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Brotkarten und Brotbücher

Am 22. Februar 1915 wurden in Berlin aufgrund der Lebensmittelrationierung die ersten Brotkarten ausgegeben. Alle bezugsberechtigten Bürger der Stadt erhielten ein Heft mit 23 Wochenkarten für den Zeitraum vom 22. Februar bis 1. August 1915. Die Karten enthielten einzelne Abschnitte für 25, 50, 100 oder 250 Gramm, die vom jeweiligen Einzelhändler herausgerissen und einbehalten wurden. Die vom Magistrat der Hauptstadt festgelegte Ration betrug zunächst wöchentlich 2 Kilogramm Brot oder täglich 225 Gramm Mehl. Die Bestimmungen galten ab dem 1. März 1915 reichsweit, wobei die Mehlration schon bald auf 200 Gramm pro Tag gekürzt wurde. In der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg hatte der durchschnittliche Verbrauch pro Kopf der Bevölkerung 380 Gramm betragen.

In zahlreichen Orten wurden anstelle der Karten "Brotbücher" ausgegeben, in denen der Händler per Hand die ausgegebene Menge an Brot und Mehl eintrug. Im Vorsatz der Brotbücher war die Zahl der zum Haushalt gehörenden Personen registriert und von einer staatlichen Behörde beglaubigt. Andere Orte wiederum gaben Brotbücher mit heraustrennbaren Abschnitten aus. Auf Merkblättern wurde die genaue Handhabung der Brotbücher und -karten mit ihren regionalen und örtlichen Besonderheiten beschrieben. Die Händler, Kaufleute und Bäckermeister waren verpflichtet, ein "Brot- und Mehl-Abgabebuch" zu führen. Nur wer die Ausgabe der rationierten Waren detailliert nachweisen konnte, erhielt von der zuständigen Verteilungsstelle Nachschub. Die zugebilligten Brot- und Mehl-Rationen blieben im Verlauf des Kriegs und im ersten Nachkriegsjahr annähernd konstant, die Menge der tatsächlich ausgegebenen Waren unterlag jedoch starken saisonalen und regionalen Schwankungen.

Andreas Michaelis
14. September 2014

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