Chronik 1893

JANUAR
  • 13./14.1.
    In Großbritannien wird die "Independent Labour Party" gegründet. Die sozialistische Partei verbindet sich 1900 mit dem "Labour Representation Committee", aus dem 1906 die Labour Party hervorgeht.
  • 22.1.
    In Berlin konstituiert sich der Verband Deutscher Elektrotechniker (VDE), der u.a. erste Sicherheitsbestimmungen festlegt.  
FEBRUAR
  • 16.2.
    Auf Initiative des Generaldirektors der Gelsenkirchener Bergwerks-Aktiengesellschaft, Emil Kirdorf, wird das Rheinisch-Westfälische Kohlensyndikat als Absatzkartell von 98 Kohlezechen des Oberbergamtsbezirks Dortmund gegründet. Das Kartell kontrolliert 86,7% der Steinkohleproduktion des Ruhrgebiets.
  • 18.2.
    Aus Protest gegen die Zoll- und Handelspolitik der Reichsregierung unter Leo von Caprivi wird der Bund der Landwirte (BdL) in Berlin gegründet. Bereits ein Jahr nach der Gründung zählt der Bund 200.000 Mitglieder.
  • 23.2.
    Der deutsche Ingenieur Rudolf Diesel (1858-1913) erhält mit Wirkung vom 28. Februar 1892 ein Patent auf "Arbeitsverfahren und Ausführungsart für Verbrennungsmaschinen". Noch im selben Jahr beginnt er in Augsburg mit der Entwicklung eines funktionstüchtigen und wirtschaftlichen Dieselmotors. Dem 1897 fertig gestellten neuen Motortyp liegt das Prinzip der Selbstzündung zugrunde.  
MÄRZ
  • 12.3.
    Die Mitteleuropäische Zeit (MEZ) wird als Einheitszeit im Reichsgebiet eingeführt. Auf einer internationalen Konferenz in Washington war 1884 eine Standardisierung der bestehenden Zeitsysteme erarbeitet worden.  
APRIL
  • 3.4.
    In Bukarest endet der Gründungskongress der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Rumäniens.
  • 11.4.
    In Belgien beginnt ein Streik von 250.000 Arbeitern, die sich für die Einführung des allgemeinen Wahlrechts einsetzen. Der politische Streik endet nach einer Woche mit einem Teilerfolg: Das belgische Parlament beschließt die Einführung eines eingeschränkten allgemeinen Wahlrechts für Männer über 25 Jahre. Gleichzeitig wird ein Pluralwahlrecht eingeführt, das Familienstand und Lebensalter sowie Einkommen und Bildungsstand berücksichtigt und auf eine Person bis zu drei Stimmen konzentriert. Die Zahl der Wahlberechtigten erhöht sich damit von 140.000 auf 1,4 Millionen.  
MAI
  • 6.5.
    Nach dem Scheitern einer Gesetzesvorlage zur neuerlichen Erhöhung der Friedenspräsenzstärke des deutschen Heeres, wird auf Veranlassung Caprivis der Reichstags aufgelöst.
  • 14.5.
    Der preußische Kultusminister Robert Bosse (1832-1901) eröffnet die erste "Große Berliner Kunstausstellung" in den Ausstellungshallen an der Lehrter Straße.
  • 21./22.5.
    In Gera wird der "Deutsche Arbeiterturnerbund" als Dachorganisation der Arbeitersportvereine gegründet.  
JUNI
  • 3.6.
    In Berlin-Moabit wird die "Freie Berliner Kunstausstellung" als Gegenausstellung zur staatlich organisierten "Großen Berliner Kunstausstellung" eröffnet. Das Organisationskomitee um den norwegischen Maler Edvard Munch stellt Werke von Künstlern aus, die von der "Großen Berliner Kunstausstellung" abgelehnt worden waren. 1898 bildet sich aus dieser Gruppe die Künstlervereinigung Berliner Secession.
  • 15.6.
    Die Reichstagswahlen enden mit einem knappen Sieg der regierungstreuen so genannten Kartellparteien Nationalliberale Partei, Deutsch-Konservative Partei und Freikonservative Partei/Deutsche Reichspartei. Die Sozialdemokraten und die antisemitischen Parteien verzeichnen erneut Stimmenzuwachs.
  • 24.6.
    Der norwegische Polarforscher Fridtjof Nansen (1861-1930) beginnt seine Nordpol-Expedition mit dem nach eigenen Anforderungen konstruierten Schiff "Fram" und 12 Begleitern.  
JULI
  • 15.7.
    Der neu gewählte Reichstag nimmt Caprivis Heeresvorlage für eine Erhöhung der Friedenspräsenzstärke des deutschen Heeres um 66.000 auf insgesamt 552.000 Mann an. Zugleich wird die Wehrdienstzeit bei den Fußtruppen von drei auf zwei Jahre verkürzt.
  • 30.7.
    Gründungskongress der sozialdemokratischen Arbeiterpartei des Königreichs Polen in Warschau. Zu den Gründungsmitgliedern der illegalen Partei gehört u.a. Rosa Luxemburg.  
AUGUST
  • 6.8.
    Der 6,5 km lange Kanal durch den Isthmus von Korinth wird nach neunjähriger Bauzeit eröffnet. Der von einer französischen Gesellschaft geleitet Kanalbau verbindet das Ionische mit dem Ägäischen Meer am griechischen Peloponnes.  
SEPTEMBER
  • 7.9.
    Der Deutschnationale Handlungsgehilfen-Verband wird als Berufsverband gegründet. Als konservatives Gegengewicht gegen sozialdemokratische und gewerkschaftliche Agitation unter Angestellten vertritt der Verband bürgerliche, nationalistische und antisemitische Anschauungen.  
OKTOBER
  • 1.10.
    Das erste Heft der Zeitschrift "Die Frau. Monatsschrift für das gesamte Frauenleben unserer Zeit" erscheint. Herausgeberin ist die Lehrerin und Frauenrechtlerin Helene Lange.
  • 3.10.
    Das Königreich Siam tritt im Vertrag von Hongkong alle Gebiete am linken Mekong-Ufer an Laos ab und erkennt das französische Protektorat über Laos an.  
NOVEMBER
  • 6.11.
    Der russische Komponist Peter Iljitsch Tschaikowsky (1840-1893) stirbt in St. Petersburg.  
  • 14.11.
    Das Schauspiel "Hanneles Himmelfahrt" von Gerhart Hauptmann wird in Berlin uraufgeführt.
DEZEMBER
  • 16.12.
    Die Symphonie Nr. 9 in e-Moll "Aus der neuen Welt" von Anton Dvoøák (1841-1904) wird in New York uraufgeführt. Der tschechische Komponist ist seit 1892 Leiter des New Yorker National Conservatory.  
AUSSERDEM:
  • Émile Durkheim: Über soziale Arbeitsteilung (soziologische Abhandlung)
  • Gerhart Hauptmann: Der Biberpelz (Komödie)
  • Engelbert Humperdinck (1854-1921): Hänsel und Gretel (Oper)
  • Karl May: Winnetou I (Roman)
  • Edvard Munch: Der Schrei (Gemälde)
  • Peter Iljitsch Tschaikowsky (1840-1893): Symphonie Nr. 6 in h-Moll "Pathétique"
  • Giuseppe Verdi (1813-1901): Falstaff (Oper)
  • Oscar Wilde (1854-1900): Salome (Drama)
Dorlis Blume
25. Juni 2015

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