Chronik 1914

JANUAR
  • 1. 1.
    Übernahme der auflagenstarken, liberalen "Vossischen Zeitung" durch den Berliner Ullstein-Verlag.
  • 10. 1.
    Freispruch für Oberst Adolf von Reuter, den Hauptverantwortlichen in der sogenannten Zabern-Affäre.
  • 20. 1.
    US-Präsident Woodrow Wilson verkündet eine Antitrustpolitik zur Eindämmung der wirtschaftlichen Macht von Konzernen.  
FEBRUAR
  • 11. 2.
    Der nationalistisch gesinnte Iwan Goremykin (1839-1917) wird neuer russischer Ministerpräsident.
  • 14. 2.
    Britische Frauenrechtlerinnen protestieren gewaltsam für die Einführung des Frauenwahlrechts.
  • 15. 2.
    Deutsch-französisches Abkommen über Eisenbahnbauten im Osmanischen Reich.
  • 20. 2.
    Rosa Luxemburg wird wegen staatsfeindlicher Äußerungen zu einem Jahr Gefängnis verurteilt.  
MÄRZ
  • 3. 3.
    Der 21jährige Berliner Pilot Bruno Langer stellt mit 14:07 h einen neuen Weltrekord im Alleindauerflug auf.
  • 10. 3.
    Rücktritt des italienischen Ministerpräsidenten Giovanni Giolitti. Als Führer der Liberalen und viermaliger Ministerpräsident hat er die italienischen Politik maßgeblich bestimmt. Sein Nachfolger wird der rechtsliberale Antonio Salandra (1853-1931).
  • 16. 3.
    Kaiser Franz Joseph I. löst das Parlament aufgrund der Arbeitsverweigerung der tschechischen Abgeordneten auf. Die Regierung erlässt Gesetze künftig als kaiserliche Notverordnungen.
  • 30. 3.
    Aufgrund von Befehlsverweigerungen innerhalb der britischen Armee, die in Irland gegen Unionisten vorgehen sollte, tritt Kriegsminister John Seely (1868-1947) zurück.
  • 31. 3.
    Tod des Schriftstellers Christian Morgenstern in Meran.  
APRIL
  • 1. 4.
    Albert Einstein beginnt in Berlin seine Tätigkeit als hauptamtliches Mitglied der Preußischen Akademie der Wissenschaften und wird Direktor des Kaiser-Wilhelm-Instituts für Physik.
  • 2. 4.
    Tod des Schriftstellers Paul von Heyse in München.
  • 3. 4.
    Im Verlauf einer großen Streikbewegung gegen soziale Unsicherheit werden in St. Petersburg mehr als 70.000 Arbeiter ausgesperrt.
  • 13. 4.
    Die dem Wandervogel angeschlossenen Jugendverbände billigen eine Resolution gegen die Aufnahme jüdischer Anwärter.
  • 19. 4.
    Der Alldeutsche Verband fordert auf seiner Jahrestagung eine offensive deutsche Militärstrategie und größtmögliche Rüstungsanstrengungen.
  • 21. 4.
    In Paris finden große Feierlichkeiten zum 10jährigen Bestehen der "Entente cordiale" statt.
  • Die Besetzung von Vera Cruz durch amerikanische Truppen bringt die USA und Mexiko an den Rand eines Krieges.  
MAI
  • 1. - 30. 5.
    Große Berliner Kunstausstellung, auf der u.a. Werke französischer Impressionisten gezeigt werden.
  • 6. 5.
    Das britische Oberhaus lehnt mit 140 gegen 60 Stimmen die Einführung des Frauenstimmrechts bei Parlamentswahlen ab.
  • 10. 5.
    Beim entscheidenden zweiten Wahlgang zum französischen Parlament erringt die Linke einen klaren Wahlsieg.
  • 11. 5.
    Der sozialdemokratische Abgeordnete Karl Liebknecht kritisiert im Reichstag die Kriegsvorbereitungen der deutschen Regierung.
  • 25. 5.
    Die "Home Rule"-Gesetzvorlage, die für Irland eine beschränkte Autonomie und ein eigenes Parlament vorsieht, wird in dritter Lesung vom Unterhaus angenommen. Ihre Umsetzung verweigert König Georg V. (1865-1936) jedoch.
  • 31. 5.
    Die SpVgg Fürth wird mit einem 3:2-Sieg über den VfB Leipzig Deutscher Fußballmeister.  
JUNI
  • 7. - 13. 6.
    In Mittel- und Oberitalien weitet sich eine Streik- und Protestbewegung zu blutigen Kämpfen zwischen Antimilitaristen und Polizei aus. Die Arbeiterbewegung ruft den Generalstreik aus und proklamiert in mehreren Städten die Republik. Das Militär schlägt die Aufstandsbewegung nieder.
  • 11. 6.
    In Begleitung von Großadmiral Alfred von Tirpitz reist Kaiser Wilhelm II. zu einem sechstägigen Besuch beim österreich-ungarischen Thronfolger Erzherzog Franz Ferdinand. Im Gegensatz zu diesem spricht sich Tirpitz für eine militärische Lösung der politischen Probleme Österreich-Ungarns aus.
  • 13. 6.
    Der Sozialist René Viviani (1862-1925), bisheriger Unterrichtsminister, bildet im Juni die neue französische Regierung.
  • 15. 6.
    Paraphierung des deutsch-englischen Vertrages über die Bagdadbahn.
  • In Köln eröffnet die bedeutendste Ausstellung des Deutschen Werkbundes, auf der u.a. Werke von Walter Gropius und Bruno Taut gezeigt werden.
  • 21. 6.
    Tod der österreichischen Pazifistin Bertha von Suttner in Wien.
  • 24. 6.
    Eröffnung des Kaiser-Wilhelm-Kanals (heute: Nord-Ostsee-Kanal).
  • 28. 6.
    Tödliches Attentat auf den Erzherzog Franz Ferdinand und seine Gemahlin in Sarajevo durch serbische Nationalisten. International werden starke Spannungen ausgelöst. Sie steigern sich zur "Juli-Krise" und führen zum Ersten Weltkrieg.  
JULI
  • 2. 7.
    Tod des britischen Politikers Joseph Chamberlain (1836-1914) in London.
  • 5./6. 7.
    Deutsche Zusicherung der uneingeschränkten Bündnistreue gegenüber Österreich-Ungarn ("Deutscher Blankoscheck").
  • 6. 7.
    In der Annahme, auch ein militärischer Konflikt zwischen Österreich-Ungarn und Serbien lasse sich lokal begrenzen, beginnt Wilhelm II. wie in jedem Jahr seine Nordlandreise.
  • 20. - 23. 7.
    Russlandvisite des französischen Ministerpräsidenten Raymond Poincaré. Beide Staaten versichern sich angesichts des schwelenden Konflikts gegenseitiger Bündnistreue.
  • 23. 7.
    Österreich-Ungarn richtet ein auf 48 Stunden befristetes Ultimatum an Serbien mit der Aufforderung, alle serbisch-nationalistischen Aktivitäten sofort zu beenden und die Verantwortlichen des Attentats konsequent zu verfolgen.
  • 25. 7.
    Serbien geht auf das Ultimatum weitgehend ein, mobilisiert aber zugleich seine Armee. Österreich-Ungarn reagiert mit einer Teilmobilmachung und bricht die diplomatischen Beziehungen zu Serbien ab. Der russische Kronrat beschließt, Serbien zu unterstützen.
  • 26. 7.
    Österreich-Ungarn mobilisiert Truppen an der Grenze zu Russland.
  • 27. 7.
    Das Deutsche Reich lehnt den britischen Vorschlag einer Außenministerkonferenz zur Beilegung des Konflikts ab.
  • Antikriegsdemonstration im Berliner Lustgarten.
  • 28. 7.
    Kriegserklärung Österreich-Ungarns an Serbien. Die Reichsregierung versucht jetzt, mäßigend auf Österreich-Ungarn einzuwirken.
  • 29. 7.
    Teilmobilmachung Russlands.
  • 30. 7.
    Russische Generalmobilmachung.
  • Großbritannien lehnt die von Deutschland gewünschte Neutralitätszusage für den Kriegsfall ab.
  • 31. 7.
    Wilhelm II. verkündet den Zustand "Drohender Kriegsgefahr" und fordert von Russland ultimativ die Einstellung der Mobilmachung und von Frankreich eine Neutralitätserklärung im Fall eines bewaffneten Konflikts.
  • Generalmobilmachung Österreich-Ungarns.
  • Tod des Philosophen und Politikers Jean Jaurès durch ein Attentat in Paris.  
AUGUST
  • 1. 8.
    Deutsche Generalmobilmachung und Kriegserklärung an Russland. Die Bevölkerung nimmt die Kriegserklärung mit "pariotischen Gefühlen" zur Kenntnis ("August-Erlebnis"). Italien erklärt sich wegen seiner Verpflichtungen gegenüber Großbritannien für neutral.
  • 2. 8.
    Deutschland fordert von Belgien ultimativ ein Durchmarschrecht für die Truppen und besetzt Luxemburg. Das Deutsche und das Osmanische Reich schließen einen Bündnisvertrag. Mobilmachung der britischen Flotte.
  • 3. 8.
    Deutsche Kriegserklärung an Frankreich. Einmarsch deutscher Truppen in Belgien. Italien erkennt seine Bündnispflicht aus dem Dreibund nicht an und erklärt sich für neutral.
  • 4. 8.
    Trotz zum Teil erheblicher Vorbehalte stimmt auch die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) im Reichstag geschlossen für einen Kriegskredit. Sie verfolgt eine Politik des "Burgfriedens". Ansprache Wilhelms II. an das deutsche Volk. Kriegseintritt Großbritanniens. Die Vereinigten Staaten erklären sich für neutral.
  • 7. 8.
    Kriegserklärung Montenegros an Österreich-Ungarn. Deutsche Truppen besetzen unter Generalmajor Erich Ludendorff das belgische Lüttich.
  • 8. 8.
    Gründung des sogenannten Kriegsausschusses der deutschen Industrie.
  • 10. 8.
    Der deutsche Schlachtkreuzer "Goeben" und der kleine Kreuzer "Breslau" laufen in die Dardanellen ein und werden formal an die Türkei übergeben. Sperrung des Zugangswegs zu den russischen Häfen im Schwarzen Meer.
  • 11. 8.
    Französische Kriegserklärung an Österreich-Ungarn.
  • 12. 8.
    Englische Kriegserklärung an Österreich-Ungarn. Erste österreichische Offensive gegen Serbien wird abgewehrt.
  • 13. 8.
    Gründung der Kriegsrohstoffabteilung im Preußischen Kriegsministerium (KRA) durch Walther Rathenau.
  • 17. 8.
    Letzte Forts von Lüttich fallen nach Einsatz schwerer Artillerie. An der Ostfront beginnt die russischen Großoffensive gegen Ostpreußen.
  • 20. 8.
    Schlacht bei Gumbinnen (Ostpreußen), die mit dem Rückzug der deutschen 8. Armee unter Generaloberst Maximilian von Prittwitz und Gaffron (1848-1917) endet.
  • Tod von Papst Pius X. (1835-1914) in Rom.
  • 21. 8.
    Die Führung der 8. Armee wird General Paul von Hindenburg und Ludendorff übertragen.
  • 23. 8.
    Grenzschlachten im Westen und in Galizien zwischen russischen und österreich-ungarischen Truppen.
  • Kriegserklärung Japans an das Deutsche Reich.
  • 25. 8.
    Vernichtung großer Teile der belgischen Stadt Löwen durch deutsche Truppen.
  • 26. - 30. 8.
    Schlacht bei Tannenberg unter der Leitung von Hindenburg und Ludendorff, bei der die 2. Russische Armee vernichtend geschlagen wird.
  • 27. 8.
    Regierung der "Défense nationale" unter Viviani in Frankreich.
  • 30. 8.
    Deutsche Truppen dringen über die Marne vor und bedrohen Paris.
  • 31. 8.
    Niederlage Österreichs in Galizien bei Lemberg.  
SEPTEMBER
  • 3. 9.
    Angesichts vorrückender deutscher Truppen verlegt die französische Regierung ihren Sitz nach Bordeaux.
  • 5. 9.
    Londoner Vertrag: Die Entente beschließt, keinen Separatfrieden abzuschließen.
  • 6. - 12. 9.
    Die Schlacht an der Marne verdeutlicht das Scheitern des Schlieffen-Plans.
  • 6. - 15. 9.
    Schlacht an den Masurischen Seen, bei der die 1. Russische Armee von der 8. Deutschen Armee geschlagen wird.
  • 9. 9.
    Reichskanzler Theobald von Bethmann Hollweg verkündet ein Kriegszielprogramm der deutschen Regierung ("September-Programm"), in dem Annexionen und die deutsche Hegemonialstellung in Europa gefordert werden.
  • 14. 9.
    Aufgrund des schlechten Ausgangs der Marne-Schlacht wird Helmuth von Moltke als Generalstabschef der Obersten Heeresleitung (OHL) abgesetzt und durch den preußischen Kriegsminister Erich von Falkenhayn ersetzt.
  • 25. 9.
    Der Dichter Alfred Lichtenstein (1889-1914) fällt in Vermandovillers (Somme).
  • 26. 9.
    Tod des Malers August Macke (gefallen in Perthes-les-Hurlus in der Champagne).  
OKTOBER
  • 4. 10.
    In einem von 56 deutschen Intellektuellen unterzeichneten Aufruf wird der Krieg als ein dem deutschen Volk "aufgezwungener Daseinskampf" bezeichnet.
  • 9. 10.
    Antwerpen von deutschen Truppen nach 12tägiger Belagerung erobert.
  • 20. 10.
    Beginn der ersten Flandern-Schlacht bei Ypern.
  • 21. 10.
    Bethmann Hollweg stellt ein Konzept zur Integration der Arbeiterbewegung und Sozialdemokratie ins monarchistische System vor.
  • 22. 10.
    Während der ersten "Kriegssitzung" des Preußischen Landtages fordert die SPD die Aufhebung des Dreiklassenwahlrechts.
  • 26. 10.
    Gründung der Kriegschemikalien AG zur Bewirtschaftung chemischer Rohstoffe unter der Leitung von Fritz Haber.
  • 30. 10.
    Tod des Dichters Ernst Stadler (1883-1914) in den Kämpfen bei Ypern.  
NOVEMBER
  • 1. 11.
    Ernennung Hindenburgs zum Oberbefehlshaber Ost.
  • 2. - 5. 11.
    Kriegserklärung der Entente an das Osmanische Reich.
  • Großbritannien erklärt die Nordsee zum Kriegsgebiet und verhängt eine Wirtschaftsblockade gegen das Deutsche Reich.
  • 3. 11.
    Freitod des Dichters Georg Trakl (1887-1914) in Krakau.
  • 7. 11.
    Japanische Truppen erobern die deutsche Kolonie Tsingtau.
  • 10. 11.
    Schlacht bei Langemarck, in deren Verlauf die OHL unzulänglich ausgebildete freiwillige Jugendliche einsetzt.
  • 26. 11.
    In Westgalizien scheitert eine russische Offensive gegen Österreich-Ungarn.
  • 27. 11.
    Ernennung Hindenburgs zum Generalfeldmarschall.  
DEZEMBER
  • 2. 12.
    Zweite Kriegskreditabstimmung: Alle Parteien stimmen den Krediten zu. Liebknecht lehnt als einziger Abgeordneter die Gewährung ab.
  • 3. 12.
    Der Vorstand der SPD missbilligt Liebknechts Verhalten und erteilt ihm eine offizielle Rüge.
  • 6. 12.
    Besprechung Bethmann Hollwegs mit Ludendorff und Hindenburg über Gebietserweiterungen im Osten.
  • 8. 12.
    Die im "Kriegsausschuss der deutschen Industrie" (KdI) zusammengeschlossenen Unternehmen fordern eine expansive deutsche Kriegspolitik.
  • Die französische Regierung verlegt ihren Sitz nach Paris zurück.
  • Das deutsche Kreuzergeschwader unter dem Kommando von Maximilian Reichsgraf von Spee (1861-1914) wird in der Schlacht bei den Falklandinseln von britischen Kreuzern versenkt.  
AUSSERDEM:
  • Ernst Barlach: Der Rächer (Skulptur)
  • Rudolf Belling: Der Flieger (Skulptur)
  • Urban Gad (1879-1947): Der kleine Engel (Film)
  • Ricarda Huch: Der große Krieg in Deutschland (Historische Abhandlung)
  • Arthur Kampf (1864-1950): 1. August 1914 in Berlin (Gemälde)
  • Friedrich August Kaulbach (1850-1920): Germania (Gemälde)
  • rnold Schönberg: Pierrot Lunaire (Tondichtung)
  • Igor Strawinsky: Die Nachtigall (Oper)
Dorlis Blume/Martin Winter
31. August 2014

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