Rekonstruktion: Filmland Rumänien IV
26. Februar bis 30. März 2019
Über vier Jahre sind vergangen, seit sich das Zeughauskino das letzte Mal dem
rumänischen Film zugewandt hat. Seitdem ist die Welle aufregender Filme aus
Rumänien nicht verebbt. Im Gegenteil: die rumänische Kinematografie ist
vielfältiger geworden, und neben die Regisseure des ersten Aufbruchs, deren Filme
nach wie vor auf den großen internationalen Festivals uraufgeführt und
ausgezeichnet werden, sind neue Filmemacherinnen und Filmemacher getreten.
Unverändert ist allerdings auch die eingeschränkte Sichtbarkeit des rumänischen
Films, von dessen Reichtum, Originalität und Vitalität sich hierzulande kein
größeres Bild gewinnen lässt. Rekonstruktion: Filmland Rumänien versammelt
deshalb außergewöhnliche Produktionen der letzten vier Jahre und lädt dazu ein,
die in den ersten drei Ausgaben der Reihe begonnenen Werk-, Stil- und
Motivgeschichten fortzuschreiben.
Filmland Rumänien IV bringt die beiden Fußballfilme Corneliu Porumboius, die
Gedanken- und Stilexperimente eines großen Spielstrategen, mit dem 2015
entstandenen Spielfilm Comoara des Regisseurs zusammen, dessen utopisches
Ende einen neuen Spielzug einführt. Radu Jude ist mit vier Filmen vertreten, die
einen für die rumänische Gegenwartskultur bedeutsamen Stellungswechsel
ausführen: Vom historischen Western Aferim! führt eine konsequente
Auseinandersetzung zum „period piece" des aufkommenden Faschismus (Scarred
Hearts – Vernarbte Herzen), seinen historischen Dokumenten (The Dead Nation)
und den Reenactments einer jungen Theaterregisseurin, die den offiziell gefeierten
nationalen Mythos mit den verdrängten Verbrechen des faschistischen Rumänien
konfrontiert (I Do Not Care if We Go Down in History as Barbarians).
Anhand zweier Filme von Radu Muntean zeigt sich, einem Operationsschnitt
gleich, ein generationsbedingter Perspektivwechsel auf (Über-)Lebensstrategien,
der auch in Christian Mungius neuem Film Bacalaureat nachklingt. Die
gesellschaftlichen Widersprüche und die Antinomien medialer Repräsentation
führt Adrian Sitaru zusammen, während sich Cristi Puiu weiterhin als „the
Godfather of Romanian Cinema" behauptet.
Drei Spielfilme des Programms gehen explizit auf literarische Werke zurück und
mit Soldații rückt auch einer der kontroversesten aktuellen rumänischen Romane
ins Bild. Der Berlinale-Gewinner 2018 vollzieht den Bruch zugleich mit einer
Sozialisation im Regime Ceaușescus und der Neuen Rumänischen Welle. Touch Me
Not verwebt Fiktion und Realität, metafilmisches und postdramatisches Erzählen,
eine Technik, der auch die zweite Regisseurin des Programms Alexandra Bălteanu
verpflichtet ist.
Drei Ausblicke gewährt die Reihe auf das zeitgenössische Genrekino des Landes:
die groteske Satire (Aniversarea), der Neo-Noir (Câini) und das ausgelassene
Roadmovie (Two Lottery Tickets) als „guilty pleasure" einer Kinematografie, die zu
neuen, einander überschreibenden und sich verzweigend fortschreibenden
Rekonstruktionen verführt.
In Zusammenarbeit mit dem Rumänischen Kulturinstitut Berlin werden mehrere
Filmgespräche stattfinden. Aktuelle Informationen zu diesen Veranstaltungen
entnehmen Sie bitte den Homepages des Rumänischen Kulturinstituts und des
Zeughauskinos.
Wir freuen uns über eine Berichterstattung und stellen Ihnen auf Anfrage gerne
Bildmaterial zur Verfügung.