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Das Stinnes-Legien-Abkommen

Die Novemberrevolution veranlasste führende deutsche Unternehmer, den Gewerkschaften zur Abwehr von Sozialisierungsmaßnahmen weitreichende Zugeständnisse zu machen. Mit dem am 15. November 1918 unterzeichneten Stinnes-Legien-Abkommen, benannt nach den beiden Verhandlungsführern Hugo Stinnes und Carl Legien, wurden alte gewerkschaftliche Forderungen verwirklicht. Die Unternehmer erkannten die Gewerkschaften als berufene Vertretung der Arbeiterschaft und als gleichberechtigte Tarifpartner an. Der Bildung von Arbeiterausschüssen in Betrieben mit mehr als 50 Beschäftigten wurde ebenso zugestimmt wie der Einführung des Achtstundentages bei vollem Lohnausgleich.

Sämtliche aus dem Heeresdienst zurückkehrende Arbeitnehmer hatten Anspruch auf ihren früheren Arbeitsplatz. Zudem verpflichteten sich die Arbeitgeber, die von ihnen als Konkurrenz zu den Gewerkschaften geförderten unternehmerfreundlichen "Werkvereine" nicht länger zu unterstützen.

Als Gegenleistung erkannten die Gewerkschaften, die während des Ersten Weltkriegs zur größten Massenorganisation in Deutschland herangewachsen waren, die freie Unternehmerwirtschaft an. Der von der politischen Linken wie dem Spartakusbund geforderten Vergesellschaftung der Produktionsmittel nach sowjetischem Vorbild wurde damit eine Absage erteilt. Den organisatorischen Rahmen zukünftiger Kooperation sollte die aus Unternehmern und Gewerkschaftsvertretern paritätisch besetzte Zentralarbeitsgemeinschaft (ZAG) bilden. Diese stellte für die Unternehmerverbände jedoch von Anfang an weniger eine Allianz als ein Zweckbündnis dar. Nach Auseinandersetzungen um die Höhe der Arbeitszeit brach die ZAG 1924 auseinander.

Arnulf Scriba
10. Mai 2011

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