Chronik 1930

JANUAR
  • 3.-20. 1.
    In Den Haag findet die zweite Konferenz über den Young-Plan statt. Die Reparationen werden auf 112 Milliarden Reichsmark festgesetzt und sollen in jährlichen Raten bis 1988 gezahlt werden.
  • 5. 1.
    In Moskau beschließt das Zentralkomitee der Kommunistischen Partei der Sowjetunion (KPdSU), die Kollektivierung der Landwirtschaft durch den Aufbau von Kolchosen voranzutreiben.
  • 7. 1.
    Im britischen Mandatsgebiet Palästina gründen David Ben Gurion (1886-1973) und Isaac Ben Zwi (1884-1963) die Arbeiterpartei Israels (Mapai).
  • 12. 1.
    Uraufführung der Oper "Die Nase" von Dmitri Schostakowitsch (1906-1975) in Leningrad.
  • 14. 1.
    In seiner Wohnung in Berlin-Friedrichshain wird der SA-Sturmführer Horst Wessel niedergeschossen. Die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP) stilisiert ihn als Verfasser des "Horst-Wessel-Lieds" ("Die Fahne hoch") zum Märtyrer.
  • 16. 1.
    In Berlin erlässt der sozialdemokratische preußische Innenminister Albert Grzesinski (1879-1947) ein Verbot von Versammlungen unter freiem Himmel, um gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen links- und rechtsgerichteten Organisationen zu verhindern.
  • 21. 1.
    Eröffnung der Londoner Flottenkonferenz über Interessenabgrenzung der wichtigsten Seemächte.
  • 22. 1.
    Ein Erlass des Reichswehrministeriums verbietet jegliche Sympathiekundgebungen für die NSDAP und die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) innerhalb der Reichswehr. KPD und NSDAP würden eine gewaltsame Zerschlagung des Staats und die Diktatur ihrer Partei anstreben.
  • 23. 1.
    In der thüringischen Landesregierung übernimmt Wilhelm Frick (NSDAP) das Ministeramt für Inneres und Volksbildung. Damit stellt die NSDAP erstmals einen Minister.
  • 28. 1.
    Der spanische Diktator Miguel Primo de Rivera (1903-1936) erklärt seinen Rücktritt.
FEBRUAR
  • 1. 2.
    In Moskau verordnet die sowjetische Regierung unter Josef W. Stalin die Enteignung der Großbauern.
  • Uraufführung der Oper "Von heute auf morgen" von Arnold Schönberg in Frankfurt/Main.
  • 3. 2.
    Mit dem Ziel der Befreiung Indochinas von der französischen Kolonialherrschaft wird in Hongkong die Kommunistische Partei Vietnams gegründet. Zu den Gründungsmitgliedern zählt Ho Chi Minh (1890-1969). Er war bereits 1920 Gründungsmitglied der Kommunistischen Partei Frankreichs.
  • 6. 2.
    Österreich und Italien schließen einen Freundschaftsvertrag.
  • 8. 2.
    Die französische Nationalversammlung billigt eine Vorlage der Regierung zur Einführung einer allgemeinen Sozialversicherung.
  • Der thüringische Minister für Inneres und Volksbildung Frick verbietet die Lektüre des Antikriegsromans "Im Westen nichts Neues" von Erich Maria Remarque an allen thüringischen Schulen.
  • Uraufführung des Schauspiels "Napoleon greift ein" von Walter Hasenclever in Frankfurt/Main.
  • 13. 2.
    Gründung des "Reichsverbands der Deutschen Landwirtschaftlichen Genossenschaften - Raiffeisen e.V." in Berlin. Der Verband will die notleidende Landwirtschaft unterstützen.
  • 22. 2.
    Eröffnung der ersten Ausstellung über die Tätigkeit und Entstehungsgeschichte des Bauhauses im Folkwang-Museum in Essen.
  • 23. 2.
    Horst Wessel stirbt an den Folgen seiner Schussverletzung. Bei seiner Beerdigung kommt es zu Straßenkämpfen zwischen Anhängern von KPD und NSDAP.
  • 28. 2.
    Der preußische Innenminister Grzesinski tritt nach Angriffen der rechten Presse zurück. Dem verheirateten Politiker wurde das Zusammenleben mit einer anderen Frau vorgeworfen.
MÄRZ
  • 2. 3.
    Tod des britischen Schriftstellers D. H. Lawrence (1885-1930) in Vence bei Nizza (Frankreich).
  • 6. 3.
    Tod von Großadmiral Alfred von Tirpitz in Ebenhausen.
  • 7. 3.
    Mit seinem Rücktritt zieht Reichsbankpräsident Hjalmar Schacht die Konsequenzen aus seinen Meinungsverschiedenheiten mit der Reichsregierung über den Young-Plan, den er für eine zu große Konzession an die Siegermächte hält. Sein Nachfolger wird der ehemalige Reichskanzler und Finanzminister Hans Luther von der Deutschen Volkspartei (DVP).
  • 8. 3.
    Tod des ehemaligen US-Präsidenten William Howard Taft (1857-1930).
  • 9. 3.
    Uraufführung der Oper "Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny" von Bertolt Brecht und Kurt Weill in Leipzig.
  • 12. 3.
    Mit 270 zu 192 Stimmen billigt der Reichstag in dritter Lesung den Young-Plan.
  • 13. 3.
    Entdeckung des Planeten Pluto durch den Astronomen Clyde William Tombaugh (1906-1997).
  • 18. 3.
    Der Reichstag nimmt mit großer Mehrheit ein neues Gesetz zum Schutz der Republik an. Es soll ein wirksameres Vorgehen gegen links- und rechtsradikale Kräfte gewährleisten.
  • 19. 3.
    Tod des ehemaligen britischen Premierministers Arthur James Earl of Balfour in Woking (Südengland).
  • 27. 3.
    Rücktritt der Reichsregierung unter Reichskanzler Hermann Müller (SPD). Während die DVP auf Leistungsminderung der Arbeitslosenversicherung bestand, beharrte die SPD auf ihrer Forderung nach weiteren Beitragserhöhungen und Solidarzahlungen des Reichs.
  • 29. 3.
    Reichspräsident Hindenburg beauftragt Heinrich Brüning (Zentrum) mit der Kabinettsbildung. Unter Brüning beginnt der Übergang zu den Präsidialkabinetten, die nicht mehr von der Mehrheit des Reichstags abhängig sind, sondern sich auf das Notverordnungsrecht des Reichspräsidenten stützen.
  • In Thüringen verabschiedet der Landtag das vom Minister für Inneres und Volksbildung Frick (NSDAP) eingebrachte Ermächtigungsgesetz, das der Landesregierung weitgehende Vollmachten über die Neuorganisation von Staatseinrichtungen erteilt.
  • 31. 3.
    Brüning stellt sein neues Kabinett vor. Es besteht mehrheitlich aus Mitgliedern der Parteien der bürgerlichen Mitte. Die Regierungsbildung erfolgte ohne Berücksichtigung der Mehrheitsverhältnisse im Reichstag und ohne Verhandlungen mit den Parteien.
APRIL
  • 1. 4.
    Uraufführung des Films "Der blaue Engel" mit Marlene Dietrich und Emil Jannings in Berlin.
  • Tod der Festspielleiterin Cosima Wagner (1837-1930) in Bayreuth.
  • 3. 4.
    Im Reichstag wird ein Misstrauensvotum von KPD und SPD gegen die Regierung mit den Stimmen der Deutschnationalen Volkspartei (DNVP) abgelehnt. Damit hat sich der gemäßigte Flügel in der DNVP durchgesetzt, der den Landwirtschaftsminister Martin Schiele (1870-1939) unterstützt.
  • 11. 4.
    In London veröffentlicht der "Daily Express" als erste Tageszeitung einen Überblick über das Fernsehprogramm.
  • 12. 4.
    Der thüringische Minister für Inneres und Volksbildung Frick (NSDAP) erlässt eine Verfügung gegen die "Negerkultur", mit der er gegen "fremdrassige Einflüsse" in der deutschen Kultur vorgehen will.
  • Uraufführung der Oper "Aus einem Totenhaus" von Leoš Janácek (1854-1928) in Brünn.
  • 14. 4.
    Freitod des sowjetischen Dichters Wladimir W. Majakowski (1893-1930) in Moskau.
  • 18. 4.
    In Indien kommt es zu schweren Auseinandersetzungen zwischen den Anhängern des Führers der indischen Freiheitsbewegung "Mahatma" Gandhi (1869-1948) und den britischen Kolonialbehörden.
  • 22. 4.
    Die Seemächte Großbritannien, USA und Japan einigen sich in London nach dreimonatigen Verhandlungen auf eine Begrenzung ihrer Flottenbauprogramme.
  • 24. 4.
    Das französische Parlament billigt das Sozialversicherungsgesetz, mit dem eine Alters,- Kranken- und Invalidenversicherung für Arbeitnehmer eingeführt wird.
MAI
  • 1. 5.
    Uraufführung des Films "Im Westen nichts Neues" von Lewis Milestone (1895-1980) in New York.
  • 5. 5.
    Uraufführung der Oper "Christoph Columbus" von Darius Milhaud (1892-1974) in Berlin.
  • Gandhi wird wegen "Gehorsamsverweigerung" von der britischen Kolonialregierung verhaftet.
  • 13. 5.
    Tod der Frauenrechtlerin Helene Lange in Berlin.
  • Tod des Polarforschers und Diplomaten Fridtjof Nansen (1861-1930) in Lysaker bei Oslo.
  • 16. 5.
    In Dresden wird das Hygiene-Museum eröffnet. Es soll der "gesundheitlichen Volksbelehrung" dienen und auch Kenntnisse über "Vererbung und Eugenik" vermitteln.
  • 17. 5.
    Der französische Außenminister Aristide Briand übermittelt den 27 europäischen Mitgliedsstaaten des Völkerbunds ein Memorandum, in dem er die Aufhebung der Zölle innerhalb eines einheitlichen europäischen Wirtschaftsraums und gegenseitige Zusammenarbeit vorschlägt.
  • Frankreichs Ministerpräsident André Tardieu (1876-1945) ordnet die Räumung des noch besetzten Rheinlands an.
  • 23. 5.
    Uraufführung des Antikriegsfilms "Westfront 1918" von Georg Wilhelm Pabst in Berlin.
  • 26. 5.
    Reichsinnenminister Joseph Wirth (Zentrum) erhebt vor dem Staatsgerichtshof Anklage gegen das Land Thüringen wegen der Schulpolitik unter dem Minister für Inneres und Volksbildung Frick (NSDAP). Frick hat nationalsozialistische Schulgebete eingeführt.
  • 27. 5.
    Eröffnung des Kaiser-Wilhelm-Instituts für medizinische Forschung in Heidelberg.
  • 30. 5.
    Während des Kongresses des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) in Berlin bewirbt sich die Reichshauptstadt um die Ausrichtung der Olympischen Spiele 1936. Die Mitbewerber sind Alexandria, Barcelona, Budapest, Buenos Aires, Dublin, Helsinki und Rom.
JUNI
  • 5. 6.
    Der britische Ministerpräsident James Ramsay MacDonald (1866-1937) lehnt den geplanten Bau eines Tunnels unter dem Ärmelkanal ab.
  • 10. 6.
    Tod des Kirchenhistorikers Adolf von Harnack in Heidelberg.
  • 11. 6.
    Um Provokationen zu vermeiden, verbietet das preußische Innenministerium der nationalsozialistischen Sturmabteilung (SA) das Tragen von Uniformen bei Versammlungen unter freiem Himmel. Die SA marschiert daraufhin in weißen statt in braunen Hemden.
  • 12. 6.
    In New York wird Max Schmeling als erster Europäer Boxweltmeister aller Klassen.
  • 22. 6.
    Bei den Landtagswahlen in Sachsen wird die NSDAP mit 14 Sitzen zweitstärkste Fraktion hinter der SPD mit 33 Sitzen.
  • Hertha BSC Berlin gewinnt mit 5:4 gegen Holstein Kiel das Endspiel um die Deutsche Fußballmeisterschaft.
  • 27. 6.
    Mit einer Festveranstaltung feiert das isländische Parlament ("Althing") sein tausendjähriges Bestehen. Das "Althing" entstand 930 als Zusammenkunft der gesetzgebenden und gerichthaltenden Körperschaften in Island.
  • 30. 6.
    Die letzten französischen Truppen verlassen das Rheinland. Der Abzug wird von der deutschen Bevölkerung begeistert gefeiert.
  • Der Führer der NSDAP, Adolf Hitler, beauftragt Joseph Goebbels, Reichspropagandaleiter und Gauleiter von Berlin, mit dem Ausschluss der Mitglieder des sozialrevolutionären Parteiflügels um die Brüder Otto Strasser und Gregor Strasser.
JULI
  • 3. 7.
    Otto Strasser gibt seinen Austritt aus der NSDAP bekannt und gründet die "Kampfgemeinschaft revolutionärer Nationalsozialisten". Rund 200 Mitglieder schließen sich der Abspaltung an. Strassers Bruder Gregor ordnet sich zunächst Hitler unter.
  • 5. 7.
    In München erwirbt die NSDAP das ehemalige Barlow-Palais, das zum Sitz der Reichsparteileitung, dem sogenannten Braunen Haus, umgebaut wird. Den Kauf des Hauses ermöglichten Spenden von Großindustriellen wie Fritz Thyssen.
  • 7. 7.
    Tod des britischen Schriftstellers Arthur Conan Doyle in Crowborough (Sussex).
  • 16. 7.
    Der Reichstag lehnt mit den Stimmen von KPD, SPD, DNVP und NSDAP die von der Reichsregierung eingebrachte Vorlage zur Deckung des Defizits des Reichshaushalts ab. Die Staatsausgaben sollten gekürzt, die Steuern erhöht werden. Reichspräsident Hindenburg wandelt daraufhin mit dem Artikel 48 der Reichsverfassung erstmals einen vom Reichstag abgelehnten Gesetzentwurf in eine Notverordnung um.
  • 17. 7.
    Alfred Hugenbergs (DNVP) unnachgiebige Haltung gegenüber der Reichsregierung unter Brüning führt in der DNVP zum Bruch mit dem gemäßigten Flügel. Hugenberg stört sich darüber hinaus am Einfluss der SPD in der preußischen Koalitionsregierung.
  • 18. 7.
    Die Mehrheit der Reichstagsabgeordneten stimmt dem SPD-Antrag zur Aufhebung der von Hindenburg erlassenen Notverordnung zu. Daraufhin löst Hindenburg den Reichstag auf und setzt am 26. Juli die vom Parlament aufgehobene Verordnung per Notverordnung wieder in Kraft. Die Wahlen zum neuen Reichstag werden für den 14. September anberaumt.
  • Als Nachfolger des verstorbenen Adolf von Harnack wird Max Planck zum Präsidenten der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften gewählt.
  • 23. 7.
    Die gemäßigten Mitglieder der DNVP vereinigen sich zur "Konservativen Volkspartei".
  • 27. 7.
    Aus dem Zusammenschluss der Deutschen Demokratischen Partei (DDP) mit dem Jungdeutschen Orden entsteht die Deutsche Staatspartei.
  • 30. 7.
    Mit einem 4:2-Sieg über Argentinien wird Uruguay erster Fußballweltmeister.
AUGUST
  • 1. 8.

    Auf Druck rechtsgerichteter Kreise wird der Direktor des Bauhauses, Hannes Meyer (1889-1954), entlassen. Meyer hatte an einer von Studenten organisierten Sammlung für die "Internationale Arbeiterhilfe" teilgenommen. Sein Nachfolger wird der Architekt Ludwig Mies van der Rohe.

  • 4. 8.

    Tod des Dirigenten und Regisseurs Siegfried Wagner (1869-1930) in Bayreuth.

  • 6. 8.

    Sigmund Freud wird von der Stadt Frankfurt/Main für die Entwicklung der Psychoanalyse mit dem Goethe-Preis ausgezeichnet. Antisemiten und Rechtsradikale protestieren gegen die Verleihung des Preises an Freud.

  • 10. 8.

    Der Allgemeine Deutsche Automobilclub (ADAC) errichtet auf zwei Strecken in Bayern erstmals Pannentelefone.

  • 14. 8.

    In der Sowjetunion wird die allgemeine Grundschulpflicht eingeführt, um das fast fünfzigprozentige Analphabetentum zu bekämpfen.

  • 18. 8.

    Die DVP, die Konservative Volkspartei und die Wirtschaftspartei einigen sich auf einen gemeinsamen Wahlaufruf. Die Staatspartei verweigert sich einem Angebot zur Zusammenarbeit mit den bürgerlichen Rechtsparteien.

  • 25. 8.

    In Polen wird der bisherige Kriegsminister Marschall Józef Klemens Pilsudski erneut zum Ministerpräsidenten gewählt. Pilsudski kündigt erneut ein scharfes Vorgehen gegen die linke und die liberale Opposition an.

  • 30. 8.

    In Berlin demoliert ein Trupp von Anhängern der "Kampfgemeinschaft Revolutionärer Nationalsozialisten" unter Otto Strasser eine Geschäftsstelle der NSDAP.

SEPTEMBER
  • 1. 9.
    Die Reichsregierung erhebt eine "Reichshilfe zur finanziellen Sanierung der Arbeitslosenversicherung": Alle festangestellten Arbeitnehmer müssen bis Ende März 1931 2,5 Prozent ihres Gehalts abführen. Wegen der sprunghaft gestiegenen Arbeitslosenzahl verfügt die Arbeitslosenversicherung bereits seit Winter 1929 nicht mehr über ausreichende Mittel.
  • Das Statistische Reichsamt gibt bekannt, dass die Spareinlagen der Deutschen mit rund zehn Milliarden Reichsmark den höchsten Stand seit 1923 erlangt haben. Damit ist der Vorkriegsstand noch lange nicht erreicht.
  • 12. 9.
    Die Filmgesellschaft Fox bringt die erste "tönende" Wochenschau mit aktuellen Berichten in die deutschen Kinos.
  • 14. 9.
    Bei den Reichstagswahlen steigert die NSDAP ihre Mandatszahl von 12 auf 107 Sitze. Die KPD erhält 77, die SPD 143 Sitze. Damit ist der NSDAP der Durchbruch gelungen. Sie profitiert von der allgemeinen Wirtschaftskrise und der gestiegenen Wahlbeteiligung. Unterstützt von Hindenburg, hält Brüning am System der Minderheitsregierung fest.
  • 15. 9.
    Uraufführung des Films "Die drei von der Tankstelle" von Wilhelm Thiele (1890-1975). In den Hauptrollen spielen Lilian Harvey, Willy Fritsch, Oskar Karlweis (1894-1956) und Heinz Rühmann.
  • 25. 9.
    In einem Hochverratsprozess gegen drei Reichswehroffiziere erklärt der als Zeuge vorgeladene Hitler, die Verfassung schreibe "nur den Boden des Kampfes vor, nicht aber das Ziel". Die Nationalsozialisten würden "den Staat in die Form gießen", die sie "als die richtige ansehen".
  • 26. 9.
    In Berlin werden sechs KPD-Mitglieder für die Ermordung des SA-Sturmführers Horst Wessel zu mehreren Jahren Gefängnis verurteilt.
OKTOBER
  • 2. 10.
    Auf der Berliner Museumsinsel wird das neu erbaute Pergamonmuseum eröffnet.
  • 5. 10.
    Reichskanzler Brüning empfängt Hitler, Frick und Hermann Göring. Brüning will die Nationalsozialisten zu einer Mitarbeit in der Regierung bewegen.
  • Eröffnung des modernisierten Strandbads in Berlin-Wannsee. Es fasst über 60.000 Besucher.
  • In Koblenz feiern etwa 140.000 Mitglieder des "Stahlhelm" den "Reichsfrontsoldatentag" und fordern die deutsche Wiederaufrüstung.
  • Auf dem Weg nach Indien explodiert das britische Luftschiff "R 101" über Frankreich. Von den 58 Passagieren kommen 50 um, darunter auch der britische Luftfahrtminister.
  • 13. 10.
    In Berlin tritt der neu gewählte Reichstag zusammen.
  • 17. 10.
    Rechtsradikale Demonstranten unterbrechen Thomas Manns "Appell an die Vernunft" im Berliner Beethovensaal. Mann warnte in seiner Rede vor der Ausbreitung des Rechtsradikalismus in Deutschland.
  • 18. 10.
    Der Reichstag lehnt mit den Stimmen der SPD ein von KPD und NSDAP eingebrachtes Misstrauensvotum gegen die Spar- und Notverordnungspolitik der Regierung ab.
  • 21. 10
    Carl Severing übernimmt auf Wunsch von Ministerpräsident Otto Braun das Amt des preußischen Innenministers.
  • 24. 10.
    Uraufführung des Films "The Big Trail" von Raoul Walsh (1892-1980). Der Schauspieler John Wayne (1907-1979) ist in seiner ersten Hauptrolle als Westernheld zu sehen.
NOVEMBER
  • 2. 11.
    Das von Claude Dornier (1884-1969) entwickelte Riesenflugzeug "Do X" startet zu einem Probeflug nach Amsterdam.
  • 5. 11.
    Der Film "Kohlhiesels Töchter" von Hans Behrendt (1889-nach 1940) hat in Berlin Premiere.
  • 8. 11.
    Uraufführung der Operette "Im weißen Rössl" von Ralph Benatzky (1884-1957) in Berlin.
  • 9. 11.
    Aus den Nationalratswahlen in Österreich gehen die Sozialdemokraten als Sieger hervor. Kommunisten und Nationalsozialisten erhalten kein Mandat.
  • 11. 11.
    In München wird die erste Berufsschule für Mädchen eröffnet. Ausbildungsfach ist Hauswirtschaft.
  • 12. 11.
    In London beginnt eine Konferenz mit indischen Politikern, die für Indien den Status eines Dominion innerhalb des Commonwealth anstreben. Die Kongresspartei Gandhis hat keinen Vertreter gesandt.
  • 16. 11.
    In Polen gewinnt der Regierungsblock von Ministerpräsident Pilsudski bei den Wahlen zur zweiten Kammer die absolute Mehrheit. Der Wahlsieg Pilsudskis ist auch auf die Einschüchterung der Opposition zurückzuführen.
  • 23. 11.
    Nationalitäten-Konflikt in Oberschlesien: Die polnische Regierung verhindert bei den Wahlen zum oberschlesischen Parlament die geheime Abstimmung. Einige deutsche Kandidaten wurden bereits vor der Wahl verhaftet. Polen befürchtet ein Votum der deutschen Wähler für die Angliederung ganz Oberschlesiens an das Deutsche Reich.
  • 26. 11.
    Tod des Geophysikers und Polarforschers Alfred Wegener (1880-1930) während einer Grönlandexpedition.
DEZEMBER
  • 1. 12.
    Reichskanzler Brüning erlässt die Notverordnung zur "Sicherung der Wirtschafts- und Finanzlage", um den Haushalt für 1931 sicherzustellen. Damit umgeht Brüning die parlamentarische Beratung seiner Sanierungspläne.
  • 4. 12.
    In Frankreich tritt die Regierung von Ministerpräsident Tardieu zurück, nachdem der Senat ihr das Vertrauen entzogen hat. Mitgliedern der Regierung wird eine Verwicklung in einen Bankkonkurs vorgeworfen, bei dem Kunden umgerechnet über 150 Millionen Reichsmark verloren.
  • 5. 12.
    Anlässlich der deutschen Erstaufführung des Films "Im Westen nicht Neues" in Berlin stören Nationalsozialisten unter der Führung von Goebbels die Vorstellung.
  • 6. 12.
    Mit den Stimmen der SPD lehnt der Reichstag einen Antrag der KPD zur Aufhebung der Notverordnung vom 1. Dezember ab. Die SPD befürchtet eine erneute Auflösung des Reichstags und ein weiteres Erstarken der radikalen Parteien.
  • 11. 12.
    Auf Antrag der Länder Sachsen, Bayern, Baden und Württemberg verbietet die Reichsfilmprüfstelle den Film "Im Westen nichts Neues".
  • 12. 12.
    Der Spielfilm "Das Goldene Zeitalter" von Luis Buñuel (1900-1983) wird von der französischen Zensur verboten. Der Film kritisiert gesellschaftliche Institutionen wie Familie, Kirche und Militär.
  • 19. 12.
    In der Sowjetunion wird der Politiker Wjatscheslaw M. Molotow zum Vorsitzenden des Rats der Volkskommissare ernannt.
  • In der Preußischen Bibliothek in Berlin werden die ersten Fotokopiergeräte aufgestellt. Bei Eilbestellung dauert eine Kopie dreißig Minuten.
  • 23. 12.
    In Glogau wird ein wegen "Verleumdung der Republik" angeklagter NSDAP-Kreisleiter freigesprochen. Der Vorsitzende des Gerichts bestätigt dessen Behauptung, die Weimarer Republik sei 1918 auf "Meineid und Hochverrat am Soldaten" gegründet worden.
  • 24. 12.
    Der Physiker Manfred von Ardenne führt in Berlin das erste elektronische Fernsehbild vor. Die bisherigen Bilder wurden auf mechanisch-optischem Weg übertragen.
  • 29. 12.
    Die Tarifgespräche im Ruhrbergbau scheitern. Der Zechenverband des Ruhrbergbaus kündigt daraufhin am 1. Januar 1931 den 295.000 Bergarbeitern zum 15. Januar 1931.
AUSSERDEM:
  • Lion Feuchtwanger: Erfolg (Roman)
  • Sigmund Freud: Das Unbehagen in der Kultur (Gesellschaftstheoretische Schrift)
  • José Ortega y Gasset (1883-1955): Die Rebellion der Massen (Kulturphilosphischer Essay)
  • Hermann Hesse: Narziß und Goldmund (Erzählung)
  • Robert Musil: Der Mann ohne Eigenschaften (Roman)
  • Alfred Rosenberg: Der Mythus des 20. Jahrhunderts (Völkische Abhandlung)
  • Joseph Roth (1894-1939): Hiob (Roman)
Dorlis Blume/Manfred Wichmann
15. Mai 2015

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