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Das Theater der Jahrhundertwende

Nachdem der Naturalismus in bildender Kunst und Literatur seine dominierende Stellung verloren hatte, wurden kurz nach der Jahrhundertwende auch in der darstellenden Kunst die Bemühungen um grundlegende Reformen verstärkt. In Ablehnung des allzu realistisch-materialistischen, oftmals abstoßenden Milieuschilderungen versuchte man im Gefolge des seit 1896 in Mode kommenden Jugendstils nunmehr die Aufmerksamkeit der Zuschauer auf die Welt des Schönen und Mystischen, aber auch Unterbewußten und Irrationalen zu richten.

 

Die moderne Dramatik ist untrennbar verbunden mit dem Namen Max Reinhardt. Nach dem Wechsel von Otto Brahm (1856-1912) zum Lessing-Theater, übernahm Reinhardt 1905 die Führung des Deutschen Theaters in Berlin. Nach Jahren der Darstellung des Niedrigen, Hässlichen und Triebhaften in der Gesellschaft entwickelte Reinhardt ein Theater der Illusionen, das mit opulenten Inszenierungen, wobei er Bühnentechniken wie Drehbühne und Rundhorizont bewusst als Gestaltungsmittel einsetzte, vom Elend des täglichen Lebens ablenken sollte. Gegen die wirklichkeitsgetreue Sprechweise und die schlichte Bühnenbildgestaltung des naturalistischen Theaters setzte Reinhard auf Experiementierfreudigkeit, Phantasie und Mut zum Neuen. Neben der Inszenierung von Shakespeares "Sommernachtstraum" als vielumjubelten Einstand bringt er in den folgenden Jahren unter anderem Werke von Henrik Ibsen (1828-1906), Hugo von Hofmannsthal und dem als unsittlich verrufenen Frank Wedekind auf die Bühne.

Neben den aufsehenerregenden modernen Werken stehen die bekannten deutschen und griechischen Klassiker sowie Lustspiele und harmlose Amüsierstücke auf den Programmen der Bühnen im Deutschen Kaiserreich.

Lutz Walther
3.12.2015

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