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Waffenstillstandsverhandlungen

Nach dem alliierten Durchbruch in der Schlacht von Amiens im August 1918 sah die Oberste Heeresleitung (OHL) keine Möglichkeit mehr, den Krieg noch gewinnen zu können. Der sich abzeichnende Zusammenbruch der verbündeten Staaten nahm dabei immer konkretere Formen an: Am 14. September richtete der habsburgische Kaiser Karl I. eine Friedensnote an alle kriegführenden Mächte, kurz darauf nahm Bulgarien mit der Entente Gespäche über einen Waffenstillstand auf, der am 29. September abgeschlossen wurde. 

Angesichts der fortgesetzten alliierten Angriffe an der Westfront drängte Erich Ludendorff nun unverzüglich auf ein deutsches Waffenstillstandsgesuch auf Grundlage des 14-Punkte-Programms von US-Präsident Woodrow Wilson. Als Voraussetzung zur Erleichterung der Verhandlungen forderte Ludendorff eine Parlamentarisierung des Reichs und eine neue Reichsregierung. Am 3. Oktober wurde Prinz Max von Baden zum neuen Reichskanzler ernannt.

Einen Tag später erging über die Schweiz ein deutsches Waffenstillstandsangebot an Wilson. Am 8. Oktober forderte er in seiner Antwortnote zunächst die Räumung der von den Mittelmächten besetzten Gebiete als Vorbedingung für weitere Verhandlungen, wozu sich die deutsche Reichsregierung am 12. Oktober bereit erklärte. In seiner zweiten Note warf Wilson dem Deutschen Reich mehrfachen Bruch des Völkerrechts vor und verlangte das sofortige Ende des uneingeschränkten U-Boot-Kriegs. Mit der Einstellung des U-Boot-Kriegs entsprach die Reichsregierung auch dieser Forderung Wilsons. Dennoch drängte er in seiner dritten Note vom 23. Oktober auf eine durchgreifende Parlamentarisierung und Machtbeschränkung der Fürsten und Militärs im Deutschen Reich. Zudem bestand er auf Waffenstillstandsbedingungen, die eine deutsche Wiederaufnahme der Kampfhandlungen unmöglich machen sollten. Die OHL wollte sich dem widersetzen und den Kampf militärisch weiterführen, konnte sich aber gegen die Reichsregierung nicht durchsetzen. Mit der Entlassung Ludendorffs wurde der Weg frei für die vierte deutsche Note an Wilson mit der Bitte um konkrete Waffenstillstandsbedingungen. Wilsons positive Antwort vom 5. November ermöglichte die Entsendung einer deutschen Delegation, die sechs Tage später den Waffenstillstand von Compiègne unterzeichnete.

Manfred Wichmann
14. September 2014

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