Chronik 1922

JANUAR
  • 6. - 13. 1.
    Konferenz von Cannes: Der Oberste Rat der Alliierten kommt der Bitte des Deutschen Reichs nach Aufschub der Reparationszahlungen nach. Ab dem 18. Januar muss Deutschland alle zehn Tage 31 Millionen Goldmark zahlen.
  • 11. 1.
    Der Rat des Völkerbunds gibt bekannt, dass die aus Franzosen bestehende Regierung für das Saarland für ein weiteres Jahr im Amt bleibt.
  • 12. 1.
    Nach heftiger Kritik an der Verhandlungsführung in Cannes tritt die französische Regierung unter Ministerpräsident Aristide Briand zurück.
  • 18. 1.
    Der ehemalige französische Staatspräsident Raymond Poincaré übernimmt das Amt des Ministerpräsidenten und das des Außenministers.
  • 22. 1.
    Tod von Papst Benedikt XV. (1851-1922) in Rom.
  • 23. 1.
    Tod des Dirigenten Arthur Nikisch (1855-1922) in Leizpig.
  • 31. 1.
    Reichspräsident Friedrich Ebert ernennt Walther Rathenau (DDP) zum Außenminister.  
FEBRUAR
  • 1. 2.
    Weil Reichskanzler Joseph Wirth (Zentrum) die Forderung der Beschäftigten der Reichsbahn nach einer Teuerungszulage ablehnt, treten 700.000 Arbeiter und Beamte in einen siebentägigen Ausstand. Ebert erlässt daraufhin ein striktes Streikverbot mit drastischen Sanktionsandrohungen.
  • 5. - 8. 2.
    Erfolgloser Streik von Arbeitern der Berliner Gas-, Wasser- und Elektrizitätswerke.
  • 6. 2.
    Der bisherige Erzbischof von Mailand, Kardinal Achille Ratti, wird als Papst Pius XI. (1857-1939) zum neuen Oberhaupt der Katholischen Kirche gewählt.
  • Die Abrüstungskonferenz in Washington endet mit der Festlegung von Flottenstärken für die alliierten Staaten und einer Festschreibung des status quo im Pazifikraum.
  • 15. 2.
    Der Streik der Reichsbahner führt zur Regierungskrise: Eine von der Deutschnationalen Volkspartei (DNVP), der Deutschen Volkspartei (DVP), der Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (USPD) und der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) gestellte Vertrauensfrage endet mit einem Votum von 220 zu 185 Stimmen für den Reichskanzler.
  • 20. 2.
    Tod des Industriellen und Technikers Reinhard Mannesmann (1856-1922) in Remscheid.
  • In Dresden hat das Theaterstück "Das Opfer" von Gerhart Hauptmann Premiere.
  • 28. 2.
    Großbritannien verzichtet auf das Protektorat über Ägypten. Das Land wird zum unabhängigen Königreich erklärt.  
MÄRZ
  • 1. 3.
    Beginn eines Metallarbeiterstreiks in Süddeutschland. Die Streikenden fordern eine Verkürzung der Arbeitszeit und protestieren gegen die steigenden Lebenshaltungskosten.
  • 5. 3.
    Uraufführung des Films "Nosferatu - Eine Symphonie des Grauens" von Friedrich Wilhelm Murnau in Berlin.
  • 6. 3.
    Die türkische Nationalversammlung wählt Kemal Atatürk zum Präsidenten.
  • 10. 3.
    Gespräche zwischen der Reichsregierung und den streikenden Metallarbeitern werden ergebnislos abgebrochen.
  • Verhaftung des indischen Freiheitskämpfers Mahatma Gandhi (1869-1948) durch die britische Kolonialregierung. Eine Woche später wird er zu sechs Jahren Haft verurteilt.
  • 11. 3.
    In Paris legen die alliierten Staaten die Höhe der vom Deutschen Reich zu leistenden Besatzungskosten für die in den westlichen Grenzgebieten stationierten alliierten Streitkräfte fest. Rückwirkend ab dem 1. Mai 1921 werden die Besatzungskosten in Höhe von maximal 350 Millionen Goldmark aus den deutschen Sachleistungen gedeckt. Ab Mai 1922 sind jährlich 220 Millionen Goldmark an Besatzungskosten zu zahlen.
  • 13. 3.
    Wilhelm Furtwängler wird als Nachfolger des verstorbenen Arthur Nikisch neuer Direktor der Berliner Philharmoniker.
  • 20. 3.
    Gemäß einem Beschluss der alliierten Grenzkommission muss Deutschland einige Dörfer rechts der Weichsel an Polen abtreten.
  • 21. 3.
    Die Stadt Essen erwirbt das von Karl Ernst Osthaus gegründete Folkwang-Museum in Hagen.
  • 24. 3.
    Der Reichstag verabschiedet gegen die Stimmen von KPD, USPD und DNVP Steuergesetze, die eine Erhöhung verschiedener Steuern vorsehen. Neu eingeführt werden die Vermögens- und die Vermögenszusatzsteuer.
  • 28. 3.
    Aufgrund der Bestimmungen des Versailler Vertrags übergibt Deutschland den Dampfer "Bismarck" an Großbritannien. Das 291 Meter lange Schiff mit 1.000 Mann Besatzung war das erste deutsche Großkampfschiff
  • 31. 3.
    Albert Einstein beginnt eine Vorlesungsreihe über die Relativitätstheorie am Pariser Collège de France. Ein Jahr zuvor hatte eine britische Untersuchung während einer Sonnenfinsternis die Relativitätstheorie Einsteins bestätigt.  
APRIL
  • 1. 4.
    Tod des letzten österreichischen Kaisers Karl I. in Funchal (Madeira).
  • 3. 4.
    Auf Vorschlag von Wladimir I. Lenin wird Josef W. Stalin zum neuen Generalsekretär des Zentralkomitees (ZK) der Kommunistischen Partei (KP) Russlands gewählt.
  • 8. 4.
    Tod des Generals Erich von Falkenhayn auf Schloß Lindstedt bei Potsdam.
  • 10. 4. - 19. 5.
    Die Weltwirtschaftskonferenz von Genua findet ohne die USA statt. Die Teilnahme von Sowjetrussland bedeutet die praktische diplomatische Anerkennung der sowjetischen Regierung durch den Westen. Die alliierten Staaten lehnen auf Drängen Frankreichs jegliche Zugeständnisse in der Reparationsfrage ab.
  • 16. 4.
    Mit der Unterzeichnung des zeitgleich zur Konferenz von Genua ausgehandelten Vertrags von Rapallo durchbricht das Deutsche Reich seine außenpolitische Isolation. Der von Reichskanzler Wirth und Außenminister Rathenau unterschriebene Vertrag mit Sowjetrussland verzichtet auf einen Ersatz der Kriegskosten und regelt die Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen. Der überraschend abgeschlossene Rapallo-Vertrag wird vor allem in Frankreich kritisch beurteilt.
  • 17. 4.
    Wolfgang Kapp, einer der Hauptakteure des Putsches vom März 1920, kehrt aus seinem schwedischen Exil nach Deutschland zurück, um sich der Justiz zu stellen.
  • 22. 4.
    Die französische Regierung kündigt an, dass sie die Annullierung des Rapallo-Vertrags erwirken wolle, da er dem Versailler Vertrag widerspreche.
  • 27. 4.
    Uraufführung des Films " Dr. Mabuse, der Spieler" von Fritz Lang in Berlin.  
MAI
  • 5. 5.
    Abzug der alliierten Luftfahrt-Überwachungskommission aus Deutschland. Sie hat 14.000 Flugzeuge unbrauchbar machen lassen.
  • 12. 5.
    Über 60.000 Faschisten besetzen Ferrara (Toskana) und erzwingen die Absetzung des linksorientierten Präfekten. Damit setzt sich die faschistische Machtübernahme in oberitalienischen Städten fort.
  • 13. 5.
    Uraufführung der Oper "Herzog Blaubarts Burg" von Béla Bartók in Frankfurt/Main.
  • 15. 5.
    Vertreter der Regierungen Polens und Deutschlands unterzeichnen ein Abkommen, das die Teilung Oberschlesiens vorsieht.
  • 24. 5.
    Der Preußische Landtag lehnt einen Antrag der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD) auf Abschaffung der Todesstrafe ab.
  • 25. 5.
    Durch Zusammenschluss aller Landeskirchen entsteht der Deutsche Evangelische Kirchenbund.
  • 27. 5.
    Nach 13 Wochen geht der Streik der süddeutschen Metallarbeiter zu Ende. In einer Urabstimmung akzeptieren fast 90 Prozent der Arbeitnehmer die zwischen den Gewerkschaften und den Arbeitgebern getroffenen Vereinbarungen über die 48-Stunden-Woche.
  • 29. 5.
    Baubeginn für den Rhein-Main-Donau-Kanal als Teil eines durchgehenden Wasserwegs von der Nordsee bis zum Schwarzen Meer. Das Projekt wird erst 1992 vollendet.
  • Beginn der Bundestagung des "Deutschen Schutzbundes" in Anwesenheit von Generalfeldmarschall Paul von Hindenburg in Königsberg. In dem 1919 gegründeten Bund schließen sich grenz- und auslandsdeutsche Verbände zusammen, die für die Wiedererrichtung der deutschen Grenzen von 1914 eintreten.
  • 31. 5.
    Die alliierte Reparationskommission akzeptiert die deutsche Bitte um Aufschub der Reparationszahlungen.  
JUNI
  • 4. 6.
    Philipp Scheidemann (SPD), Oberbürgermeister von Kassel, entgeht nur knapp einem Blausäureanschlag. Auch dieser Attentäter gehört der rechtsradikalen Organisation "Consul" an.
  • 7. 6.
    Von Berlin aus werden erstmals drahtlos Bilder in die USA telegraphiert.
  • 11. 6.
    Während einer Parade der Reichswehr zu Ehren Hindenburgs in Königsberg kommt es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen linksorientierten Gruppen und Anhängern des Deutschvölkischen Schutz- und Trutzbunds.
  • 12. 6.
    Wolfgang Kapp stirbt in der Untersuchungshaft in Leipzig nach einer Augenoperation.
  • Mehrere "vaterländische Verbände" demonstrieren in München gegen den Besuch von Reichspräsident Ebert in der bayerischen Hauptstadt.
  • 18. 6.
    In Berlin finden die "Deutschen Kampfspiele" statt. Als nationales Großsportfest dienen sie als Ersatz für den Ausschluss deutscher Sportler von den Olympischen Spielen in Antwerpen.
  • 24. 6.
    Ermordung von Reichsaußenminister Walther Rathenau in Berlin-Grunewald. Die Tat wird verübt von Erwin Kern (1898-1922) und Hermann Fischer (1896-1922). Sie sind Mitglieder der rechtsradikalen Organisation "Consul". Insbesondere nach Unterzeichnung des Vertrags von Rapallo war Rathenau rechtsradikalen und antisemitischen Hetzkampagnen ausgesetzt.
  • 25. 6.
    Reichskanzler Wirth übernimmt zusätzlich das Amt des Außenministers. Im Nachruf auf den ermordeten Rathenau verurteilt Wirth die republikfeindliche Hetze der nationalistischen Parteien aufs schärfste. Mit dem Satz: "Der Feind steht rechts!" unterstreicht er im Reichstag diese Auffassung. Die Rechtsparteien sehen darin eine unausgesprochene Sympathieerklärung an die Parteien der radikalen Linken.
  • 26. 6.
    Reichspräsident Ebert erlässt die "Verordnung zum Schutze der Republik". Sie verbietet antirepublikanische Versammlungen und Kundgebungen.
  • 30. 6.
    Uraufführung des Stücks "Der Maschinenstürmer" von Ernst Toller in Berlin.  
JULI
  • 3. 7.
    Der jüdische Publizist Maximilian Harden wird in Berlin von Angehörigen einer rechtsradikalen und antisemitischen Organisation überfallen und schwer misshandelt.
  • 9. 7.
    Der amerikanische Sportler Johnny Weissmuller (1904-1984) schwimmt als erster Mensch die 100 m Freistil in weniger als einer Minute (58,6 Sek.).
  • 12. 7.
    Die Reichsregierung beantragt bei der Reparationskommission die Aussetzung der Restzahlungen für 1922.
  • Der US-Dollar wird mit 447 Mark gehandelt.
  • 14. 7.
    Die Reichstagsfraktionen von USPD und SPD bilden eine Arbeitsgemeinschaft.
  • In Paris scheitert das Attentat eines Anarchisten auf den französischen Staatspräsidenten Alexandre Millerand (1859-1943).
  • 16. 7.
    In Oberitalien gehen faschistische Kampfgruppen gewaltsam gegen sozialistische Arbeitervertreter und Gewerkschafter vor. Damit brechen die Faschisten planmäßig die politische Machtstellung der Linken.
  • 17. 7.
    Zwei der Mörder Rathenaus, Kern und Fischer, werden bei Bad Kösen an der Saale entdeckt. Bei einem Schusswechsel mit der Polizei wird Fischer tödlich getroffen, Kern begeht Selbstmord.
  • 18. 7.
    Der Reichstag beschließt gegen die Stimmen von KPD, DNVP und der Bayerischen Volkspartei (BVP) das "Gesetz zum Schutz der Republik". Es ermöglicht das Verbot republikfeindlicher Vereinigungen und ihre strafrechtliche Verfolgung. Das Republikschutzgesetz ist umstritten, da es auch auf Straftaten angewandt werden soll, die vor der Verabschiedung des Gesetzes begangen wurden. Eine Zugangsbeschränkung für Mitglieder republikfeindlicher Gruppierungen zum Beamtendienst scheitert am Einspruch des Zentrums und der Rechtsparteien.
  • 21. 7.
    Das "Gesetz zum Schutze der Republik" tritt in Kraft. Bayern sieht darin einen Eingriff in die Hoheitsrechte der Länder und erlässt eine eigene Notverordnung zum Schutz der Verfassung.
  • 22. 7.
    In Leipzig findet das erste deutsche Arbeiter-Turnfest mit über 100.000 Teilnehmern statt, von denen über 15.000 aus dem Ausland kommen.
  • 31. 7.
    Nach weiteren blutigen Auseinandersetzungen mit den Faschisten rufen die Sozialisten in ganz Italien den Generalstreik aus.  
AUGUST
  • 1. 8.
    Tod des Erfinders Alexander Graham Bell (1874-1922) im schottischen Edinburgh.
  • Der Faschistenführer Benito Mussolini fordert vom italienischen Ministerpräsidenten Luigi Facta ultimativ, den Generalstreik mit Waffengewalt zu beenden. Einen Tag später beginnen faschistische Verbände eigenständig die gewaltsame Niederschlagung des Streiks.
  • 2. 8.
    Panikstimmung an den deutschen Börsen. Der Wert des US-Dollars ist auf 860 Mark gestiegen.
  • 3. 8.
    Tod der Frauenrechtlerin Minna Cauer in Berlin.
  • 6. 8.
    Das Wiederholungsspiel zur Deutschen Fußballmeisterschaft zwischen dem 1. FC Nürnberg und dem Hamburger SV endet mit 1:1 erneut unentschieden, so dass es keinen Deutschen Meister für das Jahr 1922 gibt.
  • 7. - 14. 8.
    Auf einer weiteren Konferenz der Alliierten in London scheitert eine Einigung über ein Moratorium der deutschen Reparationszahlungen an der kompromisslosen Haltung des französischen Ministerpräsidenten Poincaré.
  • 15. 8.
    Die Reichsregierung erklärt ihre Unfähigkeit zur Zahlung der fälligen Reparationsrate von zwei Millionen Mark. Frankreich beharrt auf der vollen Zahlung und droht mit diplomatischen Strafmaßnahmen.
  • 20. 8.
    In Paris finden die ersten Frauen-Weltspiele der Leichtathletik statt.
  • 28. 8.
    Erste Ausstrahlung einer Werbesendung über den Rundfunk in New York.  
SEPTEMBER
  • 1. 9.
    In Berlin schließt der Industrielle Hugo Stinnes (DVP) mit dem Präsidenten der französischen Generalbeschaffungskommission ein Abkommen über Lieferungen deutschen Baumaterials zum Wiederaufbau der im Ersten Weltkrieg zerstörten Gebiete Nordfrankreichs.
  • Die zensierte Fassung der ersten vollständigen Ausgabe des Romans "Ulysses" von James Joyce erscheint in Paris.
  • 2. 9.
    Reichspräsident Ebert erklärt das "Deutschlandlied" zur Nationalhymne.
  • 9. 9.
    Türkische Truppen unter Atatürk besetzen die türkische Stadt Smyrna (heute: Izmir) und führen damit die Entscheidung im griechisch-türkischen Krieg herbei.
  • 12. 9.
    Der finnische Sportler Paavo Nurmi (1897-1973) läuft mit 14:35,4 Minuten einen neuen Weltrekord über 5.000 Meter.
  • 16. 9.
    Die letzten griechischen Truppen verlassen Kleinasien. Atatürk verlangt von den Alliierten die Rückgabe der seit 1918 in einer internationalen entmilitarisierten Zone gelegenen Stadt Konstantinopel (heute: Istanbul) an die Türkei.
  • 17. 9.
    Der erste Film mit integrierter Lichttonspur, "Die Brandstifter", wird in Berlin gezeigt.
  • 23. 9.
    Uraufführung des Stücks "Trommeln in der Nacht" von Bertolt Brecht in München.
  • Eine kleine Abteilung von Atatürks Truppen überschreitet demonstrativ die Grenze zur entmilitarisierten Zone.
  • 24. 9.
    Vereinigung der Rest-USPD mit der SPD auf dem gemeinsamen Parteitag in Nürnberg.
  • 29. 9.
    Ulrich Graf von Brockdorff-Rantzau wird deutscher Botschafter in Sowjetrussland.
  • 30. 9.
    Zusammen mit Karl Valentin parodiert Brecht "Trommeln in der Nacht" in der Aufführung "Die rote Zibebe" in den Münchner Kammerspielen.  
OKTOBER
  • 10. 10.
    Nach mehreren griechischen Niederlagen herrscht Waffenstillstand im griechisch-türkischen Krieg. Die Orientpolitik des britischen Premierministers David Lloyd George, die Griechenland unterstützte, gilt als gescheitert.
  • 13. 10.
    Nach einem Erlass des französischen Staatspräsidenten Millerand werden die letzten deutschen Kriegsgefangenen entlassen.
  • 15. 10.
    Bei einer Feier anlässlich des 60. Geburtstags von Gerhart Hauptmann spricht sich Thomas Mann in einer Rede für die Weimarer Republik aus. Nach der Ermordung Rathenaus hat Mann seine Ablehnung der Republik aufgegeben.
  • 23. 10.
    Aufgrund massiver Kritik an seiner Orientpolitik tritt der britische Premierminister Lloyd George zurück. Sein Nachfolger wird der konservative Politiker Andrew Bonar Law (1858-1923).
  • 24. 10.
    Die Amtszeit von Reichspräsident Ebert, die eigentlich im Dezember enden soll, wird durch einen verfassungsändernden Beschluss bis zum 1. Juli 1925 verlängert. Damit soll ein Wahlkampf in der wirtschaftlich und politisch angespannten Situation vermieden werden.
  • 27./28. 10.
    Auf Befehl von Mussolini beginnen etwa 40.000 Faschisten den "Marsch auf Rom". Da sich König Viktor Emanuel III. weigert, den Ausnahmezustand zu verhängen und das Militär einzusetzen, tritt Ministerpräsident Facta zurück.
  • 30. 10.
    König Viktor Emanuel III. betraut Mussolini mit dem Amt des Ministerpräsidenten und übergeht damit eigenmächtig das italienische Parlament. Mussolini, der zusätzlich das Außen- und Innenministerium übernimmt, kommt den Machteliten entgegen und nimmt Nationalisten, Rechtsliberale und Katholiken in sein Kabinett auf.  
NOVEMBER
  • 1. 11.
    Die türkische Nationalversammlung unter Atatürk beschließt die Abschaffung der Monarchie.
  • 2. - 9. 11.
    Internationale Währungskonferenz in Berlin zur Stabilisierung der deutschen Währung. Die Finanzexperten plädieren u.a. für ein zweijähriges Moratorium der deutschen Reparationszahlungen, wogegen sich insbesondere Frankreich wehrt. Deutsche Industrielle wie Stinnes, der als größter Inflationsgewinnler gilt, wenden sich ebenfalls gegen das Konzept.
  • 4. 11.
    Der britische Archäologe Howard Carter (1873-1939) entdeckt das Grab Tutanchamuns im Tal der Könige in Luxor (Ägypten).
  • 5. 11.
    Der ehemalige Kaiser Wilhelm II. heiratet Hermine von Schönaich-Carolath (1887-1947).
  • 14. 11.
    Das Kabinett Wirth zieht die Konsequenz aus dem Scheitern der "Erfüllungspolitik" und tritt zurück.
  • Die British Broadcasting Corporation (BBC) beginnt in London mit der Ausstrahlung eines Rundfunkprogramms.
  • 17. 11.
    Abdankung des türkischen Sultans Muhammad VI. (1861-1926)
  • 18. 11.
    Tod des französischen Schriftstellers Marcel Proust (1871-1922) in Paris.
  • 20. 11.
    Beginn der Orientkonferenz zwischen Frankreich, Großbritannien, Italien, Sowjetrussland und der Türkei in Lausanne (Schweiz). Beabsichtigt sind die Vermittlung eines Friedensvertrages zwischen Griechenland und der Türkei und die Klärung des Anspruchs auf Ölquellen.
  • 22. 11.
    Der parteilose Politiker Wilhelm Cuno bildet eine neue Reichsregierung unter Beteiligung von Deutscher Demokratische Partei (DDP), DVP, Zentrum und BVP.
  • 25. 11.
    Das italienische Parlament überträgt Mussolini diktatorische Vollmachten zur Wiederherstellung der staatlichen Ordnung.
  • 27. 11.
    Die Reichsregierung stellt einen Antrag auf Aufschub der Reparationszahlungen. Der französische Mininsterpräsident Poincaré droht mit der Besetzung des Ruhrgebiets.  
DEZEMBER
  • 9. - 12. 12.
    Beratungen der Ministerpräsidenten Italiens, Frankreichs, Großbritanniens und Belgiens in London über den deutschen Antrag auf Zahlungsaufschub und Währungsstabilisierung durch Goldanleihen. Großbritannien stimmt zu, während Frankreich ablehnt.
  • 10. 12.
    Niels Bohr erhält den Nobelpreis für Physik, Einstein den für das vorangegangene Jahr.
  • 11. 12.
    Der Chefdirigent des Orchesters der Mailänder Scala, Arturo Toscanini (1867-1957), erklärt seinen Rücktritt. Während einer Aufführung war es zu einer Auseinandersetzung zwischen ihm und Anhängern der Faschisten im Publikum gekommen.
  • 16. 12.
    Der polnische Staatspräsident Gabriel Narutowicz (1865-1922) wird wenige Tage nach seiner Wahl von einem rechtsradikalen Nationalisten erschossen. Narutowicz plädierte für das friedliche Zusammenleben verschiedener Nationalitäten in Polen.
  • 25. - 30. 12.
    Der X. Allrussische Rätekongress in Moskau beschließt die Gründung der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken (UdSSR). Damit soll eine engere Bindung von der Ukraine, Weißrusslands und der Kaukasusrepubliken an Sowjetrussland erreicht werden.
  • 26. 12.
    Die alliierte Reparationskommission stellt die "vorsätzliche Nichterfüllung" der deutschen Lieferungsverpflichtungen fest.
  • 27. 12.
    Die italienische Regierung unter Ministerpräsident Mussolini erlässt ein Dekret, das den Zusammenschluss von faschistischer Miliz und staatlichem Militär anordnet. Mit der Einrichtung des Faschistischen Großen Rats beginnt die Institutionalisierung von Mussolinis Diktatur.  
AUSSERDEM:
  • E.E. Cummings (1894-1962): The Enormous Room (Roman)

  • Karl Kraus: Die letzten Tage der Menschheit (Weltkriegstragödie)

  • T. S. Eliot: The Waste Land (Lyrik)

  • Hermann Hesse: Siddhartha (Roman)

  • Martin Andersen-Nexö (1869-1954): Ditte Menschenkind (Roman)

  • Oswald Spengler: Der Untergang des Abendlandes, Band II (Philosophische Abhandlung)

Dorlis Blume/Manfred Wichmann
31. August 2014

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