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Widerstand der Nama

In Deutsch-Südwestafrika (heute: Namibia) kam es vor allem aufgrund von wirtschaftlichen Spannungen immer wieder zu Konflikten zwischen einheimischen Völkern und deutschen Siedlern. Die Nama, von Europäern auch abschätzig als "Hottentotten" bezeichnet, erhoben sich erstmals 1893 unter ihrer weitgehend unumstrittenen Führungspersönlichkeit Hendrik Witbooi (um 1830-1905), um den Deutschen weiteren Zugang in das Landesinnere zu verwehren. Von den besser bewaffneten Kolonialtruppen 1894 zum Friedensschluss gezwungen, kooperierte Witbooi anschließend zehn Jahre mit den deutschen Kolonialherren. Die wirtschaftliche Ausbeutung der Afrikaner durch weiße Siedler sowie eine in den 1890er Jahren grassierende Rinderpest verschlechterten die Lebensbedingungen der Einheimischen aber dramatisch. Willkürjustiz der deutschen Verwaltung war zudem an der Tagesordnung.

Die Konflikte eskalierten am 12. Januar 1904 zunächst im Herero-Krieg, der größten Ethnie in der deutschen Kolonie. Der mit der Bekämpfung der Herero beauftragte General Lothar von Trotha brachte mit seiner menschenverachtenden Vorgehensweise und seinen rassistischen Kriegszielen die mit den Deutschen verbündeten Nama zunehmend gegen sich auf. Die Nama hatten zunächst die Bekriegung der mit ihnen verfeindeten Herero durch bewaffnete Kämpfer und logistische Hilfe unterstützt. Der Nama-Widerstand unter der Führung von Witbooi im Oktober 1904 überraschte daher die Deutschen.

Während der Herero-Krieg größtenteils in offenen Schlachten ausgetragen wurde, nahmen die Auseinandersetzungen mit den annähernd 2.000 Nama-Kämpfern den Charakter eines Guerillakriegs an. Nachdem Witbooi am 29. Oktober 1905 gefallen war, übernahmen Jakob Marengo und Simon Copper die Kriegsführung. Zwar verfügten die Deutschen über größere Truppenkontingente, sie mussten diese allerdings auch zum Schutz vieler Siedlungen abstellen. Entscheidende militärische Erfolge blieben aus, die Kämpfe zogen sich in eine zunächst unbestimmbare Länge.

Durch den anhaltenden und mit hohen Kosten verbundenen Kolonialkrieg kam es in Deutschland zu einer politischen Krise, nachdem die deutsche Regierung am 2. August 1906 im Reichstag einen Nachtragshaushalt in Höhe von 29 Millionen Mark für den Krieg in Deutsch-Südwestafrika beantragt hatte. Vor allem das Zentrum und die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) weigerten sich angesichts rücksichtsloser Kriegsführung mit ungezählten Getöteten und Ermordeten unter den geschätzten 20.000 Nama, weiteren Geldern zuzustimmen. Als die Bewilligung zusätzlicher Mittel für den Krieg in Deutsch-Südwestafrika mehrheitlich im Reichstag abgelehnt worden war, löste Reichskanzler Bernhard Fürst von Bülow auf Verordnung des Kaisers das Parlament am 13. Dezember 1906 auf. Der Wahlkampf für die als "Hottentottenwahl" bezeichnete Reichstagswahl am 25. Januar 1907 war durch die Auseinandersetzung über die von Konservativen und Nationalisten vehement geforderte Weiterführung des Kolonialkriegs geprägt.

In Deutsch-Südwestafrika hatten sich die "Schutztruppen" unterdessen auf die Besetzung von Wasserstellen und ununterbrochene Verfolgung der Nama verlegt. Die einige hundert verbliebenen Nama-Kämpfer mussten 1907 aufgeben. Lediglich rund 100 Kämpfer unter der Führung von Simon Copper setzten den Kampf mit gelegentlichen Überfällen noch eine Zeit lang fort.

Uwe Gregorius
2. November 2004

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