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Deutschnationaler Handlungsgehilfen-Verband (DHV)

Der DHV war ein Berufsverband zur Vertretung der sozialen und ökonomischen Interessen von kaufmännischen Angestellten im Kaiserreich und in der Weimarer Republik. Er wurde 1893 in Hamburg unter dem Namen "Deutscher Handlungsgehülfen-Verband" gegründet. Zum 1. Januar 1896 erfolgte dann die programmatische Umbenennung in Deutschnationaler Handlungsgehilfen-Verband.

Als Teil der völkischen Bewegung vertrat der DHV antisozialistische, radikal nationalistische und antisemitische Positionen - Juden durften nicht Mitglied werden. Auch Frauen war die Mitgliedschaft verwehrt; erklärtes Ziel des DHV war die Beschränkung von Frauenarbeit.

Lange wurde dem DHV - vor allem von Seiten der Freien Gewerkschaften - abgesprochen, eine Gewerkschaft zu sein, da er eine große Zahl von Arbeitnehmern aus rassistischen Gründen oder wegen ihres Geschlechtes von der Mitgliedschaft ausschloss, als unterstützende Mitglieder hingegen aber Selbstständige und Firmen aufnahm. Eine umfassende und unabhängige Vertretung von Arbeitnehmerinteressen sei hierdurch nicht möglich. Für seine ordentlichen Mitglieder übernahm der DHV jedoch durchaus gewerkschaftliche Aufgaben: Er forderte Arbeitszeitverkürzungen, Mindestlöhne, Arbeitsschutz, Verlängerung von Kündigungsfristen, gesetzlichen Ladenschluss und Sonntagsruhe. Er vermittelte Stellen, gewährte Rechtsschutz sowie Altersfürsorge und richtete Kranken-, Begräbnis- und Darlehenskassen ein. Der DHV bot seinen Mitgliedern zudem berufspraktische Bildungsangebote. In Folge des Stinnes-Legien-Abkommens 1918 erhielt der DHV als eine Gewerkschaft das Recht, Tarifverträge abzuschließen, und führte seitdem zur Durchsetzung von Arbeitnehmerinteressen auch Arbeitskämpfe.

Attraktiv durch seine Leistungen wuchs der DHV in den Jahren der Weimarer Republik zur größten Angestelltengewerkschaft an und zählte im Jahr 1930 über 400.000 Mitglieder. Er war damit eine bestimmende Kraft im christlichen Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB), den er 1919 mitgegründet hatte. Der DHV versuchte als ein großer Verband des antidemokratischen und republikfeindlichen ideologischen Lagers in der Weimarer Republik, vornehmlich über rechtskonservative und nationalistische Parteien auch politischen Einfluss zu gewinnen.

Nach der Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler 1933 wurde der DHV in die Deutsche Arbeitsfront (DAF) integriert. Am 20. Februar 1934 erfolgte dann im Zuge der Umorganisation der DAF die Auflösung des DHV.

Yves Clairmont / Arnulf Scriba
29. August 2016

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