere Verdienste in der Fliegertruppe verliehen wurde. (Inv.Nr. 1990/548) © VG Bild-Kunst

Franz von Lenbach, Fürst Otto von Bismarck (1815-1898), 1879-1894.
Das Porträt zeigt Reichskanzler Bismarck in der Pose des selbstbewussten und erfolgreichen Staatsmannes auf dem Höhepunkt seiner Macht. Von Lenbach sind über 80 Bildnisse Otto von Bismarcks bekannt. (Inv.Nr. 1990/761)

Mitgliedskarte: Mitgliedskarte des Evangelisch-Kirchlichen Frauen-Hilfsvereins für Frau Meta Möhrig; undatiert, um 1910.
Frauenvereine für gemeinnützige und karitative Zwecke waren Betätigungsfeld vor allem für bürgerliche Frauen. Sie entsprachen der Vorstellung einer Verpflichtung, sozialen Frieden durch soziales Engagement zu sichern. Wie dieser 1888 gegründete Hilfsverein standen viele unter Protektorat von Angehörigen der Kaiserfamilie. (Inv.Nr. Do 97/270)

Hochrad, um 1890.
Hochräder waren seit 1870 im Bürgertum sehr beliebt. Nach 1885 setzte sich das einfacher zu fahrende und damit sicherere Niederrad mit zwei gleich großen Rädern und Kettenantrieb übers Hinterrad durch. (Inv.Nr. Pro 60/35)

Überrock für Generaloberst im Range eines Generalfeldmarschalls, Preußen, 1878.
Während einer Kutschfahrt „Unter den Linden“ in Berlin wurde Kaiser Wilhelm I. von 30 Schrotkugeln getroffen. Zur Behandlung der Wunden in der Brust und am linken Arm schnitten Ärzte den Rock auf. Der psychisch kranke Attentäter, Dr. Karl Eduard von Nobiling, erschoss sich noch am Ort des Geschehens. (Inv.Nr. U 59/26.1, Hohenzollern-Museum)

Automobil „Maurer Union“, 1898/1908.
Die 1899 gegründete Motorfahrzeuge-Fabrik Maurer-Union in Nürnberg gehörte zu den frühen Fahrzeugherstellern. Der von ihr produzierte „Doktorwagen“ mit zwei Sitzen war speziell als Berufsgefährt für Ärzte gedacht. (Inv.Nr. Pro 54/68)

Josef Rolletschek, Die Vertriebenen, 1889.
Ein Gendarm überwacht den Weiterzug von Wanderarbeitern. Bevölkerungswachstum und Industrialisierung führten zu einer Arbeitsmigration großen Umfangs. Pässe und Arbeitsbücher mussten der örtlichen Polizei vorgelegt werden. (Inv.Nr. Kg 54/259)

Tragbare Medaille auf die Arbeiterschutzgesetzgebung 1890, 1890.
Die Arbeiterschutzbestimmungen von 1890 verboten u.a. industrielle Kinderarbeit, Nachtarbeit von Frauen und Sonntagsarbeit und beinhalteten Regelungen zur Höchstarbeitszeit. (Inv.Nr. N 84/42)

Peter Behrens, Wasserkessel, 1908 (Entwurf).
Dieser Wasserkessel gilt als ein Meilenstein in der Geschichte des modernen Designs. Für die AEG entwarf Behrens neuartige Alltagsgeräte wie Tauchsieder, Ventilatoren oder Waschmaschinen. (Inv.Nr. KG 99/164)

Robert Köhler, Der Streik, 1886.
Eine aufgebrachte Menge steht vor einem Fabrikherren. Die spannungsgeladene Situation kann jederzeit in Aggressivität umschlagen. Das Bild avancierte durch Reproduktionen zu einer Ikone der Arbeiterbewegung. (Inv.Nr. 1990/2920)

Johann Bauer, Gründerzeitzimmer: Buffet im Stil der Neorenaissance, um 1890.
Massige Möblierung, dunkle Vertäfelungen und aufwändig verzierte Ausstattungen kennzeichneten im Kaiserreich die Wohnkultur großer Teile des Bürgertums. Sie war Ausdruck eines pathetischen Materialismus. Wichtigste Kunden der Möbelschreinerei Bauer in Selb waren die dort ansässigen Porzellanindustriellen. (Inv.Nr. KG 2001/88)

Oskar Begas, Bankier Gerson Bleichröder (1822-1893), 1871.
Bleichröder war ab 1859 persönlicher Bankier Bismarcks und beriet diesen bei der Finanzierung des Krieges gegen Frankreich. Als ersten nicht getauften Juden erhob ihn Wilhelm I. in den erblichen Adelsstand. (Inv.Nr. Gm 2002/4)

Albert Bettannier, Die Geographie-Stunde oder „Der schwarze Fleck“, um 1887.
Elsass-Lothringen war der „schwarze Fleck“ Frankreichs. Die Abtretung des Gebietes an das Deutsche Reich 1871 verletzte die Franzosen zutiefst. Der Wunsch nach Revanche war in Frankreich allgegenwärtig. (Inv.Nr. Gm 98/39)

Braunschweiger Volksfreund, Protest-Pfeife vom 29. Oktober 1878, 29. Oktober 1878.
Mit dieser Pfeife drückte das sozialdemokratische Blatt „Braunschweiger Volksfreund“ seinen Widerstand gegen das Sozialistengesetz aus. Auf Grundlage des Gesetzes musste die Zeitung ihr Erscheinen einstellen. (Inv.Nr. AK 98/469)

Heinrich Braun, Zeitschrift „Die neue Gesellschaft“, 1907.
Das Ehepaar Braun gab „Die Neue Gesellschaft“ von 1905 bis 1907 heraus. Die Sozialdemokratin Lily Braun forderte vergeblich die Kooperation von proletarischer und bürgerlicher Frauenbewegung. (Inv.Nr. Do 56/1915)

Aktie der Duisburger Maschinenbau- Actien-Gesellschaft, 14.11.1872.
Vor 1871 wurden in Deutschland 235 Aktiengesellschaften gegründet, zwischen 1871 und 1890 waren es 3.000. Zu den kapitalträchtigsten zählten die Gesellschaften in den Bereichen Chemie, Bergbau und Maschinenbau. (Inv.Nr. Do 92/3)

Fritz Erler, Plakat zur 6. Kriegsanleihe, 1917.
Bei der Werbung für die 6. Anleihe entschied sich die Reichsbank für das Motiv nach dem Gemälde von Fritz Erler (1868-1940)., Dessen Soldat wurde zur Ikone des deutschen Weltkriegsplakats. (Inv.Nr. P 57/1438.4)

Wilkens, Modell des Luxusdampfers „Imperator“, 1912.
Der „Imperator“ lief 1912 in Hamburg als größtes Schiff der Welt vom Stapel. Taufpate war Kaiser Wilhelm II., auf den der Schiffsname Bezug nahm. Zur Erinnerung an den Festakt überreichte die „Hamburg-Amerika-Linie“ dem Kaiser dieses aufwendig gearbeitete Modell des Ozeandampfers. (Inv.Nr. Pro 64/53)

Turbinenfabrik, Großmontage, Berlin, Allgemeine Elektricitäts-Gesellschaft, AEG 1883/1908, Firmenschrift, Berlin, 1908.
(Inv.Nr. B 57/3610)

William Friedrich Georg Pape, Die kaiserliche Familie im Park zu Sanssouci: Wilhelm II., Deutscher Kaiser (1888-1918), die Kaiserin Auguste Viktoria und die fünf ältesten Prinzen, 1891.
Wilhelm II. präsentiert sich als junger Monarch vor dem Reiterstandbild Friedrichs des Großen. Der Kaiser sah sich in der Tradition seines in der Außenpolitik erfolgreichen und von ihm besonders verehrten Ahnherrn. (Inv.Nr. 1988/424)

Anton von Werner, „Der 70. Geburtstag des Kommerzienrates Valentin Manheimer“ (1815-1889), 1887.
Manheimer verkörpert die gelungene Emanzipation eines Berliner Juden im Kaiserreich und den beachtlichen Beitrag, den viele von ihnen als Unternehmer leisteten. Er kam 1836 nach Berlin und erlangte als Textilfabrikant Reichtum und Ansehen. (Inv.Nr. 1991/1848)